1. Sonthofer Bierseminar
Sonthofen
DEU

„Verkostung mit allen fünf Sinnen!“

Am 9. März 2020 fand im ehemaligen Offizierscasino in Sonthofen das 1. Sonthofer Bierseminar statt. 25 Gäste konnten sich in der Betreuungsgesellschaft Sonthofen e.V. in drei Stunden unter der Überschrift „Verkostung mit allen fünf Sinnen!“ ihrem Lieblingsgetränk, das sie doch alle zu kennen glaubten, einmal auf ganz andere Art und Weise nähern.

„Beer goes Champagne“

Schon der Auftakt zu diesem Bierseminar war ungewöhnlich, wurde doch jeder Teilnehmer am Eingang zum Seminarraum mit einem Glas eiskalten Sekts empfangen. Verwundert, zum Teil nachdenklich blickte man auf das Glas, nippte vorsichtig daran, und als die Teilnehmer nach einer kurzen Begrüßung aufgeklärt wurden, was sie denn da in ihren Gläsern hatten, war die Überraschung groß: Was viele für einen Sekt gehalten hatten, war in Wirklichkeit … ein Bier!

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„Beer goes Champagne“

DeuS Brut des Flandres nennt sich diese besondere Bierspezialität, gebraut in der kleinen Brouwerij Bosteels im belgischen Buggenhout, einer kleinen Gemeinde im Dreieck zwischen Brüssel, Antwerpen und Gent. Sie war eine Familienbrauerei. 1791 gegründet braute sie seit über 200 Jahren und mittlerweile in der siebten Generation, bis sie 2016 vom weltgrößten Bierkonzern ABInBev übernommen wurde. Sie ist berühmt für drei besondere Biere, das DeuS, das Tripel Karmeliet, das als bestes Tripel Belgiens gilt (und mit Hafer gebraut wird), und das Kwak, das für sein auffälliges Glas bekannt ist.

Die Bierwürze wird in Buggenhout hergestellt, wo auch die Hauptgärung und Lagerung erfolgt. Dann wird das Bier in Tankwagen nach Frankreich gefahren und – genau wie Champagner – in kühlen Kellern in großen Flaschen 12 Monate lang gereift. Dabei wird in die Flasche vergärbarer Zucker eingebracht und etwas Champagnerhefe, dann wird die Flasche in regelmäßigen Abständen gedreht, gerüttelt und immer steiler über Kopf gestellt, so dass die Hefe sich von den Seiten der Flasche löst und in Richtung Hals wandert. Schließlich wird degorgiert (der Hefepfropf im Hals nach Einfrieren entfernt) und mit Dosage aufgefüllt (die erneut etwas gärt). Dieser aufwändige Vorgang erzeugt ein sehr trockenes Bier, das tatsächlich an Champagner erinnert. Es weist einen feinen, hefigen Duft auf, dann folgt ein spritziger, sehr balancierter Antrunk und schließlich ein herber, knochentrockener Abgang. Auch mit seinem Alkoholgehalt von 11,5% spielt dieses Bier in der Champagner-Liga.

„Thema: Hopfen (Humulus lupulus)“

Nach ein paar Erläuterungen zum Brauvorgang und den wichtigsten vier Zutaten für die Herstellung von Bier ging es zum zweiten Bier, dem Simco 3 aus dem Brauhaus Riegele. Diese Brauerei gilt scherzhaft als schönste Bahnhofskneipe Deutschlands. Vom Bahnsteig 1 des Augsburger Bahnhofs aus geht man über eine kleine Brücke direkt in den Biergarten des Brauhauses oder – im Winter – durch den Hintereingang in den Schankraum, wo es eine ausgezeichnete Küche, spannende Bier-Speise-Kombinationen und eine gemütliche Atmosphäre hat. Das Motto „… schönes Leben hier!“ spricht für sich. Sebastian Priller-Riegele, der Chef der Brauerei, war von 2011 bis 2013 Bier-Sommelier-Weltmeister, hatte also 2011 die alle zwei Jahre stattfindende Weltmeisterschaft der Bier-Sommeliers gewonnen, und ihm ist es zu verdanken, dass die Brauerei eine Reihe von ganz vorzüglichen Bieren im Angebot hat, die über die in Deutschland bekannten und beliebten Standard-Bierstile hinausgehen. Es gilt also, offen zu sein für Neues, für Biere jenseits von Hell, Dunkel, Weizen, dem langweiligen Brauerei-Triplett der Brauereiwelt Deutschland, der einfältigen Dreifaltigkeit …

Beim Simco 3 mit 5,0% Alkohol handelt es sich um ein India Pale Ale oder kurz IPA. India Pale Ales wurden erstmals Ende des 18. Jahrhunderts in England gebraut, um Bier für die lange Überfahrt per Schiff von England in die britische Kolonie Indien haltbar zu machen. Dafür wurden die Biere mit mehr Hopfen eingebraut als üblich. An diese Tradition der India Pale Ale Biere schließt sich das Riegele Simco 3 an.

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„Thema: Hopfen (Humulus lupulus)“

Die „3“ im Namen bekommt das Bier durch die drei Hopfensorten, die das Bier vom Geschmack her prägen. Zum Einsatz kommen zwei deutsche Hopfensorten, Hallertauer Perle und Hallertauer Opal, sowie die amerikanische Sorte Simcoe. Diese wird erst nach dem Brauprozess beim sogenannten Hopfenstopfen oder Kalthopfen beigegeben. Zu diesem Zeitpunkt hat das Bier etwa 0°C, und im Lagertank lösen sich die Aromastoffe aus dem Hopfen und gehen ins Bier über, während die Bitterstoffe zurückbleiben. Anschließend bekommt das Riegele Simco 3 noch genug Zeit, um im Reifekeller der Brauerei zu reifen.

Das Bier ist bernsteinfarbig und hat eine ausgeprägte, lange haltbare Schaumkrone. In der Nase dominieren Aprikosen- und Mangoaromen, die aus dem Hopfen und zum Teil von der Hefe stammen. Man spürt die Fruchtnoten auch im Mund, und retronasal, also beim langsamen Ausatmen durch die Nase, kommen ein paar blumige Noten wie etwa Holunder hinzu. Nach dem Schluck spürt man noch eine feine, sehr weiche und nicht lange anhaltende Hopfenbittere.

Die Komplexität dieses Bieres überraschte die Seminarteilnehmer, und so war es gut, dass das nächste Bier eher vertraute Geschmäcker als Ankerpunkt nutzte.

„Thema: Malz (vermälztes Getreide)“

Was ist eigentlich Malz? Nur wenige Seminarteilnehmer wussten, dass es sich hierbei um angekeimtes und wieder getrocknetes Getreide handelt, in dessen Körnern durch diesen Prozess Enzyme aktiviert worden sind, die später, während des eigentlichen Brauprozesses die im Getreide enthaltene Stärke in Zucker umwandeln.

Malz ist der prägende Bestandteil beim „Wiener Lager“, einem etwas ungewöhnlichen Bierstil, der jahrzehntelang fast in Vergessenheit geraten war. Anfang des 19. Jahrhunderts brauten fast alle Brauereien sehr dunkle Lagerbiere, und erst 1842 mit dem Pilsner Urquell in Pilsen und ein Jahr vorher mit dem kupferfarbenen Schwechater Lager, dem ersten Wiener Lager, aus der Brauerei Schwechat änderte sich das. Wiener Lager ist nicht dunkelbraun, sondern kupfer- bis bernsteinfarben, hat einen kräftigen und vollmundigen Malzkörper, der das Bier voluminös wirken lässt. Die Spundung, also der Kohlensäuregehalt, sollte nicht zu hoch sein, und die Hopfung dezent, eher auf Aromen als auf Bitterkeit ausgerichtet sein.

Ausgerechnet eine fränkische Brauerei, die Brauerei Göller in Zeil am Main, braut ein ganz vorzügliches Wiener Lager. Sie ging 1908 aus der Alten Freyung hervor, die bereits seit 1514 das Braurecht hatte und 1908 von Joseph Göller gekauft wurde. Seitdem ist die Brauerei im Familienbesitz. Neben dem Sudhaus befindet sich ein hervorragendes Wirtshaus mit einem sehr schönen Biergarten.

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„Thema: Malz (vermälztes Getreide)“

Eigentlich ist sie bekannt für ihre typisch fränkischen Biere, zum Beispiel für ihr Rauchbier, ihr hopfenbetontes fränkisches Lager und ihren Doppelbock. Mit dem Wiener Lager hat der Junior der Brauerei, Felix Göller, im Jahr 2013 sein erstes eigenes Bier kreiert, nachdem er vom damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck in Dortmund die Urkunde als Bundessieger im Brauer- und Mälzerhandwerk bekommen hatte – als bester Lehrling der Republik. Er hat es mit der recht unbekannten Hopfensorte Bravo gestopft, im September eingebraut, und im Dezember wurde es auf den Markt gebracht. Es wurde ein großer Erfolg und wird seitdem jährlich gebraut. Üblicherweise ist es aber bereits im Januar ausverkauft, insofern war die heutige Verkostung eine ganz besondere, denn das Bier gibt es bis Ende des Jahres eigentlich gar nicht mehr zu kaufen.

Dass dieses Bier hopfengestopft ist, das hatten wir vorher auch schon beim Simco 3 gehört. Es wurde also Hopfen während der kalten Lagerung hinzugegeben. Dabei lösen sich die Aromastoffe, während die Bitterstoffe im Wesentlichen in den Hopfendolden verbleiben. Somit bleibt das Bier mild und rund. Das spezielle Wiener Malz, und darum geht es bei diesem Bier, verleiht dem Bier die rötliche Farbe und den weichen, runden Geschmack. Es ist ein Bier für den großen Schluck, keines, das man in winzigen Schlückchen genießen muss. Es ist also ein Kipp-Bier, kein Nipp-Bier, und deswegen wurde es auch im großen, voluminösen Becherglas serviert.

Wer von den Seminarteilnehmern wollte, konnte nun also einmal einen kräftigen Zug nehmen.

Es fehlte nun nach Hopfen und Malz noch der dritte wichtige Rohstoff, die Hefe.

„Thema: Hefe (Saccharomyces cerevisiae)“

Nicht nur ein Bier, sondern ein ganzer Stil ist wie kein zweiter mit der verwendeten Hefe verknüpft: Das Hefe-Weissbier. Zwar kommt es hier auch darauf an, dass mindestens 50% des verwendeten Malzes (der Fachmann sagt „Schüttung“) Weizenmalz ist (nicht umsonst heißt Weissbier auch Weizenbier), aber das Aromapotenzial dieses Bierstils wird durch die Hefe geprägt.

Mit der 5,8%igen Ayinger Ur-Weisse, einem Bier, das zur Überraschung einiger Seminarteilnehmer eigentlich ein ganz normales Bier ist und auch in den Sonthofer Getränkemärkten gekauft werden kann, stand ein mehrfach preisgekröntes Bier zur Verkostung bereit: Das Bier war bereits drei Mal Goldmedaillensieger beim „European Beer Star“, einem der renommiertesten Bierwettbewerbe der Welt.

1. Sonthofer Bierseminar, Sonthofen, Bier im Allgäu, Bier in Bayern, Bier vor Ort, Bierreisen, Craft Beer, Bierseminar, BierverkostungEs wird aus dunklem Weizen- und Gerstenmalz gebraut, hat eine helle Bernsteinfarbe, einen sehr festen und üppigen Schaum und einen sehr ausgeprägten Geruch. Je nach Maischeverfahren und Vergärung erzeugen Weißbierhefen eher würzige Aromen (4-Vinyl-Gujakol, erinnert an Gewürznelken oder Kümmel) oder fruchtige Aromen (Isoamyl-Acetat, erinnert an Banane oder Aprikose). Die Seminarteilnehmer erkannten rasch, dass die Ayinger Ur-Weisse deutlich in Richtung Frucht komponiert ist – ihr Aroma erinnert an überreife Bananen. Die Bittere ist gering, dafür ist die Rezens, also die Spritzigkeit durch die Kohlensäure, umso höher. Überraschung war zu spüren, dass dieses Bier, aus einem Verkostungsglas getrunken, plötzlich ganz andere Aromen freisetzt, als wenn man es klassisch aus einem Weizenglas in großen Schlucken genossen hätte.

Die Brauerei Aying, aus der dieses Bier stammt, wurde 1876 von Johann Liebhard gegründet und begann die Produktion zwei Jahre später. Bis heute ist es eine unabhängige Familienbrauerei; der Namenswechsel der Eigentümer von Liebhard über Zehentmair zu Inselkammer erfolgte durch Heirat der weiblichen Erben. Das kleine Dorf Aying, etwa 20 Minuten mit der S-Bahn von München entfernt, wird stark von der Brauerei, ihrem Brauereigasthof und dem großen, urigen Biergarten geprägt.

„Einschub: Lesung – Definitiv unwiderstehlich“

Vier spannende Biere hatten die Seminarteilnehmer nun hinter sich, Zeit für eine kleine sensorische Pause. Stattdessen ein Moment der Besinnung und ein Aufgreifen des heutigen Leitthemas „Verkostung mit allen fünf Sinnen!“, als der Text Definitiv unwiderstehlich verlesen wurde, ein plastisches Wortgemälde, das den Zuhörern wieder Appetit auf das nächste Bier machte.

„Aromenspiel 1: Beer goes Coffee“

Nachdem sich die Teilnehmer mit den drei prägenden Bier-Rohstoffen Hopfen, Malz und Hefe sensorisch vertraut gemacht hatten, ging es nun zu eher freien Interpretationen dessen, was man alles ins Bier zaubern kann.

Mit dem Scottish Oat Stout aus der Belhaven Brewery gab es nun ein Bier, dass durch Zugabe von gerösteter und unvermälzter Gerste und von Hafer ganz besondere Eigenschaften aufweist. Die Röstgerste verleiht ihm schokoladige und kaffeeartige Aromen, die das Bier fast wie ein türkischer Mokka oder wie schwarze Schokolade duften lassen. Warum auch nicht? Immerhin ist geröstete Gerste in der Nachkriegszeit oft als Kaffeeersatz verwendet worden, als Muckefuck, und zwar genau deswegen, weil ihre Aromen an Kaffee erinnern.

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„Aromenspiel 1: Beer goes Coffee“

Der Hafer wiederum verleiht diesem 7,0%igen Bier eine feine, seidige Textur. Sanft und geschmeidig fließt es über die Zunge, ganz weich, und die hohe Malzmenge, die eingesetzt wurde, macht dieses Stout dick, cremig, intensiv und rund. Ein überraschendes und wohlschmeckendes Bier, und die Diskussion über die als ganz natürlich empfundene Zugabe von Röstgerste führte rasch zu einem Infragestellen der derzeitigen Beschränkungen des vorläufigen Biergesetzes in Deutschland, des sogenannten „Reinheitsgebots“. Einmal mehr zeigte sich, dass sich hinter dieser Worthülse etwas ganz anderes verbirgt, als der Verbraucher eigentlich glaubt.

Der Name der Brauerei heißt übersetzt „Schöner Hafen“, und die Brauerei liegt etwa 20 Meilen östlich von Edinburgh mitten in einem Gerstenanbaugebiet. Man wirbt damit, seit fast 300 Jahren nur die beste lokale Gerste und erlesensten Hopfen zu verwenden. Gegründet wurde die Belhaven Brewery im Jahre 1719 und ist damit Schottlands älteste noch funktionierende Brauerei.

Mit dem Scottish Oat Stout waren nun die Sinne der Seminarteilnehmer geöffnet für weitere, eher exotische Aromen und Geschmäcker.

„Aromenspiel 2: Beer goes Barrique“

Möchte man bei den vier Grundzutaten bleiben, kann man zwischen mehreren hundert Hopfensorten, fast hundert Malzsorten und mehreren Dutzend Hefestämmen kombinieren. Das ergibt Millionen von Möglichkeiten und ein sehr breites Geschmacksspektrum. Wem das nicht reicht, der darf aber auch innovativ werden. So, wie der schottische Braumeister Dougal Gunn Sharp.

Es war 2002, als Dougal in Edinburgh gebeten wurde, ein Bier zu kreieren, dass in Bourbonfässern gelagert werden sollte, um diesen süße, malzige Aromen zu verleihen. Das Bier sollte anschließend weggeschüttet werden, und in den Fässern sollten Spirituosen reifen, damit sie in dieser Zeit das süßliche, malzige Aroma des Biers aufnehmen könnten. Dougal hat das auch gemacht, aber anstatt das Bier wegzuschütten, hatte er eine bessere Idee, nämlich das Bier einmal zu probieren.

Und es schmeckte nicht nur ihm so gut, dass er sich anbot, regelmäßig für die Whiskybrennerei zu brauen und im Jahr 2003 die Brauerei Innis & Gunn gründete. Die erwies sich mit ihren Barrel Aged Bieren als so erfolgreich, dass es mittlerweile nicht nur die Brauerei, sondern auch drei Innis & Gunn Beer Kitchen gibt, Feinschmeckerrestaurants in Edinburgh, Glasgow und Dundee, in denen passend zu den Bierspezialitäten speziell komponierte Gerichte serviert werden.

Mittlerweile gibt es Fässer, die mit Bier vorbelegt werden, damit der Schnaps den Biergeschmack annimmt, es gibt Fässer, bei denen das umgekehrt läuft, und es gibt Fässer, die immer wieder zwischen Bier und Schnaps hin und her wechseln, bis sie irgendwann einmal kaputt, völlig ausgelaugt oder – auch das kommt natürlich hin und wieder mal vor – mit Bakterien oder Pilzen infiziert sind, die das Bier sauer oder ungenießbar machen.

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„Aromenspiel 2: Beer goes Barrique“

Das Bourbon Barrel Scotch Ale ist das Bier, mit dem alles begann. Ein klassisches Bourbon-Holzfass, ein kräftiges Scottish Ale, das darin gelagert wurde, und damit ein Bier, das mit Vanille, Toffee und klassischen Whiskyaromen begeistern kann. Ein malziger und weicher Körper, nur ganz milde Hopfennoten (es wird ein Hopfen namens Styrian Golding genutzt, der in Slowenien, in der Südsteiermark, angebaut wird – das hören die Österreicher immer nicht so gern, dass es auch südlich der Landesgrenze noch eine Steiermark gibt…), die dem Bier ein bisschen Fruchtigkeit verleihen, im Abgang eine warme Kremigkeit. Bernsteinfarben und 6,6% Alkohol.

Das Bier gefiel sehr, und selbst wer kein Whisky-Liebhaber ist, konnte dem feinen Bourbon-Aroma in diesem Bier durchaus etwas abgewinnen. Rasch kam die Frage auf, wo man dieses Bier denn in Deutschland kaufen könne, und die Visitenkarten des Händlers, von dem alle heute verkosteten Biere stammten (KommproBier aus Langenargen am Bodensee) wurden gerne angenommen und eingesteckt.

„Digestif – Beer goes Ice“

Es folgte als fulminanter Schlussakkord ein besonders alkoholisches und aromastarkes Bier, und zwar der Aventinus Weizen Eisbock aus dem Weissen Bräuhaus Schneider in Kelheim. Dieses Bier ist eine Spezialität, die weit über das hinausgeht, was wir uns normalerweise als Bier vorstellen. Zumindest ist es aber ein Bier, von dem man keine Halbe oder gar eine Maß trinken könnte und wollte.

Es handelt sich um ein dunkles Weizenbier, dass als Weizenbock eingebraut worden ist, also ohnehin schon als alkoholmächtiges Starkbier. Dieses Starkbier wird dann sachte eingefroren. Das im Bier enthaltene Wasser kristallisiert langsam zu Eis, während der Alkohol und alle Aromastoffe in flüssiger Phase bleiben. Filtert man nun vorsichtig das Eis ab, bleibt alles andere in hochkonzentrierter Form zurück, als Bieressenz oder Bierkonzentrat gewissermaßen. Im konkreten Fall des Aventinus stellt der Braumeister Hans-Peter Drexler aus dem ohnehin schon starken, 8,2%igen Aventinus Weizenbock einen zwölfprozentigen Weizeneisbock her.

Die Beschreibung dieses Biers durch die Brauerei liest sich wie wahre Poesie:

„Unergründlich sinnlich. Magie und schwarze Seele: Aventinus Eisbock – der mahagonifarbene, fast schwarze Eisbock für sinnlichen Genuss im Cognacschwenker. Nach spezieller Rezeptur eisgereift, mit weichem, elegantem Körper, dabei doch kräftig-intensiv verführt diese Schneider Spezialität schon beim allerersten Schluck: Geheimnisvoll offenbaren sich würzige Pflaumen-, Bananen- und Nelkenaromen mit einem Hauch von Bittermandel und Marzipan – einfach magisch. Und besonders verführerisch auch als Digestif. Oder zu Crêpes, dunklen Schokoladen, Tiramisu und vollreifem Parmesan.“

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„Digestif – Beer goes Ice“

Das Weisse Bräuhaus Schneider ist die älteste Weißbierbrauerei Bayerns; seit Anfang des 17. Jahrhunderts wird hier Weissbier gebraut, was insofern bemerkenswert ist, da dieses Recht damals nicht selbstverständlich war. Im sogenannten „Reinheitsgebot“ von 1516 hieß es ja „Wir wollen auch sonderlichen dass füran allenthalben in unsern stetten märckthen un auf dem lannde zu kainem pier merer stückh dan allain gersten, hopfen un wasser genommen un gepraucht solle werdn.“

Neben der Beschränkung auf die Zutaten steht dort ausdrücklich: „in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande“. Das klingt zwar für unsere Ohren wie „überall“. Aber wenn man genau liest, dann stellt man fest, dass es zwei Bereiche gibt, die aus dem Geltungsbereich des Reinheitsgebots ausgenommen waren, nämlich der Klerus und der königliche Hof. Diese beiden Bereiche durften auch weiterhin mit Weizen brauen, hatten nun also ein Weißbiermonopol, das erst 91 Jahre später aufgebrochen wurde. Das Weisse Bräuhaus war eine der ersten Braustätten, die in Bayern legal wieder mit Weizen beziehungsweise Weizenmalz brauen durfte und dies bis heute erfolgreich tut.

Mit einem Ausblick, dass die Herstellung von Eisbock, also ein Aufkonzentrieren des Alkohols und der Aromen durch Einfrieren, durchaus auch zuhause gemacht werden kann, ging das 1. Sonthofer Bierseminar zu Ende.

Wer von den Teilnehmern Interesse hatte, konnte noch die eine oder andere verschlossene Flasche oder Bücher über Bier kaufen und sich so ein Andenken an diese Veranstaltung mit heim nehmen.

Aufgrund der durchweg positiven Rückmeldungen hat die Betreuungsgesellschaft Sonthofen e.V. bereits bekanntgegeben, dass diesem 1. Sonthofer Bierseminar mit Sicherheit ein oder mehrere weitere folgen werden.

Bilder

1. Sonthofer Bierseminar
Betreuungsgesellschaft Sonthofen e.V.
Mühlenweg 13
87 527 Sonthofen
Bayern
Deutschland

Dank an den Bierspezialitätenhändler KommproBier aus Langenargen, der die Verkostungsgläser zur Verfügung gestellt, bei der Auswahl der Biere beraten und die Biere verkauft hat, an die Betreuungsgesellschaft Sonthofen e.V., die mit ihren Räumlichkeiten und ihrem Personal unterstützt hat, und an Tobias Kreuz, der die Fotos gemacht hat.

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