Bergbierwanderung Tschlin
Tschlin
CHE

Hohe Berge, weite Täler, saftige Wiesen und bunte Wälder – die Schweiz bietet für Wanderer ein wahres Paradies. In allen Landesteilen findet man von einfach bis schwierig unendlich viele Wanderrouten, entlang derer man das wunderschöne Land erkunden kann. Die Schweiz hat aber auch die höchste Brauereidichte pro Kopf in Europa, vielleicht sogar in der Welt. Insofern ist es gar nicht so überraschend, dass sich hier in den letzten Jahren das Konzept der Bierwanderungen höchst erfolgreich etabliert hat.

hohe Berge, weite Täler, saftige Wiesen und bunte Wälder

Bierwanderungen? Eigentlich nichts anderes als Volkswandertage, nur dass die Verpflegungsstationen hier durch Bierstände ersetzt werden und viel dichter aufeinanderfolgen. Kurze bis mittellange Strecken werden angeboten, Shuttle-Busse oder der perfekt ausgebaute ÖPNV der Schweiz bringen die Wanderer zum Start, und dann geht es entlang herrlicher Wanderrouten durch die Berge und Wälder, unterwegs immer wieder bestens versorgt mit regionalen Bieren und ebenso regionalen Spezialitäten. Die Idee ist so erfolgreich, dass Teilnehmerzahlen von 300 Wanderern auch bei schlechtem Wetter mittlerweile ganz normal sind.

Eine der letzten Wanderungen, die trotz Corona noch stattgefunden haben, war die Bergbierwanderung Tschlin:

der Postbus fährt mit Schweizer Präzision pünktlich ab

Start ist in Scuol, im Osten Graubündens, unweit der italienischen Grenze. Präzise auf die Minute fährt der Postbus vor, deutlich als Bier-Shuttle gekennzeichnet. Eine Viertelstunde Fahrt auf engen Serpentinen bringt uns nach Vnà, einem kleinen Bergdörfchen auf rund 1600 m Höhe. Leichter Niesel kann die gute Laune nicht trüben, bekommen wir hier am Start doch jeder einen Bierkrug mit Logo, eine Halterung, um den Krug am Rucksack zu befestigen, und eine Flasche Bier der lokalen Brauerei Biera Engiadinaisa. „Sucht Euch aus, welche Sorte Euch behagt, wir haben sogar Alkoholfreies für die, die nicht schon zum Frühstück eine ganze Flasche Spezial trinken wollen“, lacht die junge Dame und scannt den QR-Code unserer Tickets ein.

Fähnchen markieren die Strecke

Bestens gestärkt geht es ein paar Höhenmeter bergauf, und es öffnet sich der Blick ins Inntal. Die Strecke ist mit Fähnchen gut ausgeschildert, und nach rund einer Viertelstunde erreichen wir die erste Station. Biere der Zermatt Matterhorn Brauerei werden angeboten, und dazu gibt’s knuspriges Bauernbrot, frisch mit fettem Käse der Pauraria Riatsch überbacken. Heißer Käse, frisches Bier, das stärkt und lässt den Regen plötzlich gar nicht mehr so ätzend erscheinen.

heißer Käse passt perfekt zum Bier

Der Weg wird schmaler und stellenweise ein bisschen matschig, bleibt die ganze Strecke über aber kindersicher, so dass die Wanderung (knapp neun Kilometer, rund 350 Höhenmeter) auch mit der ganzen Familie unternommen werden kann (nur für Kinderwagen ist er nicht geeignet).

der Weg ist schmal, aber gut begehbar

Die Biervision Monstein aus Davos bietet am nächsten Stopp ihre Biere an. Langsam wird das Wetter besser, ab und an kommt schon die Sonne durch und zeigt uns das Bergpanorama. Schwungvoll wird mein kleiner Krug bis zum Rand mit Monsteiner WätterGuoga gefüllt, einem Amberbier mit Rauchmalz. „Heh, nicht so viel“, protestiere ich schwach. „Ich habe noch ein paar Stationen vor mir!“

die Biervision Monstein zeigt sich großzügig

Der junge Mann grinst: „Du schon, aber ich nicht!“, und gießt fleißig weiter ein. Ein paar dicke Kanten Bauernbrot machen es leichter, alle vier Biersorten zu probieren. Auf Bierbänken, Felsen und Baumstümpfen sitzen wir und fachsimpeln mit den Mitwanderern.

Monsteiner Fäschtbier

Der Weg führt immer entlang des Waldrands, und wir müssen aufpassen, dass wir nicht nur die Aussicht genießen, sondern auch auf die Wurzelstubben achten und nicht stolpern.

fast schon ein Mini-Bierfestival

Fast schon wie ein Mini-Bierfestival zeigt sich die nächste Station. Sieben verschiedene Sorten Bier der Biera Engiadinaisa, aber auch ein paar lokale Schnäpse werden angeboten: Gin, Single Malt, Likör mit Edelweiss oder Bier-Brand. Das hilft gegen kalte und nasse Füße! Dazu gibt’s Wild-Bratwürste frisch vom Grill aus der kleinen Bacharia (Metzgerei) Zanetti. Die eine oder andere Wandergruppe richtet sich hier gemütlich ein – fast schon könnte man den Eindruck bekommen, dies sei die Endstation.

die Simmentaler Braumanufaktur präsentiert sich mitten auf der Wiese

Anschließend ist es nur ein knapper Kilometer bis zur nächsten Rast. „Schon wieder trinken …“, stöhnt ein Mitwanderer, der wohl eben dem Bier-Brand allzu reichlich zugesprochen hat. Sein Pech, denn die Simmentaler Braumanufaktur aus Lenk bietet ganz vorzügliche Biere an, zum Beispiel ein Mango Mountain Wheat Ale, das mit seinen intensiven, fruchtigen Aromen und seiner feinen Säure perfekt zu den feinen Kuchen und Konfitüren der Manufaktur Prodots Etter passt. Die Familie Etter offeriert neben den süßen Sachen aber auch Käse und selbstgemachte Wurst – alles, was auf dem Bauernhof halt so produziert werden kann.

Mango Mountain Wheat Ale

Es folgt die längste Etappe des Wanderwegs. In schmalen Serpentinen windet sich der Weg ins Ruinanstal, bis hinunter zum Bach, über eine schmale Holzbrücke, und auf der anderen Seite wieder hinauf. Das bunte Laub der Birken, die fast schon orange leuchtenden Nadeln der Lärchen, die weißen Nebelfetzen und das tiefe Grün der Fichten – die Natur präsentiert sich von ihrer schönsten Seite.

hinab ins Ruinanstal

Der Aufstieg ist geschafft, und auf der Anhöhe wartet die Doppelleu Boxer Brauerei auf uns. Bei sechs verschiedenen Bieren, vom einfachen Draft über Red Ale, Australian Pale Ale und Belgisches Wit bis hin zu einem Citra Double Wit und einem India Pale Ale, ist für jeden Geschmack etwas dabei. Da die etwas längere Etappe uns den ganzen Alkohol hat ausschwitzen lassen, können wir hier schon wieder nach Herzenslust probieren und zum Bier auch die hervorragende Hartwurst von Schottischen Hochlandrindern des Betriebs Bio Schorta genießen.

das India Pale Ale der Doppelleu Boxer Brauerei

Ganz entspannt geht es nun die letzten Kilometer gleichmäßig bergab, bis zum Hotel Macun in Tschlin, wo nicht nur noch einmal alle Biere der Tour in Flaschen, sondern im Dorfladen Butia Tschlin auch feine lokale Lebensmittel zum Mitnehmen gekauft werden können. 100 m sind es nun noch bis zur Haltestelle des Postbusses, der die Wanderer im Halbstundentakt mit Schweizer Präzision zurück nach Scuol bringt.

Normalerweise hätte sich in Tschlin in der Mehrzweckhalle noch ein zünftiges Bierfestival angeschlossen, um die Bergbierwanderung abzurunden, aber die Corona-Auflagen ließen es dieses Jahr nicht zu.

Bergidyll pur

Die Bergbierwanderung Tschlin steht nur beispielhaft für eine ganze Reihe von schweizweit organisierten Bierwanderungen unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade, so dass auch die Bergfexe auf ihre Kosten kommen. In Tschlin gab es für Bergsteiger eine Zusatzoption, nämlich frühmorgens die Runde über den 2828 m hohen Piz Arina mit Gipfelbier und dem anschließenden Koppeln mit den anderen Bierwanderern an der Bier- und Schnaps-Station.

Die Termine der Schweizer Bierwanderungen werden üblicherweise auf der Website des Schweizer Brauereiverbands zeitgerecht bekanntgegeben, und wer lieber allein und nicht in der Gruppe gehen möchte, findet im Buch Bierwandern Schweiz von Monika Saxer eine Vielzahl von empfohlenen Routen der Kategorien „Spaziergang“, „Wanderung“ und „Bergtour“, bei denen der Biergenuss ebenfalls nicht zu kurz kommt.

Bilder

Basierend auf diesem Text erschien auch ein Artikel in der Zeitschrift Bier & Brauhaus, und die Veranstalter haben bei Youtube einen kurzen Videoclip über die Bergbierwanderung veröffentlich.

Bergbierwanderung Tschlin
Bun Tschlin
Stradun 322
7550 Scuol
Schweiz

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