7. Wirtueller Stammtisch 2.0
Ried im Innkreis
AUT

Schau zuwa, schau zua! #bier dringa #dahoam bleib’n #leben retten

Wenn die Hotels und die Gastronomie aufgrund der CoViD-19-Pandemie schließen müssen, dann zeigt sich, wer Wirt mit ganzem Herzen ist und auch unter ungewöhnlichen Bedingungen innovative Ideen entwickelt, um den Kontakt zu seinen Kunden und Gästen nicht abreißen zu lassen.

Karl Zuser jun., der in Ried im Innkreis den Gasthof Riedberg betreibt und dort insbesondere auf ein Bierangebot achtet, das seinesgleichen sucht, hat dazu den Wirtuellen Stammtisch erfunden. Während der ersten Infektionswelle hat er sich mehr oder weniger jeden Abend virtuell mit einem anderen Gast getroffen und wie an einem Stammtisch geplaudert. Das konnte ein befreundeter Brauer sein, der örtliche Pfarrer oder Bürgermeister, ein Gastronomiefunktionär, Getränkehändler oder Bierconnaisseur – Hauptsache, es gab einen Bezug zum Gasthof, zum Karl oder zu dessen legendären Bierkeller.

Jetzt, während der zweiten Welle, hat Karl das Format geringfügig geändert. Nicht mehr fast täglich, sondern ungefähr zwei Mal pro Woche findet der Wirtuelle Stammtisch nun in der Version 2.0 statt, es sind nacheinander mehrere Gäste zugeschaltet, und damit wird der Stammtisch für die, die am anderen Ende der Leitung eher passiv lauschen und sich nur per Chat-Funktion zuschalten können, noch kurzweiliger.

Gespräch mit Frank Di Marco

Besonders spannend ist es immer dann, wenn gemeinsame Freunde am Wirtuellen Stammtisch teilnehmen, so wie am 24. November 2020. In der ersten Gesprächsrunde tritt Frank Di Marco auf, der den Getränkemarkt Heck in Korntal-Münchingen betreibt und daneben auch als Bier-Sommelier arbeitet. Natürlich dreht sich das Gespräch nicht nur um Franks berufliche Tätigkeit, sondern fokussiert sich sehr schnell auch auf die Auswirkungen auf die Corona-Krise, und uns Zuhörern bleibt die Aussage im Gedächtnis, dass die Krise nicht nur negative Auswirkungen hatte. Frank stellt nämlich fest, dass dadurch, dass die Menschen verstärkt zuhause blieben, der Dosen- und Flaschen-Umsatz in den Getränkemärkten deutlich angestiegen ist: Wenn die ganze Familie zuhause hockt, Schulen zu und Home-Office, da habe man noch nie so viel Mineralwasser und Saft verkauft. Und Flaschenbier vermutlich auch …

Frank stellt das eine oder andere Bier vor

Natürlich lässt Frank es sich nicht nehmen, im Rahmen des Stammtischs auch das eine oder andere feine Bier vorzustellen – der im Netz abrufbare Videoclip lohnt sich daher auch für die, die nicht live am Stammtisch haben teilnehmen können.

Schoppe Bräu – Danke! – New England Pale Ale

Auf meiner Seite der Datenleitung leite ich den Stammtisch mit einem New England Pale Ale ein, dem Danke! von Schoppe Bräu, einem Sonder-Sud, der extra für die Empfänger eines Corona-Rettungsabonnements eingebraut worden war. Biere im New England Style leben vom Kontrast zwischen dem intensiven, fruchtigen Geruch und der dann sehr ausgeprägten Bittere im Mund – und natürlich von der extremen Trübe, die dem Bier im Glas eine fast schon fruchtsaft-ähnliche Optik verleiht. Das 5,8%ige Danke! bleibt dabei glücklicherweise gemäßigt. Nicht zu übertrieben fruchtig in der Nase ist es, nicht zu übertrieben bitter und kratzig am Gaumen. Gerade so, dass der Kontrast spannend ist, sich die Sinneseindrücke aber dennoch irgendwie zusammenbringen lassen. Sehr ordentlich. Wird zwar immer noch nicht mein Lieblingsstil, aber dieser Sud ist doch fein.

Gespräch mit Andrea Seeger

Die Stunde, die für die Unterhaltung zwischen Karl und Frank vorgesehen ist, vergeht wie im Flug. Um 20:00 Uhr kommt Andrea Seeger dran, Bier Sommelière auch sie. Andrea hat ein kleines Bierspezialitätengeschäft in der Freiburger Altstadt, die Craftbeer Lodge. Genau wie Frank hat sie viel aus der Szene zu erzählen und stellt ebenfalls das eine oder andere exotische Bier vor.

Ich hatte mir gegen Ende des Interviews mit Frank eine Flasche Freistadt Plumberg geöffnet, ein 10,0%iges Bier, das längerer Erläuterungen bedarf: Die Idee stammt von Sebastian Sauer und seinem Label Freigeist Bierkultur. Entwickelt und realisiert hat er sie zusammen mit dem Braukollektiv Freiburg und der polnischen Kleinbrauerei Maryensztadt aus der Nähe von Warschau. Gebraut und abgefüllt wurde das Bier schließlich in Hagen-Dahl bei der Vormann-Brauerei, die schon seit langem Sebastians ungewöhnliche Rezepte verwirklicht. Es handelt sich um einen Barley Wine mit geräucherten Pflaumen. Dunkelbraun fließt er ins Glas, ist sehr trüb und bildet ziemlich viel (für einen Barley Wine eigentlich zu viel) Schaum aus. Im Aroma kommt schon eine deftige Rauchnote recht dominant hervor, während sich auf der Zunge die malzige Süße des Barley Wines deutlich bemerkbar macht, begleitet von schweren, fruchtigen Aromen der Pflaumen. Im Abgang und retronasal bekommt der Rauch wieder die Oberhand. Spannend. Der Übergang vom Rauch zur Fruchtigkeit und wieder zurück ist nicht immer harmonisch, auf alle Fälle aber sehr interessant.

Freigeist / Braukollektiv / Maryensztadt – Freistadt Plumberg – Barley Wine with Smoked Plums

„Das Bier habe ich hier auch“, stellt Andrea fest, als sie im Chat liest, was ich gerade trinke. Spricht’s, langt ins Regal und öffnet sich ebenfalls eine Flasche Freistadt Plumberg, und so können wir spontan gemeinsam das gleiche Bier genießen.

Andrea berichtet, wie sich ihr Arbeitsalltag in der Krise verändert hat. Virtuelle Bierverkostungen, sogenannte Cyber Tastings, sind jetzt der Renner, ebenso aber auch Online-Vorträge über Bier, Online-Seminare oder angeleitete Verkostungen für Firmen, die statt einer Betriebsfeier nun etwas Virtuelles buchen. Wenn diese Veranstaltungen auch nie das gemütliche Beieinandersitzen ersetzen können, ist es doch erstaunlich, was online alles funktioniert.

Andrea berichtet, wie sich ihr Geschäft in der Krise wandelt

Andreas lebhafte Erzählungen werden nicht nur von der Freistadt Plumberg begleitet, sondern auch vom Schwarzen Prinz, einem Imperial Stout aus Karsten Burohs Brauerei Eppelein & Friends, das meine holde Ehefrau genießt. Das Bier war uns schon vor vier Tagen im Rahmen der 3. Fränkischen Kreativbierverkostung von Karsten virtuell vorgestellt worden, und ich hatte es bereits da sehr genossen: Ganz dunkelbraun fließt der 7,3%ige Schwarze Prinz ins Glas und bildet eine schöne, leicht cremefarbene Schaumkrone. Der Duft ist mokkaartig und weich, keine Spur der üblicherweise in Stouts zu spürenden Röstaromen. Auch auf der Zunge und beim Schluck bleibt dieses Bier extrem weich. Weder Röstbittere noch die oft anzutreffende Adstringenz findet sich in diesem Bier, stattdessen ein weicher, samtiger Körper, der je nach Trinktemperatur von Kaffee-Aromen (wenn kalt getrunken) oder Schokoladennoten (wenn schon temperiert) begleitet wird. Ein Bier, dass nicht nur gut aussieht, sondern auch dem Gaumen sanft schmeichelt. Sehr schön!

Eppelein & Friends – Schwarzer Prinz – Imperial Stout

Wie es bei einem echten Stammtisch auch ist, mäandriert das Gespräch vor sich hin, Karl und Andrea kommen von Hölzchen auf Stöckchen, aber immer ist es interessant, und die Chatfunktion ermöglicht es uns, zu kommentieren und selbst zum Gespräch beizutragen. Karl und Andrea nehmen die Chat-Kommentare gerne als Anregung auf, und so entwickelt sich tatsächlich eine Art Stammtischgefühl, so, als sei man wirklich gemeinsam an einem Tisch.

Die zweite Runde ist ebenfalls im Netz abrufbar und interessant auch für die, die nicht live dabei sein konnten.

7. Wirtueller Stammtisch 2.0
Gasthof Riedberg
Südtiroler Straße 11
4910 Ried im Innkreis
Österreich

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