Fast fühle ich mich wie ein Einbrecher oder Spion, als ich am 13. Dezember 2015 durch den dunklen Techno-Park hinter dem Bruchsaler Bahnhof streife. Weit und breit keine Menschenseele zu sehen, alles ist dunkel.
Vor gerade mal zwei Wochen, am 28. November 2015, hat hier in Bruchsal eine kleine Handwerksbrauerei ihre Eröffnungsfeier gehabt. Vier Freunde, zwei Brauer und zwei Nicht-Brauer, haben sich als BrewMaltster zusammengetan und die BrewMaltster Braxar GmbH gegründet, eine Handwerksbrauerei ohne eigene Restauration. Keine klassische Gasthausbrauerei also, sondern fokussiert auf den Verkauf in fremder Gastronomie oder „über die Rampe“.
Und an eben dieser „Rampe“ stehe ich nun – weit außerhalb jeglicher Öffnungszeiten. Aus „nicht-bierigen“ Gründen in Bruchsal, an einem Sonntagabend, mit nur wenig Zeit. Was habe ich mir erhofft? Eigentlich gar nichts. Ein Firmenschild, vielleicht ein paar Leuchtreklamen im ansonsten dunklen Industriegebiet. Wegen mir wird sich niemand extra am Sonntagabend bemühen, die Festbeleuchtung einzuschalten und ein Willkommenskonzert zu veranstalten.
Und meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Das Firmenschild zu dunkel zum Fotografieren; darunter die Glastür, die ins Innere der Brauerei führt, ist hell erleuchtet. Aufkleber und Sichtblenden versperren den Blick ins Innere, nur durch einen schmalen Spalt kann man das kleine Kupfersudwerk sehen. Das Licht im Innern brennt, aber trotz Klopfens und Rufens rührt sich nix. Wäre auch zu schön gewesen, hier um diese Zeit zufällig jemanden anzutreffen. Ein kleines Doku-Foto durch den schmalen Spalt, und dann trolle ich mich wieder für heute – in der Hoffnung, bei meinem nächsten Besuch in Bruchsal vielleicht die Möglichkeit zu finden, während der Öffnungszeiten hier aufzukreuzen. Oder das Bier wenigstens einmal irgendwo in der Region probieren zu können.
einmal durch den Türspalt fotografiert
Hermann Kretschmer (Brauer), Rudi Rindfleisch (Brauer), Frank Gramlich (Nicht-Brauer) und Franz Lotspeich (Nicht-Brauer) haben als BrewMaltster die Braxar GmbH 2015 gegründet. An den Start gingen sie Ende November 2015 mit sechs Bieren: Black Soul Double Stout, Globetrotter Imperial IPA, Old Story Amber Ale, Independence Pale Ale, White Beard Weizen und Brusl Bräu. Zusätzlich wird in der Vorweihnachtszeit ein St. Rudolf Christmas Ale angeboten. Neben klassischer Bierproduktion werden auch Brauseminare veranstaltet (als Braukränzchen auch ausschließlich für Frauen), und wer möchte, kann sich hier auch sein eigenes Bier brauen (lassen).
Nachtrag 27. Oktober 2017: Fast zwei Jahre sind vergangen, nun habe ich es endlich geschafft und stehe einmal während der Öffnungszeiten vor der kleinen Brauerei. Ein paar Flaschen Bier möchte ich kaufen und, wenn es geht, auch einen Blick in das Sudhaus werfen.
Zunächst aber heißt es warten. In der Brauerei herrscht gerade eine gewaltige Unruhe. Flaschen werden gespült, Bier wird abgefüllt, und gleichzeitig laufen die Vorbereitungen für die Einrichtung eines Verkostungsraums, der in den nächsten Wochen hier eröffnet werden soll. Kaum dass einer der beiden anwesenden Brauer für mich Zeit hat, um mir Bier zu verkaufen.
Irgendwann kommt Hermann Kretschmer dann aber doch an den kleinen Verkaufstresen, schiebt Kartons, Kisten und Stühle beiseite und findet die Zeit, ein paar Flaschen Bier aus dem Kühlschrank bereitzustellen und abzurechnen. Ich traue mich fast nicht, zu fragen, ob ich denn mal einen genaueren Blick ins Sudhaus werfen dürfe, aber er zuckt nur mit den Achseln. Darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an, scheint sein Gesicht auszudrücken. Einen kurzen Moment nimmt er sich nur Zeit, um mir die kleine Anlage zu zeigen.
das Sudwerk – linke Hälfte
Drei Hektoliter könne man auf einmal einbrauen, erzählt er. Prinzipiell sei das ja in Ordnung, aber die Lagertanks hätten eine Größe von 12 hl, und so bedeute dies, dass man immer drei oder vier Sude hintereinander brauen müsse, um einen Tank zu füllen. Zum Glück sei es ein Fünf-Geräte-Sudwerk, und so könne man hier überlappend brauen. Damit wäre der Brautag zwar immer noch so rund dreizehn Stunden lang, aber das wäre gerade noch zu schaffen.
Dreizehn Stunden lange Brautage? Ich denke mir meinen Teil. Wirtschaftlich effizient ist das vermutlich nicht, und es ist wohl nur der Motivation und Begeisterung der Brauer zu verdanken, dass der Laden läuft.
das Sudwerk – rechte Hälfte
Um mich herum wird fleißig gewirtschaftet, und ich merke rasch, dass ich im Weg stehe, egal, wo ich mich hinstelle. Insofern beschränke ich mich auf zwei, drei Bilder und sehe rasch zu, dass ich mich wieder auf die andere Seite des Tresens begebe, draußen, in den Bereich, wo das Bier verkauft wird. Sechs verschiedene Flaschen erstehe ich hier – fast ausnahmslos kräftige, alkoholstarke Biere mit bunten, wuseligen Etiketten. Die ersten werden wohl gleich im Hotel auf der Bettkante geleert werden, denke ich mir, als ich sie im Rucksack verstaue.
„Wann soll den der Verkostungsraum eröffnet werden?“, will ich zum Abschluss noch wissen, bevor ich mich auf den Rückweg in die Innenstadt mache. „Wenn wir es schaffen, dann am 11. November“, heißt es, „also in rund zwei Wochen. Aber das wird knapp!“
Die Brauerei BrewMaltster Braxar GmbH verkauft ihre Biere direkt am Ort der Herstellung donnerstags von 17:00 bis 20:00 Uhr, freitags von 15:00 bis 20:00 Uhr und sonnabends von 10:00 bis 16:00 Uhr. Sie befindet sich im Technopark im Gebäude 5110, also nördlich der Werner von Siemens Straße, fünf Minuten zu Fuß vom Bahnhof Bruchsal entfernt.
Nachtrag 9. April 2021: Leider hat Patrick mit seinem Kommentar unten recht. Seit und eineinhalb Jahren gibt es diese kleine Bruchsaler Brauerei nicht mehr. Sie hat es leider nie geschafft, sich einen richtigen Namen zu machen, und auch ihr Verschwinden fand in den Medien kein großes Echo. Schade.
BrewMaltster – Braxar GmbH
Werner-von-Siemens-Str.2-6
Gebäude 5110 EG
76 646 Bruchsal
Baden Württemberg
Deutschland
Mittlerweile ist die Brauerei Geschichte. Wurde vor ca. eineinhalb Jahren dauerhaft geschlossen.
Danke für diese Info, Patrick. Ich werde gleich einen entsprechenden Vermerk an den Blog-Beitrag anhängen.
Mit bestem Gruß,
VQ