Das war mal wieder so ein richtig wunderbarer Brauerei-Besuch, am 16. November 2007. Durchgefroren, nass, hungrig und durstig fielen wir im Spezial in Bamberg ein – müde noch von der BrauBeviale. Und dann ein so uriges Brauhaus. Rappelvoll war es – mit viel Mühe konnten wir uns an einen eigentlich schon überfüllten Tisch mit ran quetschen. Endlich begann der Genuss:
Das herrliche Lager – mit leichter Rauchnote, schwach gespundet, ungemein süffig. Wunderbar! Ein Bier zum Hineinspringen und ganz langsam drin ertrinken! Dann der Bock – vor wenigen Tagen erst frisch angezapft. Kräftig, malzig, aromatisch, aber nur mit einer ganz schwachen Rauchnote. Und schließlich das Ungespundet. Tja, leider die falsche Reihenfolge. Nach den beiden mächtigen Bieren vorher wirkte es leider blass und flach. Muss ich unbedingt noch einmal probieren, wenn ich wieder hier bin. Dann aber als erstes, vor den starken Geschwistern.
Das Essen: Natürlich die gekochten Schweinsknöchla, als Spezialität des Hauses. Lecker mit Kraut und Erbsenpüree, eine hervorragende Grundlage für weitere Biere…
Insgesamt ein rundes, ein schönes, ein wunderbar gemütliches Erlebnis in diesem urigen, rumsvollen, kleinen Brauereiausschank. Bamberg halt. Für diese Stimmung ist die Stadt weltberühmt.
Und dass es so voll war, dass ich im Innern nicht in der Lage war, meinen Fotoapparat aus dem Rucksack zu fischen, hat die Stimmung natürlich nicht beeinträchtigt, ganz im Gegenteil. Wohl litt aber die umfassende Dokumentation.
Nachtrag 29. Dezember 2011: Erneut quetschten wir uns in die wieder völlig überfüllte Gaststube. Das Weizen und – natürlich! – der Bock schmeckten wieder ausgezeichnet, und wir gaben uns völlig dem Genuss hin.
So sehr, dass erneut (fast) keine fotografische Dokumentation des Innern stattfand…
Nachtrag 4. Dezember 2019: Acht Jahre ist es her, dass wir das letzte Mal hier eingekehrt sind. Und doch scheint es beim Öffnen der Tür alles vertraut, insbesondere das ungeheure Gedränge. Jetzt haben wir gedacht, wir gehen einfach mal am Nachmittag hierher, kurz nach dem Mittagsschlaf, in der ruhigen Zeit zwischen Nachmittagskaffee und Abendessen, da dürfte doch bestimmt nicht viel los sein. Irgendwann müssen die Bamberger doch mal eine Pause vom Schäuferla-Essen und Rauchbiertrinken machen.
Aber weit gefehlt. Alles scheint bis auf den letzten Platz besetzt. Die Luft ist trotz Rauchverbot zum Schneiden dick; die Menschen sitzen dicht an dicht; es herrscht ein ohrenbetäubender, aber fröhlicher Lärm. „Ich bring‘ Euch schon noch unter, Ihr seid ja nur zu zweit“, ruft uns die Kellnerin ins Ohr, bringt eben schnell ein paar riesige Teller an irgendeinen Tisch und zieht uns dann nach hinten, in die hintere Gaststube. „Rückt‘s mal ein Stück, dann gehen hier noch zwei hin“, kommandiert sie, nicht unfreundlich, aber keine Widerrede duldend die schon dort Sitzenden, und wie aus dem Nichts erscheinen zwei freie Stühle.
Rucksäcke und Mäntel müssen wir irgendwie unter den Tisch und die Stühle quetschen, aber nach ein wenig Ruckeln und Schubsen und Entschuldigen und wieder Schieben und Drängen sitzen wir dann doch am Tisch. Freundlich schauen uns unsere Tischnachbarn an: „Da habt Ihr aber Glück gehabt!“
Ich bestelle mir erstmal ein Ungespundetes, ein naturtrübes, fast drucklos vergorenes Helles. Mit erstaunlich viel Schaum wird es mir serviert – da hat jemand wohl recht schwungvoll gezapft. Aber um so rascher läuft es über die Zunge. Weich, mild, würzig, und noch bevor ich groß hinterherschmecken kann, ist der Krug schon leer. Herrlich. Genau das richtige nach dem Nachmittagsspaziergang.
Meine holde Ehefrau entschließt sich, ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit, nicht nachmittags schon Bier zu trinken, zu einem Bockbier, und ich mache große Augen. Aber sie hat natürlich recht. Zu einem deftigen Schäuferla und Kloß mit Soß‘ passt der Bock einfach nur perfekt. Dunkelbraun, fast schwarz, wenig Schaum, malzig, weich, rund, vollmundig – er könnte die Bratensoße zu den Schäuferla fast ersetzen.
Aber nur fast…
Während ich nach meinem raschen ersten Zug noch ein weiteres Bier bestellen muss, nuckelt sich meine Frau zufrieden durch den Nachmittag. Schon nahrhaft, so ein Bock!
Was wäre aber ein Besuch im Spezial ohne ein klassisches Lager, oder Laacher, wie die Menschen es hier bestellen. Bernsteinfarben, mit 4,9% Alkohol nicht zu stark, dafür aber sehr, sehr würzig und mit einem feinen, dezenten Raucharoma. In Bamberg bilden sich bezüglich der Rauchbiere ja schnell zwei Lager. Also Lager jetzt im Sinne von Menschengruppen, nicht von Lagerbieren. Die einen goutieren den kräftigen, intensiven Rauchgeschmack des Schlenkerla und schauen geringschätzig auf das dezent geräucherte Bier vom Spezial, die anderen empfinden die Schlenkerla-Biere wie einen Hammerschlag auf die Zunge und behaupten, dass man dort außer Rauch nichts anderes mehr schmecke.
Mir gefallen beide Ausprägungen, je nach Tagesform, und ich bin hier und heute mit meinem Spezial Lager hochzufrieden. Süffig und rund, es passt alles. So nutze ich denn pfiffig die Gelegenheit, als meine Frau einmal um die Ecke verschwindet, mir rasch noch ein zweites zu bestellen…
Spezial. Ein Brauereigasthof, in dem sich eigentlich nichts ändert. Alles bleibt beim Guten. Die Atmosphäre, die Bedienungen, das Essen, das Bier.
Brauerei Spezial Christian Merz
Obere Königstraße 10
96 052 Bamberg
Bayern
Deutschland
Was mich beim Spezial inzwischen stört sind die Holzfaßatrappen wie gegenüber beim Fäßla sowie das völlig überspundete Bier. Der Rauchgeschmack hat zumindest für meinen Geschmack eine Chemienote, die eher an ein abgebranntes Kinderzimmer von Ikea erinnert als an ein romantisches Holzfeuer. Schade.
Naja, Gernot, zwischen überspundet und völlig überspundet liegen Welten. Ich bin mit an Superlative erinnernden Wertungen gerne zurückhaltend. Immerhin lässt sich das Bier problemlos zapfen und trinken – das habe ich anderswo auch schon schlimmer erlebt, wenn das Glas erstmal nur mit Schaum gefüllt wird. Aber, wie ich ja auch geschrieben habe, zumindest das „U“ ist gar nicht so ungespundet, wie seine Bezeichnung suggeriert.
Über den Rauchgeschmack lässt sich streiten. Das Eiche vom Schlenkerla, das „normale“, mit Buchenholz geräucherte vom Schlenkerla, das Spezial, das Räucherla, und, und, und… Jedes dieser Biere hat seinen ganz eigenen Charakter, und insbesondere beim phenolischen Rauchgeschmack spielen persönliche Assoziationen bei der Sensorik eine sehr, sehr große Rolle – das habe ich auch schon in Verkostergruppen erlebt, die alle nicht nur das gleiche Bier, sondern dieselbe Flasche verkostet haben und dies durchaus unterschiedlich empfunden haben.
Mit bestem Gruß,
VQ