Bierstädte der Welt
Bierszene Kopenhagen

Dänemark – ein Alptraum für Biertrinker hieß es noch vor 20 Jahren. Herrliche weiße Strände lockten, der Wind in den Dünen, die nordische Sonne, aber bevor die Reise in den Sommerurlaub begann, musste palettenweise Dosenbier gekauft und im Wohnwagen deponiert werden. Denn: Nördlich der Grenze gebe es nur noch Carlsberg und Tuborg, hieß es, und das auch noch zu unverschämt hohen Preisen. Das könne man noch nicht einmal dafür nehmen, den fettigen Nachgeschmack der allgegenwärtigen Røde Pølser, den rot gefärbten Hotdog-Würstchen wegzuspülen.

Und heute? Carlsberg und Tuborg gibt es immer noch, Røde Pølser auch, aber wer durch Kopenhagen läuft, findet daneben mittlerweile eine Feinschmeckerszene, die ihresgleichen sucht. Am bekanntesten sind vermutlich das angeblich weltbeste Restaurant Noma und die provokativ exotischen Biere von Mikkeller, aber beide sind nur die weithin sichtbaren Leuchttürme, die wahren Genießer kennen noch viel mehr Adressen für gutes Essen und – vor allem –spannende Biere.

Fangen wir doch einfach mal bei Carlsberg an. Wie bitte? Bei Carlsberg? Dem Braukonzern? Ja, genau dort. Das Tor zur Brauerei zieren zwei Elefanten mit einem Hakenkreuz auf der Seite – was nichts mit Nationalsozialismus zu tun hat, sondern mit indischer Kultur, in der die Svastika als Symbol des Gottes Ganeesha für den Sonnenaufgang, den Tag, das Heil und das Leben steht. Neben Konzernbier und Hakenkreuzen gibt es hier aber auch die zu Carlsberg gehörende Husbryggeriet Jacobsen, und dort zeigen die beim Konzern angestellten Brauer, dass sie mehr können, als nur leichtes Industriebier. Schön stilechte und sauber komponierte Biere entstehen hier, und im Rahmen einer Brauereibesichtigung kann man sie verkosten und gerne auch in Flaschen mitnehmen.

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Husbryggeriet Jacobsen

Für eine echte Bierszene ist das natürlich nicht genug, insbesondere, wenn man bedenkt, dass Husbryggeriet zwar Hausbrauerei heißt, die auf Hochglanz polierten Kupferkessel jedoch groß genug sind, so manche Regionalbrauerei in den Schatten zu stellen.

Kleinere Sudkessel und exotischere Biere finden sich im ehemaligen Schlachthofviertel westlich des Hauptbahnhofs. Der dänische Wanderbrauer Mikkel Borg Bjergsø, der Mann hinter Mikkeller, hat zusammen mit den US-Brauern von Three Floyds aus Indiana das Warpigs Brewpub in eine alte Halle gestellt. Rustikale Atmosphäre, kerniger Hardrock, ausgezeichnetes, aber bestimmt ungesundes Essen und eine ganz breite Palette experimenteller Biere warten hier auf den Gast. Nur zahlungskräftig muss er sein, denn dass die dänischen Biere teuer sind, ist leider kein Vorurteil. Und Craftbiere sind es ganz besonders.

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Warpigs

Soll es weniger rustikal, aber genauso schmackhaft zugehen, dann empfiehlt sich ein Spaziergang Richtung Norden, nach etwa zehn Minuten erreicht man ØL & BRØD, ein sehr schlicht, aber elegant eingerichtetes kleines Restaurant mit einer fantastischen skandinavischen Küche, die wunderbar mit Mikkellers Craftbieren gepaart wird. Aber Obacht: Die Gaststube ist winzig, die Öffnungszeiten kurz, es empfiehlt sich, zu reservieren.

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ØL & BRØD

Findet man hier, weil man vergessen hat, zu reservieren, keinen Platz, so braucht man zumindest nicht zu verdursten, denn direkt nebenan ist die Kellerbar Mikkeller Bar Viktoriagade, das Mekka der Craftbier-Fans, und genau gegenüber die dia’lεgd Ølbar, des Abends rappelvoll mit jungen Leuten, die die unkomplizierte Atmosphäre und die Auswahl an – vorwiegend – Flaschenbieren schätzen. Wer in diesem Bermudadreieck in der Viktoriagade kein Bier nach seinem Geschmack findet, für den muss dieses wohl erst noch extra kreiert werden.

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dia’lεgd Ølbar

Aber nicht die ganze Bierszene Kopenhagens ist fest in Mikkellers Hand. Rund fünfzehn Minuten zu Fuß in Richtung Norden, und wir finden mit dem Nørrebro Bryghus eine schon seit fünfzehn Jahren etablierte Brauerei, die eigentlich die ganze Bandbreite moderner Craftbier-Stile abdeckt und dann dazu nicht nur Burger und Pulled Pork serviert, sondern in bester dänischer Tradition Smørrebrød. Wobei Brød dabei ganz klein geschrieben wird. Winzig sind die Schwarzbrotscheiben, die dem Gericht den Namen geben, und der „Aufstrich“ besteht aus Wurst, Käse, Salaten, Fisch, Gemüse. Zum Probierbrett mit vier verschiedenen kleinen Bieren kann man ein Probierbrett mit drei verschiedenen Smørrebrøds bestellen. Macht zwölf verschiedene Kombinationen auf einmal – ein Paradies für die Unentschlossenen.

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Nørrebro Bryghus

Etwas weiter westlich ein Ausschank mit Brauerei namens BRUS. Was immer das heißt. Eine Verballhornung von Brews? Eine Abkürzung? Beer rating under stress? Nein, es steht für das dänische Wort Brausen oder Rauschen. Und genau so geht es hier auch zu. Die riesige Halle ist so voll, dass es rauscht und braust. Die Bierauswahl ist gewaltig, die Essensportionen sind es ebenfalls, und die Namen der Biere, neben den eigenen auch zahlreiche Gastbiere, kompliziert. Ein Imperial Mexican Biscotti Cake Break Imperial Stout gefällig? Oder doch lieber ein No Sky in the Clouds Berliner with Cloudberries? Man sollte meinen, hier sei die Szene unter sich, doch weit gefehlt: Die Kopenhagener lieben es, zu experimentieren und sich auf Neues einzulassen, und so finden sich Studenten, ganze Familien, ältere Herrschaften, alle gleichermaßen begeistert.

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BRUS

Wer es lieber etwas ruhiger mag, geht in die Ølbaren oder die Ørsted Ølbar, eher klassische Kneipen, aber mit einem Bierangebot, das den Unkundigen fast erschlägt. Viele Dutzende Flaschenbiere, lokale, nationale, globale – alles ist vertreten, man muss nur lange genug durch die Bierkarten oder die Kühlschränke stöbern. Aber die dänischen Barmänner und -frauen sind freundlich, offen und hilfsbereit. Mit ein paar gezielten Fragen leiten sie den Gast durch das Angebot und finden für jeden ein Bier, das ihm schmeckt.

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Ølbaren

Und was macht nun der etwas altmodische Bierliebhaber, der der Craftbierszene nun so gar nichts abgewinnen kann? Auch für ihn ist in Kopenhagen gesorgt. Mit der klassischen Gasthausbrauerei Apollo, beispielsweise, die seit 1999 direkt am Eingang zum Tivoli braut und ausschenkt. Oder, allerdings hinter der Bezahlschranke mitten im Tivoli, das alte, klassische Pub mit eigenem Bier, das Færgekroen Bryghus. Seit seiner Gründung 1934 hat sich hier nicht allzu viel geändert. Rustikale Gemütlichkeit, deftige Küche.

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Færgekroen Bryghus

Läuft man mit offenen Augen durch die Stadt, so findet man an jeder Straßenecke die Gelegenheit, leckere Biere zu trinken. Jeder noch so kleine Hotdog- oder Dönerladen hat ein Dutzend verschiedene (Flaschen-)Biere im Angebot, und oft findet man darunter ganz seltene Sude kleinster Brauereien. Die Biervielfalt hat Kopenhagen durchdrungen. Bis in den letzten Winkel.


Interessante Adressen in Kopenhagen:

Bryggeriet Apollo, Vesterbrogade 3
dia’lεgd Ølbar, Viktoriagade 1
Færgekroen Bryghus, Vesterbrogade 3 (Tivoli)
Fermentoren Beer Bar, Halmtorvet 29C
Husbryggeriet Jacobsen, Gamle Carlsberg Vej 11
Mikkeller Bar, Viktoriagade No. 8 B-C
Nørrebro Bryghus, Ryesgade 3
ØL & BRØD, Viktoriagade 6
Ølbaren, Elmegade 2
Ørsted Ølbar, Nørre Farimagsgade 13
Tapperiet BRUS, Guldbergsgade 29
Warpigs Brewpub, Flæsketorvet 25


 

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