Die Kombination aus Pandemie und wechselhaftem Wetter macht es heute schwer, den ultimativen Biergarten zu finden. Zwar haben wir zunächst ein paar gemütliche Augenblicke im Biergarten des Brauerei-Gasthofs Kundmüller verbracht, aber schon die zweite Station, der Gambrinus Keller in Unterhaid, ließ uns vor geschlossenem Bierausschankfenster dürsten.
Unverdrossen bittet uns unser Kraftfahrer, Herr M., in seinen Kleinwagen, und mit ungebrochenem Optimismus steuert er die nächste Station an. „Der Diller-Keller, wisst Ihr, der ist so wunderschön, da kann ich mir gar nicht vorstellen, dass der auch geschlossen ist. Irgendwo müssen die Biertrinker heute doch hingehen können – so schlimm war der Regen doch gar nicht. Und sehr her, dort kommt doch schon wieder die Sonne durch!“
War es eher ein Selbstgespräch, oder hat er uns versucht, von etwas zu überzeugen, das wir doch schon längst gemeinsam beschlossen hatten?
Wir kurven ein wenig durch’s Mittelgebirge, überqueren den Main und kommen schließlich in den Hallstadter Ortsteil Dörfleins. Jetzt nur noch die richtige Abzweigung finden, schon sind wir am Waldrand und … finden uns auf einem gähnend leeren Parkplatz wieder.
„Das darf doch nicht wahr sein“, entfährt es unserem wackeren Kraftfahrer. „Auch zu?“
Ach, man kann es den Biergartenbetreibern gar nicht verdenken. Monatelang war der Betrieb verboten, dann wurde ganz langsam gelockert. Mit strengen Auflagen, Abstands- und Hygienevorgaben und kurzen, auf 20:00 Uhr abends beschränkten Öffnungszeiten. So richtig gelohnt hat es sich unter diesen Bedingungen ja noch gar nicht, zu öffnen. Immerhin muss Personal bezahlt werden, fällt viel Arbeit an, Bier muss eingelagert und ausgeschenkt werden, Brotzeiten zubereitet, und immer wieder: Hygiene, Hygiene, Hygiene. Da war es dann weniger das Streben nach Umsatz und vielleicht einem kleinen bisschen Gewinn am Ende als eher die Begeisterung, endlich wieder Gäste bewirten zu dürfen.
Und dann kam das Wetter. Kein Dauerregen, das nicht, das wäre bei allem Unglück ja berechenbar gewesen. Aber dieses Unbeständige. Dieser ständige Wechsel von kurzen Sonnenscheinphasen und heftigen Schauern. Dieses gedankliche Rein-Raus. Gehen wir in den Biergarten, auf den Keller, oder bleiben wir lieber zu Haus? Das kann auch den robustesten Wirt zermürben.
So ist denn auch der Diller-Keller am heutigen Sonntagnachmittag geschlossen. Die Biertische sind noch nass vom letzten Regenschauer, die Sonnenstrahlen haben noch nicht alles zu trocknen vermocht.
Mit der Kamera in der Hand erkunde ich den auf drei Ebenen angelegten Diller-Keller. Über zweihundert Jahre existiert er schon – eine kleine Steintafel ist mit „anno 1795 – 1996 Greta Diller“ beschriftet. Ein paar Stufen führen mich hinauf auf die erste Ebene. Ein grellorange leuchtendes Schild weist die Gäste auf Abstandsregeln, Maskenpflicht und Registrierung der persönlichen Daten hin. Bei Missachtung wird ein Strafgeld kassiert und in die Kinderkasse gegeben.
Aber als ob es mit diesen Regeln nicht schon schlimm genug wäre: Der Biergartenteil links des steinernen Gebäudes ist „verziert“ mit Holzgestellen und Kunststofffolien, die zwischen den Sitzgruppen und Biergarnituren stehen und helfen sollen, die Infektionsgefahr weiter herabzusetzen. Schön ist das nicht, und viel Bierkelleratmosphäre bleibt nicht übrig, wenn jede Familie, jede Gruppe von Freunden zwischen zwei Plastikplanen eingepfercht sitzen muss. Da mögen Bier und Brotzeit noch so gut sein (und das sind sie hier im Diller-Keller ganz gewiss) – es fehlt an der rechten Stimmung.
Es geht aber noch weitere Stufen hinauf. Eine schiefe, ausgetretene Treppe führt durch ein kleines Gärtchen zu einem weiteren Biergarten. Fest installierte Tische und Bänke ohne Trennwände strahlen hier eine ganz andere Gemütlichkeit aus. Man sitzt ganz weit oben, ganz ruhig unter den Bäumen, mitten in der Natur. Idyllisch wie sonst kaum wo. Links und rechts wuchert das Grün, ein paar Pflanzen blühen, und inmitten dieses Mini-Dschungels finden sich kleine Figürchen, Puppenhäuser, Tiere aus Terrakotta und Naturstein und vieles mehr. Eine eigene Entdeckungsreise wären sie wert, diese kleinen, liebevoll kitschigen Dekorationen, die sich überall im Grün verbergen.
Jetzt hier zu sitzen, das Seidla in der Hand, die Ruhe zu genießen und die Gedanken schweifen zu lassen. Das wär’s. Aber nicht nur, dass der Diller-Keller heute wegen des Wetters nicht bewirtschaftet ist: Es schiebt sich auch langsam eine dunkle Wolke vor die Sonne. Schatten fällt auf die Idylle, schlagartig wird es kühl.
Seufzend steige ich die Stufen wieder hinab, gehe langsam zurück zum Wagen. Wunderschön wäre es hier gewesen. Selbst wenn der Zauber des Diller-Keller auch so auf mich übergesprungen ist, so ist es doch trotzdem schade, hier nicht gesessen und Bier getrunken zu haben.
In der schönen Jahreszeit ist der Diller-Keller täglich ab 14:00 Uhr geöffnet – allerdings nur bei gutem Wetter. Es empfiehlt sich, vorher mal anzurufen. Vom Bahnhof Hallstadt aus kann man einen schönen Spaziergang von einer halben Stunde machen und kommt dann hungrig und durstig im Keller an. Fährt man mit dem Wagen, kann man auf dem großen Parkplatz direkt vor dem Keller parken.
Diller-Keller
Am Kreuzberg
96 103 Hallstadt OT Dörfleins
Bayern
Deutschland
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