Straßenbräu
Berlin
DEU

Nachtrag 18. November 2023: Zum Abschluss eines gemeinsamen Pub-Crawls möchte mir Herr P. noch eine klassische Berliner Eckkneipe zeigen, die sich von all den anderen klassischen Berliner Eckkneipen dadurch unterscheidet, dass sie ein hervorragendes und interessantes Bierangebot hat. Aber: Fehlanzeige wegen Überfüllung.

„Komm, ein Absackerbier muss aber noch sein“, sagt Herr P., und angesichts der Tatsache, dass wir beide vom Ostkreuz aus die Bahn nehmen müssen, sagen wir es fast wie aus einem Munde: Straßenbräu!

Nur gute Erinnerungen verbinde ich mit dieser Nicht-mehr-Brauerei (der Braubetrieb ist aus dem Ausschank raus verlegt worden – die Nachfrage wurde zu hoch und konnte mit der winzigen Anlage im Hinterraum nicht mehr befriedigt werden).

Doch auch hier: Es ist rappelvoll.

Immerhin … mit etwas Glück können wir uns an einen Tisch mit dazusetzen. Dem Absackerbier steht nun also nichts mehr im Weg. Beziehungsweise Plural – den Absackerbieren. Denn bei einem bleibt es mal wieder nicht.

Planhof Bahnlos & Grünhopfen Comet IPA

Das erste ist ein hervorragend kremig mit Nitro gezapftes Stout, das 5,0%ige Planhof Bahnlos. Sämig, röstig, vollmundig und aromatisch. Sehr schön! Und selbst der etwas kryptische Name geht zu später Stunde nach mehr als einem halben Dutzend Vor-Bieren durchaus flüssig über die Lippen.

Und das zweite, dann aber wirklich auch das letzte Bier für heute ist das 6,5%ige Grünhopfen Comet IPA. Sehr angenehme, komplexe Hopfenaromen, die kräuterige Elemente mit feinen Zitronen- und Blaubeeraromen verknüpfen. Dazu eine kernige, aber nicht zu dominante Bittere. Passt!

Ein gelungener Abschluss für eine doch recht bierige Tour durch Berlin!

Straßenbräu

Nachtrag 18. Mai 2023: Im Rahmen einer Berlintour mit den Schweizer Biersommeliers besuche ich heute wieder einmal das Straßenbräu. Hier empfängt uns Marco Liebig zu einer kleinen Bierprobe und zu vielen, vielen Geschichten rund um das Straßenbräu und dessen Biere.

Den Auftakt macht das taz. Panterbräu, ein Rotes Lager mit 5,5% Alkohol. Einerseits als politisches Statement, denn Marco trägt (gut so!) ein T-Shirt mit der Aufschrift „Nein zu Rassismus“, und da ist die taz natürlich genau das richtige Presseorgan, um diese Position zu verteidigen. Andererseits aber auch als Ausdruck seines Stolzes (und des der Brauerei). Ein Bier mit der und für die taz zu brauen, das ist für eine so kleine Brauerei schon etwas Besonderes.

Marco Liebig

Und das Bier transportiert nicht nur eine Botschaft, sondern es schmeckt auch! Nicht ganz so mastig und sättigend wie die Nürnberger Rotbiere, sondern ein wenig schlanker, ein wenig durchtrinkbarer. Trotzdem aber mit einer schönen, brotigen Sensorik. Guter Auftakt!

Weiter geht’s mit einem Witbier, in das der Seba, der Brauer vom Straßenbräu, extra großzügig Koriander und Orangenschale eingebracht hat. Kräftig schlagen die Aromen durch und machen das Bier wuchtiger, als es ob seiner nur 4,7% wirken sollte. Aber fast ist es des Guten schon zu viel, den die Koriandersamen geben schon einen dezent seifigen Touch. Etwas weniger wäre in diesem Fall deutlich mehr gewesen.

Marco erzählt und erzählt – er ist voll in seinem Element. Nur mit Mühe können wir seinen Redefluss unterbrechen und ihm ein kleines Mitbringsel überreichen – eine Flasche Imperial IPA der Braukunst Bern. Es soll ja eigentlich ein Geschenk an ihn sein, dafür, dass er sich mit uns so viel Mühe macht und sich die Zeit nimmt, mit uns ein paar Biere zu verkosten. Aber er hat ein großes Herz, und so ist ruckzuck der Korken entfernt, und jeder von uns bekommt einen kleinen Schluck des zwölfprozentigen Hammerbiers. Geteilte Freude ist doppelte Freude. Beziehungsweise im heutigen Fall sogar zwölffache Freude!

Straßenbräu taz. Panterbräu; Straßenbräu Witbier; Braukunst Bern Imperial IPA

Und weil es gerade so schön ist mit dem Flaschenteilen, kramt Marco aus seinem eigenen Fundus zwei Flaschen recht lange gelagertes, neuneinhalbprozentiges Duvel Tripel Hop Citra hervor: „Da testen wir jetzt mal die dezenten Alterungsaromen!“ Hochinteressant, auch wenn es vielleicht nicht für Begeisterungsstürme sorgt, ist das Bier allemal – es ist immer wieder spannend, zu verkosten, wie sich ein Bier über die Jahre entwickelt.

„Eigentlich habe ich überhaupt keine Zeit, ich muss dringend weg. Aber ein Bier schaffen wir noch zusammen.“ Marco ist hin- und hergerissen zwischen uns und seinem Termin. Eine weitere Rarität kommt auf den Tisch, und zwar eine Flasche Eni, einem 7,5%igen Kirsch Oud Bruin der Brauerei Flügge. Eine Rarität deswegen, weil Flügge vor einigen Wochen den Braubetrieb eingestellt und das Sudwerk sogar schon verkauft hat. Es ist schade um jede Brauerei, die schließt, auch wenn ich ehrlich sein muss und feststelle, dass mich persönlich die Flügge-Biere „nicht abgeholt haben“, wie man es neuerdings ja ausdrückt.

Egal, dieses hier ist gar nicht mal so schlecht, und im Bewusstsein, hier schon einen Schluck Biergeschichte im Glas zu haben, genießen wir es doppelt.

Duvel Tripel Hop Citra; Flügge Eni Kirsch Oud Bruin; Straßenbräu Tap Daddy Purple

Jetzt muss Marco aber wirklich los, und wir haben jetzt die Chance, für uns allein aus der umfangreichen Bierliste auszuwählen. Die Neugier auf Exotisches treibt mich, und ich wähle das Tap Daddy Purple, ein Grape Sour mit Vanille. Fünf Prozent Alkohol, aus dem Hause Straßenbräu, und mit seiner leuchtend violetten Farbe etwas ganz Anderes.

Spannend schmeckt es. Die Trauben bringen ein Aroma hinein, das uns an von der Sonne beschienenes Bauholz erinnert. Im Hintergrund ein wenig Vanille, und dazu eine feine Säure. Ziemlich komplex, das Ganze!

Mit diesem Bier endet heute allerdings auch unser Besuch – es gibt weitere Programmpunkte, und die dürfen wir nicht verpassen!

Straßenbräu

Es ist Berlin Beer Week 2021, und ich befinde mich auf einer todlangweiligen Konferenz in einem heruntergerockten Tagungshotel am Müggelsee. Fünf Tage lang bin ich hier mehr oder weniger gefangen; zusätzlich zu den eigentlichen Tagungsinhalten findet hier jeden Abend ein Pflicht-Bespaßungsprogramm statt, das in der eigenartigen Wahrnehmung organisiert wird, dass ich meine Tagungskollegen und -kolleginnen am liebsten auch in meiner Freizeit um mich haben möchte.

Was für ein Frust.

Aber dann bietet sich am 9. September 2021 doch eine Gelegenheit, dem „Hotelgefängnis“ zu entkommen – urplötzlich sind Spätnachmittag und Abend veranstaltungsfrei!

Der schlaglochübersäte Waldweg bringt mich zum Bus, dieser zur S-Bahn, und die wiederum zum Ostkreuz. Jetzt sind es noch drei Minuten zu Fuß, und ich stehe vor dem Straßenbräu, vor einer der zugegebenermaßen im Vergleich zur Hamburg Beer Week nicht ganz so zahlreichen Adressen der Berlin Beer Week 2021.

Straßenbräu

2015 hat diese kleine Bar eröffnet. Zehn Zapfhähne und eine kleine Brauanlage, die hinten in den Schankraum integriert war. Fast sechs Jahre ist das jetzt her – sechs Jahre, in denen ich hier immer mal wieder vorbeischauen wollte, es aber nie geschafft habe. Jetzt ist es in gewisser Hinsicht fast schon wieder zu spät, denn die Brauanlage ist stillgelegt worden – man braut jetzt in Berlin Marzahn, weil das winzige Sudwerk angesichts der hohen Nachfrage völlig überlastet war. Opfer des eigenen Erfolgs, gewissermaßen.

Natürlich gibt es unverändert die eigenen Straßenbräu-Sude und daneben zahlreiche andere interessante Biere. Und heute anlässlich der Beer Week zusätzlich auch noch ein paar Biere von Kleinbrauern aus Schweden.

Lutz, Volker, Frank & Gine

Ich stehe noch vor der Bar und fotografiere das Firmenschild, als mich jemand in die Seite knufft: „Ej, Volker, was machst Du denn hier?“ Freunde aus Hannover sind’s, Frank und Gine, die sich spontan zur Beer Week aufgemacht haben und vor wenigen Minuten erst hier im Straßenbräu angekommen sind. Im Schlepptau noch einen weiteren Bierliebhaber, Lutz, der auch immer mit dabei ist, wenn es in Berlin gutes Bier gibt. Was für eine schöne Überraschung.

Nach der langen Juckelei bis hierher habe ich erstmal großen Durst. „Gibt’s was relativ Leichtes und vor allem Durchtrinkbares?“ Die junge Dame im Service empfiehlt das Endless Summer Pale Ale mit 5,0% Alkohol, und die Empfehlung erweist sich als perfekt. Frisch, fruchtig-aromatisch, nicht zu intensiv – ein sehr schönes Bier mit viel Geschmack und trotzdem für den großen Schluck. Ein guter Auftakt.

Endless Summer Pale Ale

Aber jetzt wird’s kompliziert. „Wenn Ihr noch was von dieser Bierkarte wollt, müsst Ihr Euch beeilen“, heißt es. „Gleich hängen wir ein paar andere Fässer an die Hähne, ich bringe Euch dann einen neuen Zettel!“

Schwierig, die Übersicht zu behalten: Alte Karte, neue Karte, Tafel hinter der Theke …

Okaaay … Schnell also was aus der aktuellen Karte ausgesucht, und ruckzuck kommt das Bierbrettchen mit vier Probiergläsern. Ein sehr schönes Double Dry Hopped Pale Ale vom Straßenbräu, gewissermaßen der große Bruder vom Endless Summer. Etwas hopfiger, etwas alkoholstärker (5,5%). Aber auch sehr gut durchtrinkbar. Dann ein American Pale Ale namens Hyllipan der schwedischen Hyllie Bryggeri. Noch mal etwas stärker (6,5%), noch mal etwas kräftiger in der Sensorik. Immer noch fein. Insgesamt waren das jetzt also schon mal drei gute Sommerbiere zum Auftakt.

Jetzt wird es aber etwas komplexer. Ich bleibe bei der Hyllie Bryggeri und genieße das Bier namens „Rauchmärzen – Coolest German Word Ever“. Feine Rauchnoten, aber nicht zu aufdringlich. Und vor allem sauber. Holzbasierter Rauch. Keine Teernoten, kein Eindruck eines Kabelbrandes im Sudhaus, sondern fein ausbalancierter, angenehmer Rauch. Mit 5,0% auch nicht zu stark. Schön, zu sehen, dass in Schweden auch hervorragendes Rauchbier gebraut wird – nicht nur in Franken.

Double Dry Hopped Pale Ale, Hyllipan, Rauchmärzen – Coolest German Word Ever, Houp

Das vierte und letzte Bier auf diesem Brettchen ist das Flagship-Bier der Berlin Beer Week 2021: Houp. Gebraut in der Brauerei Berliner Berg. Ein Hazy India Pale Ale mit 6,5% Alkohol. Solide und ordentlich ist es, aber es wirkt etwas graustichig, und so, wie es aussieht, schmeckt es auch: Eher unauffällig. Die graue Maus unter den bisher servierten Pale Ales. Es fehlt das i-Tüpfelchen Frische. Kein schlechtes Bier, das nicht, aber unter den gerade vor mir stehenden halt das am wenigsten Herausstechende. Aber gut – es kann nicht immer auf 4-Sterne-Niveau weitergehen …

Letzteres beweist das nächste Testbrett. Vier andere Biere. Diesmal erreicht keines die 4-Sterne-Ebene. Das Stralauer Pils vom Straßenbräu mit 5,0% ist grundsolide, mehr aber auch nicht. Gleiches gilt für das 6,5%ige Staycation Hazy IPA, ebenfalls von den Hausherren. Das 4,8%ige Helle, das Heimway, überzeugt sogar in erster Linie nur durch seinen originellen Namen, leider nicht durch seine Frische. Ein bisschen zu dumpf, zu erdig wirkt es für ein Helles. Es sollte doch ein unauffälliges, harmonisches Durchtrinkbier sein, wenn es seinem Stil gerecht werden soll – aber dazu ist es nicht ausgewogen genug. Ach, egal, einen Ausreißer kann ich verzeihen.

Stralauer Pils, Staycation Hazy IPA, Heimway Helles, Better Late Than Never

Das vierte und letzte Bier ist das Better Late Than Never, ein 6,8%iges New England IPA der schwedischen Brauerei Beerbliotek, von der ich bisher nur extrem schwere Barrel Aged Biere kenne. Das NEIPA ist sehr solide, aber auch hier sehe ich einen leichten Graustich, der die optische Qualität ein kleines bisschen beeinträchtigt.

Neun interessante Biere, eigentlich habe ich jetzt genug. Noch ein bisschen sitzen und erzählen, die angenehme Atmosphäre genießen. Aber es kommt, wie es immer kommt, wenn man zu mehreren unterwegs ist: „Ein Probierbrett geht noch, oder?“

„Nee, eigentlich reicht es.“

„Ach, komm, stell‘ Dich nicht so an!“

Also doch: Eins geht noch. Diesmal ein rein schwedisches. Und eines, bei dem ich definitiv nicht in der Reihenfolge trinke, in der die Biere vor mir stehen.

Black Sheep, Donker och Ved Cognac Barrel Aged Imperial Stout, Saison Cinq Episode Deux, Salt & Pepper Gose

Den Anfang macht eine 4,2%ige Gose namens Salt & Pepper der Brauerei Brekeriet. Erfrischend, vielleicht etwas saurer als es sein müsste. Aber okay. Dann kommt ein dunkles Lager, das Black Sheep der Hyllie Bryggeri. 6,0%, was für diesen Bierstil überraschend kräftig ist. Es bleibt trotzdem ein bisschen nichtssagend. Gut, um es nebenher wegzutrinken und sich weiter fröhlich zu unterhalten.

Aud der Beerbliotek stammen die beiden nächsten Biere. Zunächst das Saison Cinq Episode Deux mit 6,2%. Die für ein Saison typischen phenolischen Aromen der Hefe kommen gut raus, sind vielleicht fast schon zu intensiv. Ein interessantes Bier. Und dann der Killer für den heutigen Abend. Zu trinken im Bewusstsein, dass danach wirklich nichts mehr kommt. Nichts mehr kommen darf. Das Donker och Ved ist ein Cognac Barrel Aged Imperial Stout mit sage und schreibe 11,5% Alkohol. Die röstigen und malzigen Aromen des Imperial Stout sind wunderbar präsent und sie werden in eindrucksvoller Weise von den Cognac-Aromen des Fasses ergänzt und verstärkt. Das Bier ist eine Wucht, aber es ist nur in winzigen, geradezu homöopathischen Mengen zu genießen. Schlückchen für Schlückchen.

So geleitet es uns aus dem heutigen Nachmittag und Abend heraus. Es gibt noch so viel zu erzählen, und dabei stellt sich dann heraus, wie lang man sich wirklich an 100 ml eines Probierbiers entlanghangeln kann. Seeehr lang!

eine sympathische kleine Bierbar

Ein schöner Besuch in einer sympathischen kleinen Bierbar mit sehr freundlichem Personal. Die heute im Rahmen der Schweden-Aktion angebotenen Biere waren interessant, die parallel dazu an einem kleinen Pop-up-Stand neben der Theke verkauften Hot-Dogs waren fein. Schön!

Die Bierbar Straßenbräu, die bis vor anderthalb Jahren auch noch vor Ort gebraut hat und ihre eigenen Biere nun in Marzahn siedet, ist jeden Tag ab 12:00 Uhr geöffnet. Kein Ruhetag. Vom Bahnhof Ostkreuz, wo S-Bahn, Busse und selbst die Fernbahn halten, sind es drei Minuten zu Fuß in nördlicher Richtung, bis man vor dem Eingang der Bar steht.

Bildergalerie

Straßenbräu
Neue Bahnhofstraße 30
10 245 Berlin
Berlin
Deutschland

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