Miezis un Kompānija
Rīga
LVA

Es ist schon ein paar Jahre her, dass ich das letzte Mal in Rīga war – seinerzeit hatte mich vor allem die kleine Brauerei Alus Darbnīca Labietis, die Bierwerkstatt Labietis, begeistert. Um so schöner, dass ich bei einer schnellen Google-Suche feststellen kann, dass sich eine Craftbierbar mit deren Bieren gerade um die Ecke, nur zweihundert Meter von meinem Hotel entfernt befindet.

Doch vor den Besuch haben die Götter die dienstlichen Verpflichtungen gesetzt: Ich muss zunächst einen langweiligen Icebreaker hinter mich bringen, bis ich zu später Stunde dann doch endlich den Schritt weg von billigem Sekt und Industriebier hin zu spannenden Biererlebnissen machen kann.

groß, aber trotzdem einladend und gemütlich

Miezis un Kompānija ist jetzt also angesagt. Schon beim Betreten der Bar bin ich beeindruckt. Der Raum ist groß und insbesondere sehr hoch, aber die Innenarchitektur ist so pfiffig, dass es nicht kahl wirkt, sondern im Gegenteil, sehr einladend. Auf der bestimmt vier Meter hohen Decke verlaufen Elektro- und Lüftungsinstallationen unverkleidet und verleihen dem Raum ein Industrial Chic. Eine der Seitenwände ist mit einem riesigen Stadtplan von Rīga bedruckt, so dass ich während des Biergenusses schon meine nächsten Spaziergänge und Kneipenbesuche planen kann. Zwei weitere Wände sind mit großen Fenstern versehen, und ich kann die vorüberrumpelnden Straßenbahnen beobachten.

Bleibt noch die vierte Wand, dort, wo die Theke ist. Sie wird dominiert von einer riesengroßen schwarzen Tafel, auf der die insgesamt zwanzig Flaschenbiere angepriesen werden. An den Hähnen eins bis fünf ausschließlich Labietis-Biere, dann folgen einige andere Biere von befreundeten lettischen Brauereien, und schließlich gibt es auch noch einige internationale Biere im Ausschank, unter anderem aus Polen, Estland und Deutschland – letzteres vertreten durch Helles und Pils von Mahrs Bräu aus Bamberg.

zwanzig Biere vom Fass

2018 sei die Bar eröffnet worden, erzählt mir der nette junge Mann hinter der Theke, während er mir eine Tomatengose von Labietis zapft. Man habe einen tollen Start gehabt, aber dann sei die Pandemie gekommen. „Schwierig …“, seufzt er.

Ich nehme eine Schluck von der Tomatengose. 7,2% Alkohol hat sie und zählt damit wohl eher zum Stil „Imperial Gose“. Auch der sehr hohe Salzgehalt geht in Richtung „imperial“, und zusammen mit dem recht intensiven Tomatengeschmack habe ich eher das Gefühl, den Standard-Bordcocktail eines Pauschalurlaubers an Bord des Flugzeugs zu trinken als ein Bier. Aber eine interessante Biererfahrung ist es allemal.

„Wir haben die Zeit der Pandemie genutzt“, fährt der Barkeeper fort. Die Brauerei Labietis sei vor die Tore der Stadt umgezogen, dort habe man viel mehr Platz und Möglichkeiten, und am alten Standort, den ich ja noch kennen würde, gebe es nun nurmehr einen Ausschank. Der liefe jetzt, nach der Pandemie, aber hervorragend. Stets tolle Stimmung!

Ich probiere nun ein Session 5, ein IPA der kleinen Brauerei Hopalaa aus dem lettischen Jelgava. Von dieser Brauerei habe ich vor einigen Wochen auf dem Zürich Bierfestival 2022 das erste Mal gehört und ein Bier verkostet. Nun, wie ein IPA sieht das Session 5 nicht gerade aus. Der kümmerliche Schaum schlägt große Blasen und sieht eher aus, als sei er mit Spülmittel geschaffen. Aber geschmacklich ist das Bier so weit in Ordnung – kräftige Hopfenaromen, eine knackige Bittere. Ein Alltags-IPA.

optisch ist jetzt keines der Biere so der richtige Bringer, aber geschmacklich sind sie in Ordnung

Es sei schon ziemlich spät, und in einer halben Stunde sei Schankschluss, höre ich und bestelle mir ein letztes Bier für heute – ein Cayene Red Ale namens Pipars, jetzt wieder von der Brauerei Labietis. Eine feine pfeffrige Schärfe lockert den sonst eher sehr sättigenden Charakter eines Red Ales auf angenehme Art und Weise auf, und ich bin mit diesem Abschluss für heute zufrieden.

Aber was heißt schon Abschluss? Kurz vor Schankschluss kommt noch eine recht große Gruppe junger Männer und Frauen auf ein schnelles Abschlussbier. Ob in der Nachbarschaft gerade die Kinovorstellung zu Ende gegangen ist? Stimmengewirr, lautes Lachen, fröhliche Stimmung. Schlagartig wechselt die Atmosphäre in der Bar von entspannt und relaxed auf Party!

Schön anzusehen, und der Barkeeper gibt sich Mühe, alle schnell noch zu versorgen. Aber es bleibt beim vorgesehenen Feierabend. Austrinken und wieder gehen. Immerhin: Es ist Montag und damit erst der Beginn der Arbeitswoche. Gäste wie Personal müssen mit ihrer Energie haushalten …

in einer Vitrine an der Wand findet sich eine schöne Sammlung origineller Flaschenöffner

Auch wenn es aufgrund der fortgeschrittenen Zeit nur ein kurzer Besuch war – mir hat es ausnehmend gut gefallen, und vielleicht wäre es auch eine gute Option gewesen, sich mit ein paar Fünfer-Testern blitzschnell durch das gesamte Bierangebot zu trinken. Wäre allerdings aufgrund der Zeitknappheit sehr sportlich geworden. Vielleicht ein anderes Mal? Im nächsten Leben? Wenn ich mehr Zeit habe? Wer weiß …

Die Bierbar Miezis un Kompānija (was sich mit Gerste & Co. Übersetzen lässt) ist täglich ab 15:00 Uhr, freitags bis sonntags schon ab 14:00 Uhr geöffnet; kein Ruhetag. Montags und dienstags wird „schon“ um 23:00 Uhr geschlossen, an den anderen Tagen kann man etwas länger trinken. Die Straßenbahnen der Linie 1 und 5 halten direkt vor der Tür (Haltestelle 13. janvāra iela), und zweihundert Meter weiter ist der Hauptbahnhof der Stadt – perfekt also, um mit den Öffis anzureisen.

Bilder

Miezis un Kompānija
13. janvāra iela 21
1050 Rīga
Lettland

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