Ein paar Wochen ist es erst her, dass ich überraschend ein Verkostungspaket der Lillebräu aus Kiel zugeschickt bekommen habe. „Wir sind eine kleine Brauerei aus dem Herzen Kiels“, hieß es in einem netten Begleitschreiben, und ich habe die Biere gerne verkostet und ein paar Worte dazu geschrieben. Und dabei nachgedacht. Zum Beispiel darüber, wie weit es von Sonthofen bis Kiel ist, und wann es mir wohl vergönnt sein würde, mal bis in den hohen Norden zu kommen und mir die Lillebräu vor Ort anzuschauen.
Plötzlich ging es ganz schnell: „Mama, Papa, wir heiraten, und zwar in Dänemark!“
In Windeseile wurde die Reise geplant und organisiert, und heute sitzen wir im Zug nach Kiel. Dort eine Zwischenübernachtung, und weiter geht’s morgen früh. Im Hotel werden wir begrüßt mit einer Freikarte für den Kieler ÖPNV, und kaum waren die Koffer aufs Zimmer gebracht, waren wir auch schon wieder mit dem Bus unterwegs in Richtung Lillebräu.
lille brauerei. kiel.
Unter einem großen Schild mit dem Schriftzug „lille brauerei. kiel.“ laufen wir durch eine lange Einfahrt und kommen zur großen Halle im Hinterhof. Hinter einem großen Rolltor sehen wir schon das Sudwerk und rechter Hand davon den Taproom. Vor dem Tor stehen ein paar Foodtrucks, und überall Bierbänke und -tische. Draußen, drinnen, vor der Bar, zwischen den Sudkesseln, hinter den Lagertanks – Sitzmöglichkeiten überall, und somit auch die Möglichkeit, mit einem frisch gezapften Bier in der Hand durch das Sudhaus zu flanieren und eine Brauereibesichtigung auf eigene Faust zu machen.
„Erstmal hinsetzen und ein Zischbier trinken!“ Meine holde Ehefrau und ich sind uns einig. Nach einer so langen Tour längs durch Deutschland haben wir uns eine kleine Pause verdient. Wir nehmen vor einem der Sudkessel Platz und warten. Um Gedränge und Infektionsdruck am Tresen zu vermeiden, wird an den Plätzen bedient, aber die jungen Damen und Herren, die hier als Aushilfen arbeiten, haben den Prozess nicht so richtig im Griff. Ungeheuer fleißig flitzen sie zwischen den Tischen hin und her, aber effizient ist das alles nicht wirklich.
lager & weizen
So ist dann unsere „kleine Pause“ zu einer großen herangewachsen, bis wir endlich unsere ersten Biere bekommen. Die aber versöhnen uns rasch. Das lager (so wie alle anderen Biere hier klein geschrieben) mit 5,7% Alkohol ist hopfenwürzig, frisch und hervorragend durchtrinkbar, das weizen mit 4,9% schön aromatisch und spritzig.
Ruckzuck sind die Gläser leer, und wir bestellen die zweite Runde. Jetzt scheiden sich allerdings die Geister. Das helle mit 5,1% wirkt leider etwas muffig und dumpf, das pale ale mit ebenfalls 5,1% hingegen fruchtig, frisch und knackig herb. Es kommt, wie es kommen muss: Meine Frau entwindet mir mein pale ale und schiebt stattdessen ihr helles zu mir herüber. „Wir tauschen!“, heißt es kurz und knapp, und am Tonfall merke ich, dass Widerspruch zwecklos ist.
zwölf Zapfhähne
Nun gut, gänzlich untrinkbar ist das helle ja nicht, es ist halt nur deutlich schlechter als die anderen drei Biere.
Ich nehme mir mein Glas und wandere einmal durch das Sudhaus. Die schlichten und zweckmäßigen Edelstahlgeräte sind mit 30 hl deutlich größer als ich das vorher erwartet hätte, und auch die langen Reihen der Lagertanks zeigen, dass man hier von Anfang an mit dem Ziel einer recht großen Produktion ordentliches Geld investiert hat.
das Sudwerk
Ein paar Minuten und viele Fotos später kehre ich an unseren Platz zurück; meine Frau hat am Streetfoodstand mittlerweile ein paar deftige und vor allem nahrhafte Kleinigkeiten besorgt. Eine gute Grundlage für den weiteren Biergenuss.
Das pilsener ist mit seinen 5,0% Alkohol ein feines, schön herbes Trinkerlebnis und erlaubt große und gierige Schlucke, das 7,0%ige stout gefällt mit schönen Röstaromen, die mild daherkommen. Es weist keinerlei Kratzigkeit auf, was für sorgfältige Auswahl der Rohstoffe (vermutlich entspelztes Röstmalz) spricht.
pilsener & stout
Zufrieden verhocken wir hier den ganzen Abend und schauen irgendwann erschrocken auf die Uhr: Wann fährt eigentlich der letzte Bus? Eine Flasche Frühlingsbock nehmen wir uns noch mit, als Betthupferl im Hotel, und dann machen wir uns auf den Weg zurück. Der Biergarten liegt mittlerweile schon verlassen da; der kleine Container mit dem Lillebräu-Souvenirverkauf ist geschlossen. Feierabend für heute.
Und als kleiner Nachtrag: Der 6,5%ige Frühlingsbock schmeckt auch heute, im frühen Herbst und auf dem Hotelzimmer, noch ganz vorzüglich und verleiht uns genau die richtige Bettschwere, um nach diesem langen Tag in Morpheus Arme zu sinken.
Die im Dezember 2018 eröffnete Brauerei Lillebräu hat ihren Taproom unmittelbar im Sudhaus, so dass man beim Trinken vor Ort automatisch auch die Brauerei erkunden kann. An zwölf Zapfhähnen werden donnerstags bis sonnabends ab 17:00 Uhr die Biere der Brauerei angeboten. Mit dem Bus fährt man bis zur Haltestelle Eichhofstraße und ist dann nach wenigen Schritten am der Einfahrt, die zum Sudhaus führt.
Lillebräu
Eichkamp 9c
24 116 Kiel
Schleswig-Holstein
Deutschland
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