Der Tauschhandel blüht (29)
Sonthofen
DEU

Es geht nichts über gute Kollegen am Arbeitsplatz!

Hat der liebe Herr G. vielleicht ein schlechtes Gewissen? Verstehen könnte ich es ja: Da habe ich ihm doch letzte Woche ganz spontan ein paar Flaschen Bier in die Hand gedrückt. Völlig ohne Anlass, einfach nur so. Und er hat ganz erstaunt gekuckt und mir heute, drei Tage später, zwei Flaschen Stout mitgebracht, ein irisches und ein fränkisches.

Andererseits: Schlechtes Gewissen? Nee, das ist ihm bestimmt fremd. Dazu ist er zu sehr Sonnyboy.

Tja.

Eigentlich ist es aber egal. Ich habe mich über die beiden Flaschen gefreut, er hat sich gefreut, dass ich mich gefreut habe, und dann habe ich mich wiederum über seine Freude gefreut. Und schon sind alle küchenpsychologischen Überlegungen zu schlechtem oder gutem Gewissen völlig obsolet. Schön, solche Kollegen zu haben!

Verkostungsnotizen

Brauerei Kundmüller / Cervejaria Bamberg – Weiherer Zapfenduster – Imperial Stout (8,5%)

Ein fränkisch-brasilianisches Meisterwerk. Roland Kundmüller von der fränkischen Brauerei Kundmüller (die, die das Weiherer Bier herstellt) und Alexandre Bazzo von der brasilianischen Brauerei Cervejaria Bamberg haben sich 2020 gemeinsam in Weiher an die Braukessel gestellt und anlässlich der Internationalen Woche des Landkreises Bamberg dieses Imperial Stout entworfen. Damit haben sie sofort einen großen Wurf gemacht – noch im gleichen Jahr holten sie beim Meiningers Craft Beer Award eine Goldmedaille für dieses Bier.

Zapfenduster. Eigentlich würde ich als Norddeutscher ja zappenduster sagen, aber egal: Der Name ist Programm. Das Bier ist tiefschwarz und ziemlich blickdicht, so dass ich beim Einschenken ganz genau hinsehen muss, um feststellen zu können, dass es nicht gefiltert, sondern trüb ist. Der Schaum hält sich sehr zurück, bildet nur eine dünne, dunkelbeigefarbene Schicht, die dann recht rasch zerfällt. Aber der Duft! Eine feine, malzige und röstige Note mit ein paar dezenten Lakritzaromen, etwas Bitterschokolade, einem Hauch Kaffee, ein bisschen Mokka, und, und, und … Ich könnte mir die Nase wundriechen und immer noch ein paar mehr feine Noten im Hintergrund erschnuppern. Der leicht sämige, fast schon viskose Antrunk leitet über zu einer dichten Sensorik auf der Zunge. Ein kräftiger Malzkörper, sehr voll und solide, aber nicht klebrig-pappig oder zuckrig, sondern angenehm süß. Begleitet von einer deutlichen Röstbittere. Und darüber entfalten sich wieder – nun retronasal – die ganzen Aromen, die ich eben schon erschnuppert habe. Malz, Mokka, Kakao, Bitterschokolade, Kaffee, Lakritze, Süßholz … Das Feuerwerk mag kein Ende nehmen. Und ich mag kaum schlucken, habe Angst, dass das Feuerwerk dann schlagartig zu Ende geht. Aber weit gefehlt. Nach dem Schluck geht’s noch ein Weilchen weiter. Während die Bittere im Rachen deutlich spürbar ist und sich eine feine alkoholische Wärme angenehm ausbreitet, kommen die kaffee- und mokkaartigen Aromanoten noch einmal wunderbar zur Geltung. Ganz langsam nur klingen sie ab und geben mir rechtzeitig Gelegenheit, einen weiteren kleinen Schluck zu nehmen und alle Eindrücke wieder aufzufrischen. Großes Sensorik-Kino!

O’Hara‘s – Irish Stout (4,3%)

Es gibt Feinschmecker, die sagen, dass O’Hara’s der ewige Rivale zu Guinness ist. Aber eben auch der ewige Zweite. Fakt ist, es ist ein echtes Irish Stout, das da vor mir steht, und ich gehe jetzt einfach mal vorurteilsfrei dran, schmecke mich durch und achte auf die Unterschiede.

Ganz, ganz dunkelbraun (oder doch schon schwarz?) fließt das Bier ins Glas, und nur gegen das Licht kann man erkennen, dass es klar ist. Im Glas ist es blickdicht, und ob trübe oder nicht bliebe eine offene Frage. Der Schaum ist leicht beigefarben und recht stabil, aber im Vergleich zum großen Konkurrenten Guinness fehlt es ihm ein bisschen an Kremigkeit. Der Duft ist intensiv röstig mit feinen Kaffeearomen. Der Antrunk ist überraschend weich, aber in dem Moment, in dem das Bier auf die Zunge kommt, wird eine sehr kräftige Röstbittere spürbar. Ein nur dezent süßer Malzkörper hält sich demgegenüber sehr zurück. Die retronasal ebenso deutlich wie orthonasal zu spürenden Röst- und Kaffeearomen harmonieren hervorragend mit der Röstbittere. Schön! Der Schluck setzt die sensorischen Eindrücke weiter fort, vermag aber keine neuen Akzente mehr zu setzen.

Und wie lautet das Fazit im Vergleich zum Guinness? Milder, weicher, runder, etwas süßer, weniger bitter und ein nicht ganz so kremiger Schaum. Besser oder schlechter? Ich weiß es nicht. Anders!


Weitere Berichte über den Tauschhandel am Arbeitsplatz sind von hier aus erreichbar.

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