Verkostungspaket
Doctah Cerveza

sechs wortspielerisch benannte Brau-Pröbchen

Jens W., der seine Hobbybrauerei Doctah Cerveza Brewing nennt, hat, was den Versand anbelangt, dazugelernt:

„Diesmal mit DHL und im Flaschen Karton, sollte also heil ankommen“, schreibt er mir. Beim letzten Mal hatte DPD eine der Flaschen zertöppert.

„6 Flaschen sinds. Rosmarin Wiess, Sour NEIPA, Dry Stout, Apfel-Kirsch-Hopfencider, Maibock und Barley Wine“, fährt er fort und macht mir den Mund wässrig.

Zwei Tage später ist das Paket da. Heile! Alle sechs Flaschen haben den Transport überstanden, jede prunkt mit einem schön gestylten Etikett und einer wortspielerischen Bezeichnung des jeweiligen Biers.

Auf geht’s also zur Verkostung!

Bildergalerie

Verkostungsnotizen

Ich hab auf … Vanessa Maibock; Wiess a Vie von Rosemarie – Rosmarin Wiess; Pimp Juice – Sour NEIPA

Ich hab auf … Vanessa Maibock (7,2%)

Das Bier hat eine dunkelorangene Farbe und ist kräftig, aber gleichmäßig trüb. Der leicht beigefarbene Schaum ist feinporig und kremig, und er hält sehr lange. Der Duft ist leicht hefig und leicht estrig-fruchtig; ein bisschen erinnert er mich an ein mit Bäckerhefe vergorenes finnisches Sahti. Durchaus angenehm. Der Antrunk ist ein bisschen pfeffrig-scharf, auf der Zunge geht diese Schärfe aber rasch verloren und macht einer fruchtigen, leicht zuckrigen Süße Platz, die prägnant ist, aber noch nicht klebrig wirkt. Retronasal spüre ich Aprikosenaromen wie bei einem Weißbier, gefolgt allerdings von einem leichten Hauch angebrannten Gummis. Nicht viel, aber dennoch spürbar. Der Abgang entwickelt dann eine dezente Herbe und hält auch unverändert die retronasalen Aromen bereit: Die Aprikose ebenso wie – leider – die leichten Noten von angebranntem Gummi.

Wiess a Vie von Rosemarie – Rosmarin Wiess (4,7%)

Hm … Das Bier fließt ins Glas wie der Bodensatz aus dem Gärtank. Fast schon dickflüssig trüb wirkt das dunkelgelbe Bier, also ob etwas Hefeschlamm mit in die Flasche gerutscht wäre. Diese Riesenmenge Hefe kann sich eigentlich auch nicht während der Flaschengärung gebildet haben, denn sonst wäre mir der Flascheninhalt ob der gebildeten Kohlensäure regelrecht um die Ohren geflogen. Nein, die Spundung ist in Ordnung, und auch die Schaumbildung eher zurückhaltend als üppig.

Der Duft weist schon mal die Richtung: Intensive, kräftige Kräuteraromen – der Rosmarin ist in der Nase außerordentlich präsent.

Dieser Eindruck wird auch beim Antrunk eindrucksvoll bestätigt. Hier hat jemand nicht gespart – jedenfalls nicht an den Kräutern. Aber wie das manchmal so ist: Es gilt nicht immer „viel hilft viel“, und so wird das intensive und alles dominierende Rosmarin-Aroma auch von einer kräuterigen, wermutartigen Bittere begleitet, die schon auf der Zunge ein wenig adstringierend wirkt und im Abgang dann vollends den Gesamteindruck prägt. Retronasal kommt der Rosmarin natürlich auch nicht zu kurz – ein frisch gehäckseltes Rosmarin-Pesto ist nichts dagegen.

In der Summe eine sehr schöne Idee, aus der sich was machen lässt, aber eine deutliche Zurückhaltung bei der Rosmaringabe wäre dem Bier bestimmt zuträglich.

Pimp Juice – Sour NEIPA (5,8%)

Na, da bin ich jetzt aber mal gespannt. New England IPA ist nicht wirklich mein Lieblingsstil, weil der Duft immer viel mehr verspricht, als der Geschmack halten kann, und meine Meinung zu Sauerbieren ist ja ohnehin bekannt … Aber … trotzdem! Jetzt wird verkostet!

Das Bier gibt sich im Glas hellgelb und milchig trüb, so dass es, wenn man mal vom nicht sehr üppigen, aber haltbaren Schaum absieht, aussieht wie Ananassaft. Der Duft lässt eine Säure nur ahnen, und dahinter rieche ich ein paar unreife Zwetschgen und grüne Stachelbeeren. Der Antrunk ist überraschend mild, die Säure eigentlich erst dann deutlich zu spüren, wenn das Bier auf die Zunge auftrifft. Und auch dort: Angenehm mild und ausgewogen. Eine leicht viskose Textur trägt ebenfalls zu einem sehr harmonischen und ausgewogenen Eindruck bei. Was rieche ich denn retronasal? Ein bisschen Bitterorange, etwas Stachelbeeren und wieder die unreifen Zwetschgen, jetzt aber deutlich weniger dominant. Noch ein Hauch Pampelmuse? Ja, aber das war es dann auch. Ich schlucke, und ich spüre, wie das Bier weich den Gaumen und Rachen entlang rinnt. Die Hopfenherbe ist zwar spürbar, wirkt aber angenehm kremig und damit sehr weich. Schön! Deutlich besser als erwartet!

Das Tüpfelchen auf dem „i“ ist, dass ich dieses Bier zu einem gemischten frischen Salat trinke. Die Marinade ist fein säuerlich, mit Limone und etwas Basilikum, und beides – das Salatdressing wie auch das Bier – harmoniert außerordentlich gut miteinander.

New World OutCider – Apfel-Kirsch-Hopfencider – Hop Hogan, Apple Nash, Cherry Hall; Smokschok – Dry Stout; 40 Years of Mad Jens – Barley Wine

New World OutCider – Apfel-Kirsch-Hopfencider – Hop Hogan, Apple Nash, Cherry Hall (5,0%)

Läuft außer Konkurrenz, da kein Bier. Hat aber einen witzigen Namen und ein lustig gestaltetes Label.

Smokschok – Dry Stout (5,9%)

Dunkelbraun und mit einer leichten Trübung fließt das Bier ins Glas; es bildet eine dünne, beigefarbene Schaumschicht aus die recht lange hält, weil sie durch stetig aufsteigende Kohlensäurebläschen genährt wird. Der Geruch ist stouttypisch röstig mit ein paar dezenten Bitterschokolade- und Mokkaaromen. Der Antrunk ist weich, leicht süßlich, und mit Auftreffen auf die Zunge setzt das Bier intensive Milchschokolade-Aromen frei. Durchaus angenehm! Die ebenfalls spürbare Röstbittere und der ganz dezente Säureakzent treten hinter die Milchschokolade zurück – das Bier bleibt in erster Linie süßlich-schokoladig. Was es nicht ist, das ist klebrig. Trotz der Süße bleibt kein bappiges Gefühl am Gaumen. Der Abgang bringt die vom Röstmalz stammende leichte Säure etwas präsenter nach vorn, und auch die Röstbittere beginnt jetzt, sich durchzusetzen – alles aber in angenehmem, ausbalanciertem Maße. Für ein Stout überdurchschnittlich gut durchtrinkbar. Aber alles andere als Dry.

40 Years of Mad Jens – Barley Wine (9,0%)

Das Bier hat eine schöne, fast schon ins Kastanienbraune gehende, dunkle Farbe, ist nach vorsichtigem Einschenken (der Bodensatz bleibt in der Flasche) fast klar und trägt eine Krone aus leicht gelblichem, kremigem Schaum, der auch recht lange hält. Der Duft ist dezent kirschig und erinnert mit ein paar Bitterschokoladennoten im Hintergrund fast schon an Mon Chérie Pralinen. Der für ein Bier dieses Alkoholstärke erstaunlich spritzige Antrunk erfrischt und verleitet zu einem größeren Schluck als beabsichtigt. Auf der Zunge spüre ich sie erneut – Kirschwasser- und Schokoladennoten. Diesmal aber gepaart mit einer kräftigen, etwas rauen Bittere, die einen schönen Kontrapunkt zur Schokolade setzt. Der Schluck bringt diese Bittere weiter nach vorn, während die Kirscharomen rasch abklingen. Schokolade und Bittere bleibt noch ein wenig, und rasch nach dem ersten Schluck macht sich auch eine alkoholische Wärme im Rachen und im Hals bemerkbar. Nach den ersten Eindrücken ein richtig gutes Bier. Nach dem Aufwärmen macht sich allerdings eine leicht brenzlige, an angekokeltes Gummi oder heiße Bremsbeläge erinnernde Note bemerkbar. Nicht aufdringlich, aber dennoch: Ohne sie wäre das Bier noch besser.

Bildergalerie

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.