Broken City Brewing
Lugano
CHE

Broken City Brewing ist eine kleine Brauerei in Lugano, die 2016 gegründet wurde. Ihre selbstgegebene Mission lautet, die Übermacht der kommerziellen Biere zu brechen und gegen das industrielle Bierkartell in der Schweiz aufzubegehren.

Letzteres hat von 1935 bis 1991 den Biermarkt der Schweiz unter den verschiedenen Playern aufgeteilt und durch die resultierende Quasi-Monopolstellung in den einzelnen Regionen nicht nur zu bedauernswerter Langeweile im Bierangebot, sondern sicherlich auch zu einem erhöhten Preisniveau geführt. Formal ist das Bierkartell zwar seit über 30 Jahren Geschichte, seine Auswirkungen sind aber in Teilen bis heute zu spüren, und der Markt wird trotz beeindruckend vieler Brauerei-Neugründungen immer noch von den üblichen Verdächtigen, also den Industrie- und Großbrauereien dominiert, allen voran den globalen Playern Carlsberg und Heineken.

Um so schöner ist es, zu sehen, dass zunehmend mehr kleine und unabhängige Brauereien entstehen, die nicht nur langweiliges Lagerbier auf den Markt bringen, sondern spannende, exotische Bierspezialitäten. Im Fall der Broken City Brewing insbesondere Biere, die „in erster Linie uns selbst schmecken sollen“, wie uns Brauer Rodrigo Silva uns gleich beim Betreten des Sudhauses erklärt.

Fachsimpelei zwischen den Sudkesseln und Lagertanks

Wir stehen zwischen den Sudkesseln und lauschen, was uns der junge Brauer alles zu berichten weiß. Etwas über fünf Hektoliter könne er maximal pro Sud aus den Kesseln herausholen, erklärt er und deutet auf die Lagertanks an der anderen Seite: „Die werden also jeweils mit einem Doppelsud gefüllt. Zehn Hektoliter, tausend Liter.“

„Aber“, so fährt er fort, „bedient Euch doch erstmal, sonst ist so eine Brauereibesichtigung doch viel zu trocken!“ Auf einem Tisch stehen zwei Dutzend schwarze Bierdosen mit einem stilisierten Wappen auf dem Etikett. Tóla – Organic Helles Lager. Ein schönes, 4,8%iges Trinkbier gegen den ersten Durst, stellen wir fest. Aus Sicherheitsgründen zwar nur im Plastikbecher (oder wahlweise direkt aus der Dose), aber für den Moment ist es schon okay.

Wir fachsimpeln eine Weile mit Rodrigo, und als dann wirklich alle, auch die dümmsten und detailliertesten Fragen beantwortet sind, gehen wir die Außentreppe hoch in den Taproom, vorbei an einem mit Biergartengarnituren und Europaletten ausgestatteten Freisitz. Hier oben verwöhnen uns Rodrigo und sein Partner Fabio Colombo mit zahlreichen verschiedenen Bieren aus dem Fass oder aus der Dose, und damit das alles nicht so ohne Grundlage gehen muss, haben sie ein beeindruckendes Buffet aufgebaut: Feine Wurst- und Käsespezialitäten, Pickles, Avocado-Mus, Hummus und frisches, knuspriges Brot.

zum Bier gibt es ein beeindruckendes Buffet

Wir schlemmen nach Herzenslust und arbeiten uns langsam, ohne Hast durch das bierige Angebot:

  • Japanese Lager (Fass) 3,8%
  • American Pilsner (Fass) 5,0%
  • Hoppy Table Saison (Fass) 4,0%
  • Basil Lemon Gose (Fass) 4,8%
  • Very Trapped in the Trap – Festbier (Fass) 5,8%
  • LVGA Pale Ale (Dose) 4,5%
  • New England IPA (Fass) 6,0%
  • Coffee DIPA – Masaba Coffee, Cocoa, Lactose (Fass) 8,5%
  • Reset My Heart – Imperial Stout with Masaba Coffee, Cacao Nibs, Vanilla and Cinnamon (Dose) 8,0%

Während wir so vor uns hin verkosten, verstreicht der Nachmittag fast unbemerkt. Langsam wird es Zeit, wieder aufzubrechen und die netten Gespräche mit Rodrigo und Fabio abzubrechen. Einschließlich des Tóla im Sudhaus haben wir zehn verschiedene Biere probieren können, eine tolle Ausbeute.

Wir steigen in unseren Bus, und gerade als wir alle Platz genommen haben, kommt Rodrigo noch mit einer Palette voller Bierdosen angeflitzt: „Dieses hier habt Ihr ja gar nicht probiert!“

Das darf natürlich nicht sein! Er drückt jedem von uns eine Dose Mexican Chocolate Stout in die Hand und stellt fest, dass wir dann daheim eine schöne Erinnerung an diesen Brauereibesuch hätten. Auch nicht schlecht!

Ein sehr netter und liebevoll begleiteter Brauereibesuch, wie allein schon diese letzte freundliche Geste mit dem „verpassten“ Bier zeigt.

Der Taproom der Brauerei Broken City Brewing ist donnerstags und freitags von 16:00 bis 20:00 Uhr geöffnet; nach Absprache für Gruppen natürlich auch zu anderen Zeiten. Zu erreichen ist die Brauerei durchaus komfortabel mit dem Linienbus, Linie 19, Haltestelle Davesco, Ponte di Valle. Von dort sind’s keine zwei Minuten zu Fuß. Kommt man mit dem Auto, weil man einen Großeinkauf machen möchte, kann man direkt vor der Brauerei parken.

Broken City Brewing Co.
Strada Ponte di Valle 4
6964 Lugano
Schweiz

Bildergalerie

Post scriptum: Ein paar Wochen später habe ich die Dose, die uns freundlicherweise in den Bus gereicht worden war, nachträglich verkostet und ein paar genauere Notizen dazu gemacht.

Verkostungsnotiz

Mexican Chocolate Stout with Ancho, Guajillo, Habanero, Cacao Nibs, and Cinnamon (6,5%)

Dick und fett und schwarz und viskos fließt das Bier aus der Dose ins Glas. Hätte ich angesichts des eher niedrigen Alkoholgehalts so gar nicht erwartet! Es scheint trüb zu sein, aber so richtig erkennen kann ich das angesichts der tiefschwarzen Farbe nicht. Aber da die Broken City Brewing meines Wissens sowieso nicht filtriert, wird es schon so sein. Viel Schaum bildet sich nicht, und das bisschen fällt auch rasch zusammen. Der Duft wird geprägt von viel Röstaromen mit Schokoladen, Kakao- und leichten Mokkanoten, die sich mit einer feinen aromatisch-süß-pfeffrigen Komponente paaren. Kommt bestimmt von den zugegebenen Chilis der Sorten Ancho, Guajillo und Habanero. Insofern befürchte ich für den Antrunk Schlimmstes. Da werde ich aber positiv enttäuscht. Statt gewaltiger Schärfe nur ein feines, aromatisches Brennen, das sich auch auf der Zunge recht sanft fortsetzt. Der dicke und recht süße Malzkörper und die Kakao- und Zimtzusätze scheinen sich hier durchaus auch mildernd auszuwirken. Kaum Bittere an den Zungenrändern, eine angenehme Wärme auf der Zunge, eine schöne Süße und röstige, bitterschokoladige Aromen, die retronasal erfreuen – ein sehr ausgewogenes und harmonisches Erlebnis. Auch Schluck und Abgang fügen sich brav ein. Die leicht wärmende Schärfe verstetigt sich, das dickflüssige, viskose Gefühl bleibt erhalten, und sachte dampfen ein paar leicht fruchtige Chiliaromen vom Gaumen. Eine leichte Wärme im tiefen Rachen in Richtung Speiseröhre macht noch mal auf die scharfen Komponenten aufmerksam, brennt aber nicht wirklich.

Bilder

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