Verkostungspaket
aus Hannover

Pünktlich zum Fest!

Die Feiertage haben begonnen – es ist der 24. Dezember 2022. Gestern erst bin ich aus dem hohen Norden zurück ins Allgäu gekommen und freue mich auf ein paar entspannte und ruhige Tage. Da klingelt es.

Der liebe Nachbar von über uns: „Da ist, während Ihr unterwegs wart, mal wieder ein Bierpaket für Dich gekommen. Genau pünktlich jetzt zum Fest!“

Ach, der Absender ist sehr vertraut, und der Karton auch. Ein paar Mal schon ist dieser Karton zwischen Hannover und dem Allgäu (beziehungsweise Szczecin) hin und her gereist, mit ständig wechselndem Inhalt.

Und auch diesmal wieder: Neun spannende Biere, die mir nicht nur die Feiertage, sondern auch die ersten Tage im neuen Jahr ganz gewiss versüßen werden. Wie schön!

Bildergalerie

Verkostungsnotizen

Enigma – Hopnytized – Milkshake IPA V2; Enigma – Hopnytized – DIPA V2; Hildesheimer Braumanufaktur – Hell Death Riders – Starkstrampler

Enigma – Hopnytized – Milkshake IPA V2 (6,5%)

Das Bier ist hellgelb, leicht trüb und schäumt ohne Ende. Und dann hält der Schaum auch noch ewig … Geduldig warte ich also, bis ich schnuppern und kosten kann.

Der Duft ist eine interessante Mischung aus phenolischen Aromen, wie ich sie von Saisonhefen her kenne, ein paar Tropenfruchtnoten (insbesondere etwas Ananas) und weichen, süßlichen Akzenten (Vanille? Milchschokolade?).

Der spritzige Antrunk (angesichts des Schaumvulkans jetzt keine Überraschung) leitet über zu einer rundlich-süßen, leicht sämigen Textur auf der Zunge. Eine feine pfeffrige Schärfe spüre ich, ein bisschen Süße, eine feine, recht lang anhaltende Bittere, und retronasal treten die Tropenfruchtnoten etwas in den Hintergrund und überlassen den Phenolen und der Milchschokoladenvanille die Bühnenpräsenz.

Ein Milkshake IPA soll es sein – und es lässt mich ratlos zurück. Milkshake gehe ich mit, aber mit India Pale Ale hat dieses Bier nicht mehr allzu viel zu tun. Den sensorischen Effekten nach würde ich es eher als Sweet Candy Saison bezeichnen. Aber was soll’s – was weiß ich denn schon …?

Enigma – Hopnytized – DIPA V2 (9,0%)

Eine kräftig gelbe Farbe und eine ebenso kräftige, gleichmäßige Trübung prägen dieses Bier, das eine üppige Schaumschicht entwickelt, die anteilig recht lange hält.

Beim Schnuppern identifiziere ich zunächst ein paar phenolische Noten, gefolgt von herben Zitrusfruchtschalen – hier scheinen belgische Hefen und neuzeitliche Aromahopfen Hand in Hand zu gehen.

Der Antrunk ist dezent spritzig mit einem feinen pfeffrigen Touch. Auf der Zunge spüre ich diese Schärfe ebenfalls noch für einen kurzen Moment, bevor sich die recht hohe Restsüße und eine kräftige, zitrusfruchtige Bittere selbstbewusst präsentieren. Ein bisschen sämig wirkt das Bier und belegt leicht die Zunge, es aber viskos oder gar schleimig oder schmierig zu nennen, wäre maßlos übertrieben. Auch retronasal gefällt die Mischung aus phenolischen und fruchtig-herben Aromen.

Der Abgang ist geprägt von einer herzhaften Bittere und Aromen, die mich an nicht ganz reife Mangos und Mandarinen erinnern.

Hildesheimer Braumanufaktur – Hell Death Riders – Starkstrampler (6,7%)

Das Bier ist goldgelb und fast klar, nur ein ganz leicht opalisierender Effekt ist im Licht zu sehen. Der Schaum ist üppig und fest, seine Flocken bilden schöne Trinkränder.

Der Duft ist heuartig und kräuterig – sehr angenehm, aber auch sehr zurückhaltend. Das Bier ist keine Aromabombe.

Der Antrunk ist frisch, dezent spritzig und herb. Auf der Zunge setzt sich die Herbe fort, und der schlanke Körper des Biers unterstreicht sie. Hatte ich angesichts der Alkoholstärke einen eher süßlich-vollmundigen Bock erwartet, so entpuppt sich das Bier doch eher als norddeutsch herb. Ein bisschen wie das, was ich persönlich von einem Maibock erwarte: Kräftig im Alkohol, aber nicht zu süß und zu mastig, sondern kernig und bitter.

Nach dem Schluck sorgt die Hopfenbittere für angenehm trockene Schleimhäute, die Lust zum Weitertrinken machen, und für einen kurzen Moment blitzt neben den Hau- und Kräuternoten retronasal ein spritiges Lösungsmittelaroma auf, aber wirklich nur ganz kurz, ohne die Durchtrinkbarkeit zu beeinträchtigen.

Enigma – Lupulin Monster – IPA; Enigma – Hopnytized – Everyday IPA; Heavy BREWtal UG – Live Session Ale

Enigma – Lupulin Monster – IPA (7,0%)

Das Bier ist dunkelkupferfarben und nur ganz leicht trüb. Der Schaum ist altweiß, üppig, fest und ewig lange haltbar. Beim Trinken hinterlässt er deutliche Ränder im Glas.

Der Duft begeistert mich: Kräftige, harzige Noten als Fundament; darüber schweben ein paar Akzente von überreifen Pflaumen und Wildkirschen. Kein Tropenfruchtwunder, sondern klassische Hopfenarbeit. Der Blick auf’s Etikett verrät: Doppelt hopfengestopft mit Citra, Mosaic, Amarillo, Centennial und Hallertau Blanc.

Der Antrunk ist voll und rund, erst auf der Zunge entwickelt sich eine kernige Hopfenbittere, die aber von Beginn an mit einem durchaus muskulösen Malzkörper Hand in Hand geht. Beide, Bittere und Malzigkeit, übertreiben es nicht mit ihrer Bühnenpräsenz. Kein Effekt um seiner selbst willen, sondern eher eine wohlüberlegte Harmonie. Retronasal spielen die Hopfen dann aber auf und servieren eine harzige Aromenpalette, als stünde ich im Botanischen Garten im Nadelholz-Arboretum. Kräftige Kieferaromen unter ein paar spielerischen Maiwipfeln von der Fichte, serviert mit einer feinen Mousse aus überreifen Zwetschgen und Schwarzkirschen.

Auch nach dem Schluck bleibt das Bier zivilisiert und vielschichtig. Der Name „Lupulin Monster“ hat mich schon ganz kirre gemacht, aber statt eines totalen Bitterwert-Overkills, wie es die US-Amerikaner unter dieser Bezeichnung ganz sicher serviert hätten, kommt hier ein Aromenfeuerwerk für den Liebhaber klassischer, würziger Hopfung zum Vorschein. Wie schön.

Enigma – Hopnytized – Everyday IPA (5,5%)

Ein India Pale Ale für jeden Tag? Das hört sich vielversprechend an. Kein Alkoholhammer, sondern ein Bier, das ich vielleicht auch mal am Wochenende zum Mittagessen trinken kann – so wie jetzt gerade! Fein!

Das Bier ist hellsonnengelb und nur leicht trüb; es entwickelt einen üppigen, schneeweißen Schaum, der sehr lange hält und schöne Trinkränder hinterlässt.

Der Duft ist überraschend zurückhaltend. Eine feine Herbe, ganz entfernt ein paar Pampelmusenaromen. Nach einem Moment des Abwartens noch ein feiner Touch frischer Zitrone. Das war’s dann aber auch. Keine große Aromenshow.

Auf der Zunge wird es dann etwas spannender: Einem sauberen Antrunk folgt eine schöne und gleichmäßige, durchaus intensive Bittere, die sich blitzsaubere im Mundraum verteilt, bevor direkt danach retronasal schöne Pampelmusen- und Mandarinenschalenaromen hervorkommen. Die Restsüße ist gering, das Bier ist aber nicht zu trocken. Alles ist auf Ausgewogenheit und aromatische Balance ausgelegt, so dass sich dieses Bier sowohl langsam und bewusst genießen als auch einfach in großen Zügen gegen den Durst wegkippen lässt.

Auch nach dem Schluck bleibt diese Ausgewogenheit erhalten – eine feine Bittere, die zum Weitertrinken einlädt, die aber nicht zu lange haftet und nicht breit wird. Sehr schön.

Ein India Pale Ale für jeden Tag? Oh, ganz gewiss!

Heavy BREWtal UG – Live Session Ale (4,5%)

Das Bier ist hellkupferfarben, leicht trüb, und es trägt einen schönen, leicht altweißen Schaum, der ewig lange hält.

Der Duft erinnert … an verschmortes Gummi. Leider.

Der Antrunk … leider ebenfalls, und zwar sehr intensiv.

Keine Ahnung, was hier passiert ist, aber das Bier ist leider untrinkbar. Das Mindesthaltbarkeitsdatum liegt noch rund sieben Wochen in der Zukunft.

Enigma – Dragora – Blond; Enigma – Winter Helheim; Heavy BREWtal UG – Festival Breakfast – Milkshake Wheat Beer

Enigma – Dragora – Blond (7,0%)

Die Farbe ist ein schönes Kupfer, und nach vorsichtigem Einschenken ist das Bier fast klar. Der Schaum entwickelt sich sehr üppig und steht danach laaange wie eine Eins. Nur ganz langsam wird er etwas grobporiger und flockiger, aber er will und will nicht zusammenfallen.

Vor lauter Schaum ist das Erschnuppern der Aromen gar nicht so einfach. Ein paar dezent phenolische Aromen erspüre ich, vor allem aber estrig-fruchtige Akzente. Süßliche, überreife Früchte, ab und an schon fast ins alkoholische, lösungsmittelartige abgleitend.

Der Antrunk ist spritzig und jetzt unerwartet herb. Auch auf der Zunge macht sich sofort eine prägnante, aber nicht zu deftige Hopfenbittere breit. Sie paart sich mit ein paar phenolischen Noten, die retronasal hervorkommen. Die Fruchtester sind nicht mehr zu spüren, stattdessen eine ganz leichte Malzsüße und ein etwas pfeffrig-scharfer Touch.

Nach dem Schluck werden die phenolischen Aromen noch etwas deutlicher; gleichzeitig haftet die Bittere noch eine ganze Weile und hängt ein bisschen nach.

Enigma – Winter Helheim (12,0%)

Das Bier ist ganz dunkelbraun mit einem feinen rubinroten Schimmer. Nach vorsichtigem Einschenken ist es ganz klar; es verbleibt ein feiner Bodensatz in der Flasche. Der dezent beigefarbene Schaum entwickelt sich recht gut, fällt dann aber rasch in sich zusammen und hinterlässt nur eine dünne, dann aber länger haltbare Schaumschicht.

Der Duft zeigt überreife Schwarzkirschen, eingelegte Pflaumen und eine feine alkoholische Note, die ein wenig an Weinbrand erinnert.

Der Antrunk ist etwas spitz. Auf der Zunge wirkt das Bier gleichzeitig sehr süß und etwas alkoholisch spritig. Es sind keine höheren Alkohole oder Lösungsmitteleindrücke, aber die zwölf Prozent Ethanol sind nicht maskiert, sondern werden sofort und unmittelbar deutlich. Ein feines, angenehmes Brennen auf der Zunge; eine deutliche Wärme im Rachen und in der Speiseröhre bis hinunter in den Magen werden fast noch schneller spürbar als die kirschigen, schwarzfruchtigen Aromen, die sich retronasal zeigen.

Ganz am Ende kommen noch ein paar schokoladige und kakaoartige Aromen hervor, die dem Bier schlussendlich den Charakter einer Mon-Cherie-Praline verleihen.

Insgesamt ein bisschen zu heftig.

Laut Etikett ist das Bier auf Eichenchips von Bourbonfässern gelagert worden – die Noten wirken aber eher weinbrandartig, als dass der Bourbon erkennbar würde. Auch die klassischen Holz- und Vanillearomen fehlen.

Heavy BREWtal UG – Festival Breakfast – Milkshake Wheat Beer (3,9%)

Die Farbe ist ein kräftiges, dunkles Gelb; dabei ist das Bier milchig trüb. Der Schaum entwickelt sich zurückhaltend, hält am Ende aber recht lang. Denkt man sich die dünne Schaumschicht weg, sieht das Bier aus wie ein frisch gepresster Orangensaft, und da vom (Hefe-) Bodensatz auch ein wenig Schlotz am Glasrand hängt, passt selbst das zum Orangensaft-Eindruck. Als wäre es Fruchtfleisch.

Der Duft ist „völlig anders“, also nicht Orangensaft, sondern Pfirsichsaft. Und wenn ich so genau drüber nachdenke, dann ist auch die Farbe mit ihrem dunklen, fast schon ins Orangene tendierenden Gelbton doch eher pfirsichsaftähnlich.

Der Antrunk ist spritzig frisch und viel, viel weniger viskos, als es die Optik jetzt suggeriert hat. Eigentlich ganz normal fluid. Auf der Zunge dann wieder Pfirsich-Aromen, begleitet von einer spritzigen Säure und einer zwar identifizierbaren, aber sehr zurückhaltenden Bittere, die nur ganz kurz an den Zungenrändern aufblitzt, um dann erst wieder deutlich nach dem Schluck vorübergehend und schwach bemerkbar zu werden.

Ein Bier, dem ich „bierigen“ Charakter abspreche und das ich fast schon in die Rubrik „alkoholisierter Fruchtsaft“ ablegen möchte, das mir aber trotzdem gut gefällt. Zum Beispiel als schöne Erfrischung nach dem Sport.

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