Reklame?*
Ein großes Probierpaket der Brasserie 28 war mir angekündigt worden, ich möge die Biere doch einmal verkosten und sagen, was ich davon halte. Das habe ich hier auch ausführlich gemacht.
Was ich aber vorher nicht wusste, und was mich beim Auspacken des Kartons dann auch sehr überrascht hatte, war die Tatsache, dass neben den Bieren der Marke Brasserie 28 auch eine reichhaltige Auswahl von Bieren der Brauerei Birra Toccalmatto mit dazu gepackt worden war. Wie schön – neun weitere Biere, auf die ich mich freue und die ich gerne verkoste.
ein Karton von Toccalmatto
Die Erwartungshaltung ist hoch, denn die Brauerei wirbt mit einem Untertitel: „The Beer Freak Show“, und da drängt sich die Frage sofort auf, ob sie diesen mit Recht trägt.
Die Antwort kann nur in einer ausgiebigen Verkostung der neun Biere liegen. Los geht’s also.
Stria – Chiara Italiana
Fangen wir mit dem „Stria“ (4,8%) an, ein Chiara Italiana, also ein Italienisches Weißes. Leuchtend gelb und gleichmäßig trüb fließt es in das Glas und entwickelt eine üppige Menge schneeweißen Schaums. Geduld beim Einschenken ist gefragt. Fruchtige Noten (Aprikose und ein bisschen Ananas) spüre ich, dann kommt ein spritziger Antrunk, eine feine Süße und ein kräftiges Bizzeln auf der Zunge. Frisch und klar, mit nur geringer Herbe, entwickelt sich das Bier beim Schluck. Ein perfekter Durstlöscher, und als solchen habe ich dieses Bier auch während einer Bergtour nach hunderten von Höhenmetern getrunken.
Dr. Caligari – Ale Brewed with Raspberries
Ein paar hundert Meter niedriger, aber trotzdem in freier Natur auf dem Berg genossen folgt das „Dr. Caligari“ (6,3%), ein mit Himbeeren eingebrautes Ale. Eine leicht rosarote Farbe, eine leichte Trübung, ein Schaum, der sehr schnell verschwindet. Auf der Zunge kräftig säuerlich und fruchtig, die Himbeernoten sind sehr präsent. Ein bisschen bizzelig ist es, fast wie eine Fruchtlimonade. Der Abgang ist frisch, ziemlich kurz und bar jeglicher Bittere. Wer fruchtige Sauerbiere mag, ist mit diesem sehr gut bedient.
Ambrosia – Citrusy Wheat Ale
Das „Ambrosia“, ein Citrusy Wheat Ale, genieße ich am Ufer eines kleinen Bergsees. Ein leuchtend helles Gelb verleiht dem Nieselregen einen schönen Farbtupfer, der schneeweiße Schaum ist allerdings nicht sehr üppig. Feine Fruchtnoten mit leichtem Zitruscharakter umspielen die Nase, auf der Zunge ist das Bier spritzig und frisch, im Englischen gibt es dafür den Begriff „crispy“, der sich aber nicht rückübersetzen lässt, denn wer möchte schon ein knuspriges, krosses Bier? Ein bisschen Süße spüre ich noch auf der Zunge, ein paar fruchtige, retronasale Aromen, und dann zischt das Bier schön den Rachen hinunter, erfrischt und macht Lust auf den nächsten Schluck, denn ich mir angesichts von nur 4,5% Alkohol auch jederzeit gerne gönnen kann.
B Space Invader – Intergalactic Black Cascadian Incredible Pale Ale
Daheim auf dem Balkon, gleichwohl mit ähnlich guter Aussicht, kommt das „B Space Invader“ (6,3%) ins Glas, ein Intergalactic Black Cascadian Incredible Pale Ale, wie das Rückenetikett philosophiert. Sehr dunkel, fast schwarz steht es im Glas, gekrönt von einer sehr üppigen, sahnig-festen und kräftig beigefarbenen Schaumkrone, die sehr lange hält. Durch den Schaum halten sich die Aromen zunächst zurück, erst später, nach den ersten Schlucken kommen leichte Hopfennoten und etwas brenzlige Noten zum Vorschein. Der Antrunk ist kräftig, und schnell macht sich im Mund ein ordentlicher Röstmalzcharakter breit, dessen Röstbittere sich mit einer kräftigen Hopfenbittere vereint und spätestens im Schluck eine gewaltige Herbe produziert. Alles aber schön aufeinander abgestimmt. Ein ziemlich geschmacksintensives Bier, aber im Gesamteindruck nicht übertrieben.
Re Hop – Hoppy Pale Ale
Der erste Schnee ist gerade gefallen, als ich das „Re Hop“ verkoste, den Hopfenkönig. Laut Rückenetikett ein 5,0%iges Hoppy Pale Ale – eine Bezeichnung, die alles oder nichts bedeuten kann. Schön orange leuchtend steht das Bier im Glas, darüber eine dicke und weiße Schaumkrone, die vielleicht einen Hauch zu großblasig, trotzdem aber schön anzusehen ist. Vorsichtig schnuppere ich und bin begeistert. Nicht nur Fruchtnoten vom Hopfen, sondern auch estrig-fruchtige Noten, die einen ganz anderen Charakter haben, sich aber liebevoll mit den Hopfenaromen vermählen. Der erste Schluck ist weich, mit einer feinen Malzsüße, die fließend in eine kräftige, aber niemals dominierende und in ihrer Weichheit geradezu samtig wirkende Bittere übergeht. Blitzsauber im Abgang, nicht nachhängen, und der erste Gedanke, der mir dann durch den Kopf schießt: „Wow!“ Meine holde Ehefrau schließt sich nach einem Probierschluck an: „Was für ein wunderbar harmonisches Bier!“ Volltreffer!
Zona Cesarini – An Oceanic Hops Storm
„Zona Cesarini“, laut Untertitel „An Oceanic Hops Storm” ist vom Charakter her dem „Re Hop“ ähnlich – auch hier ergänzen sich estrige Noten der Hefe mit den Fruchtaromen des Hopfens, allerdings ist das Gleichgeweicht deutlich in Richtung Hopfen verschoben. Mehr Bittere, mehr Hopfenaromen, etwas robuster und kerniger der Gesamteindruck. Auch der Alkoholgehalt ist mit 6,6% spürbar höher. Metaphorisch ausgedrückt, ist das „Zona Cesarini“ der schlechter erzogene, kräftigere große Bruder des feinsinnigen „Re Hop“, aber man merkt trotzdem, dass sie Geschwister sind. Auch ein gutes Bier.
Maciste – Heroic Double India Pale Ale
Etwas weniger ausgewogen, aber immerhin in seinen Kontrasten spannend präsentiert sich das „Maciste“, ein Heroic Double IPA, benannt nach der fiktiven Filmfigur Maciste, dem heroischen Helden des Herkules, beispielsweise in Maciste und die Königin der Nacht von 1961, einem klassischen Bodybuilder- und Sandalenfilm. Die dunkelgelbe Farbe hat einen leichten Graustich, der Schaum ist nicht übermäßig üppig und zerfällt recht schnell. Das Aroma lockt mit feinen, fruchtigen und spielerischen Aromen, hinter deren lieblichen Reigen aber schon der Hopfen drohend grollt und mit leicht harzigen Noten die Harmonie stören möchte. Auf der Zunge spielt er dann gewaltig auf, prägt mit seiner Bittere dem Bier seinen Stempel auf. Der süße und volle Malzkörper versucht erfolglos, dies zu kompensieren. Im Schluck wird die Bittere dann noch einmal sehr präsent, bevor sie endlich Ruhe gibt, durchaus sauber und weich abklingt und einer leichten alkoholischen Wärme Platz macht, die von den 8,5% Alkohol stammt.
Stray Dog – No Rules Bitter
Das „Stray Dog“, laut Bezeichnung ein No Rules Bitter mit 4,2% gefällt während einer Wanderung zur Brotzeit ganz vorzüglich. Leuchtend orange im Glas kontrastiert es wunderschön mit den Grün- und Blautönen der Allgäuer Alpen im Hintergrund. Einzig der viel zu üppige Schaum und die leichte Überspundung stören. Feine Fruchtaromen, wie sie in fast jedem Toccalmatto-Bier zu finden sind, umspielen die Nase, dann kommt ein spritziger Antrunk und feine, ausgewogene, aromatisch eher neutrale Hopfenaromen. Bitter wäre zu viel gesagt, aber eine spürbare, neutrale Herbe ohne die blumigen und fruchtigen Girlanden der neuen amerikanischen Hopfen ist sehr präsent. Im Abgang dann ohne viel Federlesens sauber, klar und schnell abklingend. Ein guter Durstlöscher, gerne auch schon, wie heute, zur Frühstückspause am Berg.
Cuvée du Fou – Extra Brut India Pale Ale
Das „Cuvée du Fou“ ist das neunte und letzte Bier, das zur Verkostung ansteht. Es ist ein Extra Brut IPA mit 6,8%, also ein India Pale Ale, das mit einer besonderen Hefe, wie sie in der Art auch in Champagner eingesetzt wird, vergoren wird und damit nahezu alle Restzucker verliert, das Bier wird also extrem trocken – extra brut. In der Nase finde ich noch fruchtige und blumige Aromen, auf der Zunge wird das Bier etwas harziger und hopfiger, und erst nach dem Schluck kommen die blumigen Aromen noch einmal zum Vorschein, und zwar, wenn ich durch die Nase ausatme – retronasale Sinneseindrücke, so nennt man das. Die Farbe des Biers ist dunkelgelb bis hellorange, es ist gleichmäßig trüb und trägt einen feinen, weißen Schaum.
neun Biere gilt es zu verkosten
Neun durchweg gute bis sehr gute, teils sogar ganz vorzügliche Biere. Braukunst auf außerordentlich hohem Niveau. Aber zurück zur Ausgangsfrage: „Trägt die Brauerei ihren Untertitel ‚The Beer Freak Show‘ mit Recht?“ Na, das hängt davon ab, was man als „Beer Freak“ bezeichnet. Sind es die Brauer, die hinter den Bieren stehen und aufgrund ihrer Begeisterung für das Produkt als „Beer Freaks“ durchgehen? Dann ist eine Zurschaustellung ihrer Biere, eine Show, sicherlich eine „Beer Freak Show“.
Oder sind es die Biere selbst, die als „freakig“ gelten sollen? Dann eher nicht – denn die Biere sind zwar vorzüglich, aber „freakig“ im Sinne von alle Grenzen überschreitend und alle Konventionen sprengend sicherlich nicht. Weder sind merkwürdige Zutaten wie Spargel oder geräucherte Walhoden mit verbraut worden noch sind die Biere in ihren Parametern ungewöhnlich – keine Alkoholgehalte jenseits von 12%, keine Bitterwerte von über 100 IBU, keine Sauerbiere mit einem pH-Wert von unter vier.
„Warning: Ass-kicking Beers Inside“
Aber die Warnung auf dem Pappkarton „Warning: Ass-kicking Beers Inside“, die ist schon berechtigt. Es sind wirklich wunderbare Biere dabei.
Birra Toccalmatto S.r.l.
Via S. Michele Campagna, 22c
43 036 Fidenza PR
Italien
* Reklame? Es gibt immer wieder Diskussionen, ob die Beschreibung von Artikeln, die ich kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen habe, Reklame ist. Im Zweifelsfall sollte ein Blogbeitrag daher entsprechend gekennzeichnet werden. Ich habe das Probierpaket mit Bieren von Birra Toccalmatto von der Brasserie 28 gratis bekommen. Bei der Rezension der Biere habe ich versucht, mich davon nicht beeinflussen zu lassen.
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