Lange ist es her, dass ich meinen lieben Freund Dominik Ahmidou-Fendt, den Biersommelier aus Dornbirn in Vorarlberg, das letzte Mal persönlich getroffen habe. Obwohl uns nur ein paar Dutzend Kilometer trennen, hat es die Pandemie für viele Monate geschafft, ein Treffen zu verhindern.
Heute aber, am 22. Januar 2022, standen die Zeichen gut. Innerhalb weniger Tage ist es uns gelungen, mit mehreren Freunden ein gemeinsames Treffen in Langenargen im weltbesten Bierladen KommproBier zu organisieren, ein Treffen der außergewöhnlichen Bierliebhaber, wie es im Vorfeld scherzhaft genannt wurde.
Bevor wir aber gemeinsam vom Hotel zum KommproBier hinüberlaufen, treffen Dominik und ich uns noch kurz in der Tiefgarage. Im Halbdunkel öffnen wir den Kofferraum und unsere Taschen, und in einer Szenerie, die einem konspirativen Schwarzhandel gut zu Gesichte stünde, tauschen wir ein paar feine Biere aus. Für Dominik habe ich ein paar gesammelte Werke von meinen – wenigen! – Reisen der letzten Wochen, und er überreicht mir eine stabile Papiertüte mit zwei besonderen österreichischen Bieren.
Sorgfältig verstauen wir unsere „Beute“, und gemeinsam freuen wir uns darauf, in den nächsten Tagen unsere Verkostungsnotizen auszutauschen.
Verkostungsnotizen
Shilling & Loncium – Rogg’n Roll (5,4%)
Ein Collaboration-Brew ist dieses Bier, also Ergebnis einer Zusammenarbeit zweier österreichischer Brauereien: Die Brauerei Shilling aus Untertweng bei Radenthein in den Kärtner Nockbergen und die Biermanufaktur Loncium aus Kötschach-Mauthen haben „im Zeichen der Freundschaft dieses Bier kreiert“, wie das Etikett verrät. Und ich muss sagen: Mir gefällt’s!
Das Bier hat eine ansprechende, goldgelbe Farbe mit einer leichten Trübung; schade nur, dass der Schaum zu wünschen übrig lässt – nur ganz wenig, und das Wenige zerfällt auch noch rasch. Der Duft ist angenehm fruchtig mit feinen Aprikosennoten. Überraschenderweise kann ich den verbrauten Roggen nicht rausriechen; brotige Noten finde ich nicht. Der Antrunk ist sämig, ziemlich viskos. Fruchtig mit intensiven Aprikosennoten fließt das Bier auf die Zunge und macht sich retronasal ganz schön dicke. Bittere spüre ich zu diesem Zeitpunkt kaum. Der Schluck ist weich, ebenfalls ein wenig viskos, und er verstärkt die kräftigen Fruchtnoten noch einmal. Und dann, ganz am Ende, dann ist auch noch ein wenig Hopfenherbe zu spüren. Aber erst dann, und auch nur ganz leicht.
Hops&Malt – Gigantor – Barrel Aged Weizen Doppelbock (9,5%)
Hops&Malt, dieser wunderbare Bierladen in Dornbirn und Bregenz, dessen Niederlassung in Bregenz wir schon einmal besucht und bewundert haben und dessen Schreibweise mich ganz narrisch macht: Hops&Malt oder Hops & Malt oder hops&malt oder hops & malt – ich habe alles schon gefunden und gesehen. Dieser wunderbare Bierladen jedenfalls gibt immer mal wieder ganz besondere Biere heraus, Biere, die nur für diesen Laden gebraut und gelagert worden sind, und die vor geschmacklicher Wucht nur so strotzen. Hier und heute also den fassgelagerten Weizendoppelbock mit dem eindrucksvollen Namen Gigantor.
Ganz dunkelbraun ist die Farbe, fast schon blickdicht wird das Bier im breiten Teku-Pokal. Der Schaum entfaltet sich sehr schön – beigefarben und feinporig-kremig thront er ansehnlich auf dem Bier. Die Nase erfasst ein paar säuerliche Akzente, ein paar luftige Vanillenoten und ein kräftiges, fruchtiges Rumaroma. Dann kommt der Antrunk. Ein bisschen säuerlich an der Zungenspitze, ein feines Bizzeln der Kohlensäure, und dann ein süßsäuerliches Feuerwerk auf der ganzen Breite der Zunge. Leicht holzige (aber überhaupt nicht adstringierende) Aromen, ein bisschen Vanille, viele dunkle Früchte – alles zusammen erinnert an den selbstgemachten Rumtopf, der im Keller des Elternhauses früher im Winter vor sich hin reifte und immer viel zu früh getrunken wurde – gerade so früh, dass es beim letzten Schluck hieß: „Jetzt ist er genau richtig!“ Die feine Säure balanciert das retronasale Aromenspektakel ein bisschen aus und verhindert, dass die Süße und die Fruchtigkeit zu klebrig werden. Trotzdem haftet die Süße nach dem Schluck noch eine Weile, kabbelt sich ein bisschen mit leichten Holznoten, bis die Säure dann alles einfach wegwäscht und nur noch eine wunderbare Erinnerung an dieses komplexe Geschmackerlebnis übrigbleibt. Wunderbar!
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