Leuchtend rot, fast schon orange, sticht die Farbe des Gebäudes bereits von weitem ins Auge. „Da vorne ist das Brauhaus Joh. Albrecht“, sage ich mehr zu mir selbst, und frech, wie sie immer ist, antwortet mir meine holde Ehefrau trotzdem: „Seh‘ ich selbst. Das ist so quietschbunt, das würdest Du sogar ohne Brille schon erkennen!“ Und trotzdem fügt es sich nicht unharmonisch in das Ensemble der umliegenden Gebäude der Konstanzer Innenstadt ein.
mit seiner leuchtenden Farbe fällt das Brauhaus schon von weitem auf
Rechts neben dem Eingang schmiegen sich ein paar Tische und Bänke an die Hauswand, zur Straße hin mit ein paar Blumenkübeln abgetrennt – ein kleiner Schanigarten, der aber angesichts der noch frühen Stunde und des nicht sehr vielversprechenden Wetters heute verwaist ist.
Wir betreten den Schankraum und merken sofort, wo wir sind. Die Schankanlage an der Theke ist wie eine Reihe von kleinen Braukesseln geformt – das Markenzeichen der Joh. Albrecht Kette. Für einen kleinen Moment stehen wir unschlüssig neben dem Schild, das uns auffordert, zu warten, bis wir platziert werden, dann kommt eine junge Dame an, zupft sich ihren Mund-Nase-Schutz zurecht und weist uns einen Platz am Fenster zu. Sie ist freundlich, wirkt aber noch sehr unsicher – vielleicht gerade erst seit ein paar Tagen hier im Betrieb.
das Markenzeichen: eine Zapfhahnbatterie in Braukesselform
Das Biermenü offeriert das, was es in den Joh. Albrecht Brauhäusern immer gibt: Ein Helles namens Messing, ein Dunkles namens Kupfer, ein Weizen ohne besonderen Namen. Das deutsche Brauhaus-Dreierlei. Und ein Saisonbier, das seit einiger Zeit – man muss ja mit dem Trend gehen – Craftbeer genannt wird. Was irgendwie impliziert, dass die ersten drei Biere keine Craftbiere seien, mithin also nicht handwerklich gebraut würden. Was für eine blöde Bezeichnung!
„Was gibt es denn derzeit für ein Craftbier?“, frage ich und bekomme eine enttäuschende Antwort: „Derzeit gar keins, wir haben nur die drei normalen Biere.“ Missmutig wähle ich das Messing, das normale Helle, und ich glaube schon zu wissen, was mich erwartet, nämlich ein süßliches, nur schwach gehopftes und vermutlich noch etwas grün schmeckendes Gebräu, dem man anmerkt, dass es eher lieblos und vor allem ohne ausreichende Lagerzeit hergestellt ist.
Während wir auf das Bier und unser Essen warten, erkunde ich das Brauhaus. Im rechten Bereich erstreckt sich ein großer Saal, in der Mitte steht, stolz präsentiert, das kupferne Sudwerk. Die Standardkonstruktion aus dem Hause Joh. Albrecht, so wie sie auch an den anderen Standorten in Hamburg oder – früher – in Regensburg steht. Kunststück – die Firma Joh. Albrecht versteht sich ja als Konzeptanbieter und stattet Gasthausbrauereien für andere aus. Die selbst betriebenen Brauereien dienen quasi zusätzlich als Showroom für das Konzept.
das Standard-Sudwerk der Firma Joh. Albrecht
Mir kommt also alles vertraut vor, als sei ich schon einmal hier gewesen. Keine Überraschungen, nur Variationen im Detail. Warum aber auch nicht? Es ist eine Gasthausbrauerei-Kette, und die Innenarchitekten nehmen das auf, was beim – tendenziell eher gutbürgerlichen – Publikum ankommt und nicht bei den Trendsuchern und Hipstern.
Zurück am Platz bekomme ich mein Messing serviert und fühle mich bestätigt: Ein nur mäßig zufriedenstellendes Bier, bei dem die Gefahr besteht, dass man auf Nachfragen die Antwort bekommt: „Das muss so schmecken, das ist ein Hausbräu!“
Messing
Auch das Essen ist leider nicht so richtig überzeugend. Ananas, Curry und Reis macht halt noch keine asiatische Küche, vor allem dann nicht, wenn es lustlos zusammengekocht ist und die verschiedenen Aromen nicht mehr akzentuiert heraus zu schmecken und zu riechen sind, sondern alles in einer texturlosen Wolke verschwimmt.
Die junge Dame, die nicht nur uns bedient, sondern jetzt zur Mittagszeit den gesamten Restaurant- und Schankbetrieb alleine macht, zeigt sich zwar hochmotiviert, aber auch überfordert. Zu viele Gäste strömen auf einmal herein, kaum jemand hält sich an die Corona-Auflagen, keiner nimmt darauf Rücksicht, dass sie allein ist. „Bitte warten Sie einen Moment, ich zeige Ihnen gleich Ihren Platz!“ – „Ja, ich bringe Ihnen gleich Ihr Bier!“ – „Bitte setzen Sie Ihre Maske auf!“ – „Nein, nicht dort, dort ist reserviert.“ – „Das Essen kommt sofort!“ – „Nein, dort ist reserviert, das habe ich Ihnen doch gerade gesagt, und es steht auch ein großes Schild auf dem Tisch!“ – „Würden Sie sich bitte vor dem Hereinkommen die Hände desinfizieren?“ – „Das Bier dauert noch einen Moment!“ – „Ich habe mir die Corona-Vorschriften auch nicht ausgedacht, bitte setzen Sie Ihre Maske auf!“
die Inneneinrichtung ist durchaus ansprechend
Kein schönes Schauspiel, und die Kellnerin hat unser Mitgefühl. Welcher Restaurantmanager lässt sie zur Stoßzeit in der Mittagspause hier allein werkeln?
So dauert es dann auch eine geraume Zeit, bis wir zahlen können. Sichtlich gestresst kommt das Mädel an unseren Tisch und tut uns richtig leid. Ihr Bemühen und ihre Freundlichkeit waren der Höhepunkt des heutigen, eher unterdurchschnittlichen Gesamteindrucks, aber kaum einer der anderen Gäste hat dieses Bemühen erkannt und gewürdigt.
Kein so richtig schöner Brauereibesuch also, sondern einer, der unter die Kategorie „da war ich auch schon mal, muss ich aber nicht wieder hin“ fällt. Schade.
Das Brauhaus Joh. Albrecht in Konstanz ist täglich ab 12:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Vom Bahnhof Konstanz aus geht man in etwa zehn Minuten gemütlich bis dorthin.
Brauhaus Joh. Albrecht Konstanz
Konradigasse 2
78 462 Konstanz
Baden-Württemberg
Deutschland
Hinterlasse jetzt einen Kommentar