Pappenheimer Wirtschaft
Hamburg
DEU

Fränkisches Bier und fränkische Küche – nicht ohne Grund sind beide in Deutschland und über Deutschlands Grenzen hinaus sehr beliebt. Weltweit gibt es Fans, die es auf sich nehmen, mindestens einmal im Jahr in die Region zu kommen, die Brauereien zu erkunden, sich die herrlich durchtrinkbaren Biere gerne auch in größeren Mengen zu erschließen, dazu deftige und fleischbetonte Küche zu genießen. Das ganze in lieblicher Landschaft und zu immer wieder überraschend niedrigen Preisen.

Aber nicht jeder kann sich das zeitlich oder aus anderen Gründen leisten, und so gibt es immer wieder auch Restaurants und Gastwirtschaften anderswo, weit weg von Franken, die versuchen, die typisch fränkische Wirtshausatmosphäre zu exportieren. Der Pappenheimer Wirtschaft in Hamburg im Stadtteil Uhlenhorst, nur ein paar Schritte von der Außenalster entfernt, gelingt dies hervorragend – wenn man von der lieblichen Landschaft absieht, die zu exportieren zugegebenermaßen etwas schwierig ist.

Es ist ein kühler und leicht nieseliger Oktobersonntag, an dem mich meine Wege endlich einmal hier vorbeiführen. Jahrelang hat meine Tochter in fußläufiger Entfernung gewohnt, und jahrelang ist es mir nicht gelungen, hier einzukehren. Jetzt, wo ich aus anderem Anlass nur für ganz kurz in Hamburg bin, da klappt es plötzlich. Merkwürdig …

es sind nur wenige Schritte von der Außenalster

Giftgrün leuchtet der Schriftzug Pappenheimer Wirtschaft über den Fenstern und wirft ein seltsames Licht auf die verwaisten Tische und Stühle vor dem Eingang. Ein paar Stufen führen mich hinunter in den Schankraum, und das schlichte Holzmobiliar, die lederbezogenen Sitzbänke und die Wandvertäfelung erinnern mich sofort an fränkische Dorfwirtschaften. Kein Schickimicki, sondern die Atmosphäre entsteht, wenn die Menschen hier zusammensitzen, ihr Bier und das deftige Essen genießen, miteinander reden und lachen.

Nur leider nicht in Zeiten von Corona. Nur wenige Gäste wagen es zur Zeit, überhaupt auszugehen, und dann sitzen sie auch noch weit voneinander entfernt, beäugen sich unsicher, und außer ein paar kurzen, freundlichen Worten, die man von Tisch zu Tisch über einige Meter austauscht, kommt leider gar keine Wirtshausstimmung auf. Es ist zum Heulen.

ein ansprechendes Lokal im Würgegriff der Pandemie

Die junge Dame im Service gibt sich aber alle Mühe, mich als Gast trotzdem so herzlich willkommen zu heißen, wie möglich. Sie legt mir die Speisekarte vor und weist – natürlich! – auf die wunderbaren Biere hin, von den Brauereien Krug und Meister.

Es ist klassische fränkische Braukunst. Handwerklich seit Generationen, würzige und aromatische Biere, fernab von allen Experimenten, und vor allem: Genau so gebraut, dass sie sich einerseits deutlich von dem „wir müssen allen potenziellen Kunden gefallen“-Standard des kleinsten gemeinsamen Nenners bundesweit präsenter Marken unterscheiden, andererseits aber auch auf Effekthascherei verzichten und bodenständig bleiben, um den Fernsehbier gewohnten Otto Normalbiertrinker nicht zu verschrecken.

„Aber“, so teilt mir die Bedienung bedauernd mit, „das Meister ist grad aus!“

Krug Pils

Das macht mir die Wahl etwas einfacher, und ich bestelle mir das 4,9%ige Pils der Brauerei Krug, dazu eine Kürbissuppe als Vorspeise. Beides kommt recht zügig, die Kürbissuppe schmeckt hervorragend, aber das Pils überrascht mich mit einem unangenehm dumpfen Beigeschmack. Ich bitte die junge Dame noch einmal an meinen Tisch und frage, ob das was nicht stimmen würde. Absolut souverän nimmt sie das Glas mit, bittet schon mal um Entschuldigung, und wenige Minuten später kommt ein frisch gezapftes Bier. Diesmal fehlerfrei. Sie hätte noch einmal alles überprüft, die Leitungen seien frisch gereinigt und durchgespült, aber in der Tat: Das Bier im ersten Glas hätte ein ganz kleines bisschen opak gewirkt. Warum auch immer …

Wer weiß, was da passiert ist, denke ich, kann das Pils nun aber unbeschwert genießen. Eine dezente Herbe, ein für ein Pils fast zu vollmundiger Körper, trotzdem ein sehr schöner Begleiter zur Vorsuppe.

Schweinsbraten mit Rotkraut und Kloß

Als Hauptgang gönne ich mir einen klassischen, fränkischen Schweinsbraten mit Rotkraut und Kloß. Perfekt passend dazu das 5,0%ige Dunkle Lager, auch vom Krug. Rubinrot schimmern steht es im Glas, gekrönt von feinem, weißem Schaum, ein leicht röstiger Geruch, ein sehr voller, malziger und ebenfalls leicht röstiger Geschmack auf der Zunge und am Gaumen, und ein weicher Abgang. Durchaus deftig und daher gut zum kräftigen Schweinsbraten passend.

Bedauernd schaue ich noch einmal durch den Gastraum. Die Tische stehen weit voneinander entfernt, außer mir sehe ich nur noch zwei Gäste am anderen Ende sitzen, weitere zwei trotzen der Kühle und sitzen draußen vor dem Eingang. Corona hat auch die Pappenheimer Wirtschaft im Würgegriff. So würzig die Biere, so deftig die Küche – aber wenn man ganz allein hier sitzt und speist, ist das nur das halbe Vergnügen. Wenn überhaupt … So schade!

Krug Dunkles Lager

Aber bleiben wir optimistisch und hoffen auf das nächste Jahr, wenn die Welt mit Impfungen und Medikamenten die Pandemie hoffentlich in den Griff bekommen haben wird. Dann wird es hier wieder gemütlich und lebhaft zugehen und die guten Biere und das leckere Essen werden wieder ganz anders geschätzt werden, hier, in der Pappenheimer Wirtschaft, einem kleinen Stückchen Franken im hanseatischen Norden.

Die Pappenheimer Wirtschaft ist (wenn nicht gerade Corona-Schließungen angesagt sind) täglich von 12:00 bis 24:00 Uhr geöffnet; kein Ruhetag. Zu erreichen ist sie am besten mit dem Bus der Linie 6; von der Haltestelle Mundsburger Brücke sind es ein, zwei Minuten zu Fuß.

Bilder

Pappenheimer Wirtschaft
Papenhuder Straße 26
22 087 Hamburg
Hamburg
Deutschland

2 Kommentare

  1. Was für ein dejavu, diese Karte. Da kann man nur von einem Privileg reden, wenn man wie ich von Nürnberg aus alles dieses in einem Tagesausflug in unendlichen Variationen genießen kann und deswegen nicht nach Hamburg muß.
    Dieselbe Intention hatte ich, als ich in meinem Geburtsort Kaufbeuren gastronomisch tätig wurde. Nur war mein Ziel niemals ein Restaurant sondern eine ganz schlichte Wirtschaft mit Brauerei, wie es sie außerhalb von Franken kaum noch gibt.

    • Theoretisch ginge es auch von mir aus, einen Tagesausflug nach Nürnberg zu machen. Wenn man morgens den richtigen Regionalexpress nimmt, kommt man ohne Umsteigen in drei Stunden dorthin, und abends in der gleichen Zeit wieder zurück. Mit dem Bayernticket dann sogar für ganz kleines Geld. Mit Übernachtung ist’s aber schöner …

      In Hamburg war ich aus anderen Gründen, habe die Pappenheimer Wirtschaft mehr oder weniger zufällig „mitgenommen“ und sehr genossen.

      Außerhalb Frankens gibt es diese schlichten Wirtschaften in der Tat nur noch sehr selten, höchstens noch in Tschechien (dort wiederum überall, in jedem Dorf).

      Mit bestem Gruß,

      VQ

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