Verkostungspaket
der Browar Sarabanda
Warszawa
POL

sechs spannende Biere aus Warschau

Tja, es hat nicht lange gedauert, bis es sich rumgesprochen hat, dass ich jetzt in Polen arbeite und zwischen Deutschland und Polen pendele.

„Kannst Du mir mal Deine Adresse geben?“, hieß es im Messenger, und der Einfachheit halber gab ich die Adresse meiner Arbeitsstätte an, eine Kaserne in Stargard.

Ach, wenn ich doch nur gewusst hätte, was das für eine Herausforderung für den armen Menschen vom Kurierdienst ist … Offensichtlich traut er sich nicht, das Paket einfach bei der Wache abzugeben und sich darauf zu verlassen, dass es am nächsten Morgen an mich weitergereicht wird. Stattdessen ruft er mich nach Feierabend an. „Ich habe da ein Paket für Sie, kann ich Ihnen das vor der Kaserne übergeben?“

Ich bin schon auf dem Heimweg, und etwas missmutig drehe ich um. Zum Glück waren es erst zwei oder drei Kilometer, die ich gefahren bin.

Aber der Missmut legt sich rasch. Ein sorgfältig verklebtes Paket mit interessanten Bieren – da kann man nicht böse sein. Auch nicht auf den armen Tropf vom Kurierdienst. Er weiß es wohl nicht besser, und er ist freundlich und hat gewartet, bis ich zurückgekommen bin.

sechs bunte Sarabanda-Dosen

Jetzt aber ab nachhause, ein scharfes Messer geschnappt und neugierig in das Paket geschaut. Sechs bunte Dosen der kleinen Wanderbrauerei Sarabanda aus Warschau.

Seit August 2021 braut Bartosz Urbaniak unter diesem Namen seine Biere, zunächst bei GME Restauracje, besser bekannt als Browar Maryensztadt, und etwas später dann bei der Grupa Piwowarska Książenice, bekannt als Przetwórnia Chmielu – Craft Brewery. Zwei der sechs Dosen sind noch in Maryensztadt entstanden, die anderen vier schon in Książenice.

Prima, machen wir uns also an die Verkostung!

Bildergalerie

Verkostungsnotizen

Black Celebration – Foreign Extra Stout; Back in Black – Black IPA; Back to the Roots – Hoppy Pils

Black Celebration – Foreign Extra Stout (6,8%)

Dies ist eines der in Książenice gebrauten Biere.

Das Bier ist tiefschwarz, und ich muss mir beim Einschenken ganz viel Mühe geben, um zu erkennen, dass es nicht ganz klar ist, sondern eine leichte Trübung aufweist. Der Schaum ist hellbraun, entwickelt sich üppig und bleibt auch sehr lange stehen. Sehr schön!

Der Duft überrascht: Ich erwarte Mokka- und Kaffeearomen und werde stattdessen mit intensiven Kakao- und Vanillenoten überflutet. Eine große Überraschung, aber eine schöne – der Duft gefällt gut!

Der Antrunk zeigt eine ganz dezente Viskosität und eine feine Spritzigkeit. In dem Moment, wo das Bier auf die Zunge trifft, explodiert eine kräftige Röstbittere. Aber auch hier. Keine typischen Röstkaffee-, Mokka- oder Muckefuck-Aromen, sondern in erster Linie bitterer Kakao mit spielerisch darüber tänzelnder Vanille. Erst ein bisschen später, als das Bier schon beginnt, warm zu werden, gesellen sich feine Mokkaaromen dazu.

So heftig, wie die Bittere ist – sie ist nicht kratzig. Kernig und dominant, dass ja, aber sie hat Samthandschuhe an, mit denen sie auf die Geschmacksknospen der Zunge einprügelt. Retronasal erfreue ich mich gleichzeitig an den Kakaoaromen, und dann, nach dem Schluck, dann kommt endlich etwas Kaffee hinzu und rundet den Eindruck ab.

Für ein „nur“ 6,8%iges Bier eine sehr schöne Geschmacks- und Aromenfülle und mit seiner leichten Viskosität auch mit einem schönen Mundgefühl.

Gelungen!

Back in Black – Black IPA (6,0%)

Dieses Bier ist ebenfalls in Książenice gebraut.

Es hat eine tiefschwarze Farbe, ist trüb (so weit man das erkennen kann) und entwickelt einen ordentlichen, beigefarbenen Schaum, der sich auch recht wacker hält.

Der Geruch ist eine Melange aus herben Hopfennoten, Röstbittere und einer erdigen Note, die mir persönlich nicht ganz so behagt, weil sie mit den anderen Duft-Elementen nicht harmoniert. „ziółowo-ziemiste” lese ich auf dem Etikett der Dose, „kräuterig-erdig“, und der Begriff trifft es ganz gut.

Der Antrunk ist überraschend spritzig und ein bisschen pfeffrig-scharf. Auf der Zunge und im Mund zeigt das Bier einen schlanken Körper und eine ausgeprägte Bittere, die von einem Lakritz-Aroma belgeitet wird, und zwar von einem salmiakscharfen, wie es die Skandinavier und Niederländer mögen, nicht von so einem süßlichen Kram, wie wir es in Form von Lakritz-Schnecken kennen.

Das Lakritz-Aroma verlängert sich auch über den Schluck hinaus und ergänzt die kombinierte Röst- und Hopfenbittere, die eine Weile am Gaumen hängen bleibt.

Back to the Roots – Hoppy Pils (5,1%)

Diesmal ein Bier aus Warszawa, aus der Browar Maryensztadt.

Wow, was für eine Aromenexplosion! War es Intuition, dass wir in unserem Übermut morgens um zehn Uhr diese Dose aufgemacht und dazu zwei hauchfeine Streifen Rehfilet auf den Kontaktgrill geworfen haben? Rosa gebratenes Rehfilet, nur mit etwas Salz und grob geschrotetem Pfeffer, und dazu dieses wunderbare Pils. Kann es am ersten Festtag ein besseres Frühstück geben?

Eigentlich ist das Bier ja für ein Pils etwas zu dunkel. Und auch die Trübung passt ja eigentlich nicht, denn klassischerweise ist ein Pils filtriert. Aber abgesehen davon ist eigentlich alles richtig. Der schneeweiße Schaum, der intensive, grünhopfige Geruch mit Aromen von frischem Heu, würzigen Wiesenkräutern und einem Hauch Zitrusfrucht.

Der spritzige, frische Antrunk. Die frische Herbe auf der Zunge, gepaart mit einem feinen Malzkörper, ganz zurückhaltend, mit nur einem Hauch Restsüße. Retronasal wieder dieses Meer aus Hopfenaromen, in das ich eintauchen und in dem ich schwimmen möchte (und olfaktorisch ja auch kann!).

Nach dem Schluck diese feine Herbe, die den Gaumen dezent trocken macht und Lust auf den nächsten Schluck schürt, während zeitgleich die Hopfenaromen noch unendlich lange „ausdampfen“.

Ach, so darf, so muss ein Frühstücksbier schmecken. Und dazu dann das feine Rehfilet …

Precious – Oat Cream IPA; The Wops – DDH IPA; Liquid Forms – Fruit Sour

Precious – Oat Cream IPA (6,0%)

Wir kehren zurück nach Książenice.

Das Bier ist hell- bis mittelgelb, kräftig trüb und trägt einen üppigen, fest und flockig werdenden, schneeweißen Schaum, der ewig lange hält.

Der Duft ist herb und weist intensive, etwas unreif wirkende Maracujanoten auf, deren säuerlicher Charakter schon beim Schnuppern das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt.

Der Antrunk ist dann überraschenderweise gar nicht sauer, sondern kernig-herb mit nur einem ganz feinen säuerlichen Stich, der fast nicht wahrnehmbar ist. Eine große Diskrepanz zwischen olfaktorischem und gustatorischem Eindruck. Aber es ist keine Bittere, die ewig lang anhält und alle Schleimhäute „zu macht“, sondern eine, die aus dem knochentrockenen Charakter des Biers ohne spürbare Restsüße herrührt. Sehr interessant.

Retronasal sind die Maracujaaromen deutlich milder als orthonasal, stattdessen entwickelt sich das ein bisschen in Richtung Kumquat, aber auch hier die eher unreife, nicht so süße Version.

Nach dem Schuck baut sich die Bittere schnell ab und mit einem für ein so trockenes Bier überraschend seidigen Abgang endet der Trinkspaß. Mal etwas durchaus anderes!

Von den laut Etikett zu erwartenden „citrusy, tropical taste and aroma“ spüre ich wenig bis nichts, bin aber nicht unglücklich, denn von den Obstkörbchen-Bieren gibt es schon genug auf dem Markt.

The Wops – DDH IPA (6,5%)

Und wieder Książenice.

The Wops? Was immer das heißen soll. Hoffentlich keine Anspielung auf das Schimpfwort für Italiener, insbesondere Neapolitaner, als das das Wort „Wop“ früher einmal gebraucht wurde …

Das Bier ist hellgelb, milchig trüb und trägt eine weiße, flockige und ewig haltbare, üppige Schaumkrone.

Der Duft ist herb, erinnert ein bisschen an gelbe Pampelmusen mit einem Spritzer Zitrone und wirkt knochentrocken.

Der Antrunk ist leicht spitz, zeigt einen Hauch pfeffrige Schärfe und geht dann über in einen trockenen, ausgewogen herben und samtigen, keinesfalls kratzigen Bittereindruck mit retronasalen Pampelmusennoten. Keine Restsüße ist zu spüren, das Bier ist knochentrocken – genau so, wie es der Duft bereits versprochen hat.

Das Schöne dabei ist aber, dass bis weit über den Schluck hinaus die Bittere blitzsauber bleibt. Keine kratzigen, rauen Sinneseindrücke, kein adstringierender Effekt. Einfach nur eine klare Bittere. Und die nicht zu knapp, insbesondere, da sie vom unverändert knochentrockenen Finish untermauert wird.

Liquid Forms – Fruit Sour (5,6%)

Mit dem letzten Bier aus diesem Paket geht es wieder zurück nach Warszawa, zur Brauerei Maryenstadt.

Das Bier ist pinkfarben, milchig trüb und entwickelt einen schönen, zartrosafarbenen Schaum, der auch recht lange hält.

Der Duft ist fein säuerlich und fruchtig und lässt sofort das Wasser im Mund zusammenfließen. Feine Noten von roten Johannisbeeren sowie von einer weiteren Frucht. Mir kommt es aus meiner Kindheit so bekannt vor, und als ich auf die Zutatenlisten schaue, fällt es mir wieder ein: Stachelbeeren. Die dunkelroten, die saftig und süß im Garten meiner Großeltern im Nachbardorf wuchsen. Was haben wir Jungs uns vor über 50 Jahren die Haut und die Klamotten zerkratzt, nur damit uns keine einzige von diesen leckeren Früchten entging!

Der Antrunk ist kräftig sauer und ohne Restsüße, was die Aromen im ersten Moment sehr verfremdet. Auch hier kommt wieder die rote Johannisbeere als erstes zum Vorschein, aber die dunkle Stachelbeere folgt diesmal auf dem Fuße.

Auf der Zunge macht sich die Säure sehr intensiv, sehr heftig bemerkbar – das ist eigentlich weit jenseits dessen, was ich im Bier mag. Aber es sind wohl die Kindheitserinnerungen, die jetzt dominieren und mich das Bier trotzdem goutieren lassen. Feine Johannisbeer- und Stachelbeeraromen wehen mir retronasal durch die Nase, während ich gleichzeitig ob der heftigen Säure eine Grimasse ziehe und mir der Speichel aus allen Poren im Mundraum fließt.

Der Schluck kostet fast ein bisschen Überwindung, aber welch‘ Überraschung: Die Säure klingt rasch und blitzsauber ab, für einen Moment spüre ich noch die Fruchtaromen, und dann hat der Spuk auch schon ein Ende. Nichts hängt nach, lediglich der Speichelfluß dauert noch ein wenig an.

Bildergalerie

Browar Sarabanda
ulica Sarabandy 103A
02-868 Warszawa
Polen

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