Bieraria Tschlin
Martina
CHE

„Echtes Engadiner Bier aus Tschlin.“ Das ist das Motto der Bieraria Tschlin in der kleinen Ortschaft Martina im Engadin.

2004 ist diese Brauerei gegründet worden, wurde zunächst in Tschlin betrieben (daher auch ihr Name), und als die Wachstumsmöglichkeiten dort ausgeschöpft waren, wurde sie im Winter 2015 / 2016 in das nahegelegene Martina verlegt, wo das Sudwerk nun in einem zwar schmucklosen, aber zweckmäßigen und gut an die Staatsstrasse 27 angebundenen Gebäude untergebracht ist.

Bieraria Tschlin

Man hat es sich ins Lastenheft geschrieben, Bier ausschließlich aus Schweizer Zutaten zu brauen, wenn möglich gar, mit Zutaten aus dem eigenen Kanton Graubünden. Das mag beim Brauwasser am einfachsten sein, liegt Martina doch in einer Region, in der frisches Bergquellwasser überall verfügbar ist – man nutzt nach eigenen Angaben die Quelle „La vegliatscha“. Etwas schwieriger mag es mit dem Malz sein. Zwar gibt es in der Schweiz ausgedehnte Anbaugebiete für Gerste und Weizen, aber im Engadin nicht in allen Qualitätsstufen, so dass beispielsweise für das Pale Ale Malz auf Produkte aus der Westschweiz zurückgegriffen wird.

Der Hopfen schließlich dürfte die größte Herausforderung sein. In der ganzen Schweiz gibt es nur zehn Hopfenpflanzer, deren Gesamternte etwa 30 Tonnen im Jahr beträgt. Das deckt gerade mal 10% des Gesamtbedarfs der Schweiz, der gesamte Rest muss importiert werden. Und die wenigen Hopfenanbaugebiete befinden sich in den Kantonen Zürich (im Nordosten im Stammertal), Aargau (im Fricktal ostwärts von Basel), Solothurn (in Wolfwil) und Thurgau (in der Kartause Ittingen) – vom Engadin aus betrachtet also fast am anderen Ende der Schweiz.

Aber es gelingt, und selbst die Zutaten für Bierspezialitäten, die in Deutschland aufgrund des sogenannten „Reinheitsgebots“ gar nicht erlaubt wären (Edelweißblumen oder Honig, beispielsweise), stammen ausschließlich aus der Schweiz.

Nationalstolz im Sinne von Regionalität also.

BE steht groß auf den Etiketten der Brauerei: Biera Engiadinaisa

Die Gründer der Brauerei haben sich mit der Regionalität aber nicht begnügt, sondern von Beginn an Bio-Biere gebraut und ihre Produkte auch Berg-zertifiziert. Was Bio-Bier ist, glaubt man zu wissen und kommt mit dieser Intuition den rechtlichen Bestimmungen für diese Zertifizierung auch rasch recht nahe, aber Berg-zertifiziert?

Letzteres ist eine Schweizer Besonderheit. In der Berg- und Alpverordnung sind Zonen definiert, aus denen die landwirtschaftlichen Produkte oder Lebensmittel stammen müssen, um sich Berg-zertifiziert nennen zu dürfen. Die Schweiz wird aufgeteilt in Talzone, Hügelzone und in vier Bergzonen von I bis IV. Daneben gibt es noch Sömmerungsgebiete, also traditionell alpwirtschaftlich genutzte Flächen. Wer mag, kann sich durch die damit verbundene Bürokratie arbeiten, für den Rest der Bierliebhaber mag die Feststellung genügen: Berg-zertifiziertes Bier wird in den Bergen hergestellt.

Blick auf das Sudhaus

All diese Regionalitätsbestrebungen und Zertifizierungen nützen aber nichts, sollte das Bier nicht schmecken, und so habe ich während eines Wochenendausflugs in die Schweiz die Gelegenheit genutzt, eine ganze Reihe der in Martina gebrauten Biere zu verkosten.

BE – Biera Engiadinaisa – steht groß auf den Etiketten der Flaschen, und vom Ambra, dem Val Müstair Weizen und dem Special über das mit Edelweiß gebraute Staila Alpina und dem kräftig gehopften Steimändli Hopfentropfen bis zum Pale Ale und dem alkoholfreien La Sportiva sind die Biere durchweg gut bis sehr gut. Insbesondere das La Sportiva ist mir als kräftig und dennoch ausgewogen gehopftes, sehr aromatisches Bier in Erinnerung, das nur mit einer leichten Getreidenote im Hintergrund daran erinnert, dass es alkoholfrei ist.

das alkoholfreie La Sportiva ist bemerkenswert

Vor lauter Verkosten und Genuss der schönen Engadiner Landschaft im Herbst ergab es sich ein Abstecher nach Martina aber erst am Sonntagmorgen, zu einem Zeitpunkt, wo die Brauerei – natürlich! – geschlossen ist.

Die Bieraria Tschlin betreibt an ihrer Produktionsstätte keinen Ausschank und keinen Rampenverkauf; nach Vereinbarung können aber Brauseminare und Brauereibesichtigungen gebucht werden. Zu erreichen ist die Brauerei wie nahezu alle Orte in der Schweiz mit dem Postbus (Haltestelle Martina Cunfin), oder man kommt mit dem Auto über die parallel zum Inn führende Staatsstraße 27, von der aus man die Brauerei sieht, wenn man an Martina vorbeifährt.

Bilder

Bieraria Tschlin SA
Via dal Dazi 233
7560 Martina
Schweiz

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