Der Tauschhandel blüht (39)
Sonthofen
DEU

Es geht nichts über gute Kollegen am Arbeitsplatz!

In die Gratulantenschlange anlässlich meines Abschieds reiht sich jetzt eine breit grinsende Gruppe von lieben Mitarbeitern aus dem Stab ein. Mit zwei großen Holzkisten stehen sie da. Edel schauen die Kisten aus, das Holz ist geflämmt, die Kisten sind mit Holzwolle gefüllt.

In der Holzwolle steckt …

… na, was wohl?

Bier natürlich.

Vierundzwanzig Flaschen und Dosen, teils aus der Region, teils von weit her. Eine bunte Mischung aus Alltagsbieren und besonderen Spezialitäten.

Eine Flasche sticht besonders heraus, trägt sie doch ein Foto von mir auf dem Etikett. Das liebe Schreiben dazu:

„Sehr geehrter Herr Oberst Quante, anbei mein Lieblingsbier, das nie jemand mit mir trinken möchte. Ein kleines Dankeschön für die Zeit unter Ihrer guten Führung. Herzliche Grüße, …“

„Die liebe Frau A.“, denke ich mir und freue mich über diese eine Flasche ganz besonders. Aber auch alle anderen sind es natürlich wert, verkostet zu werden. Selbstredend!

Bildergalerie

Verkostungsnotizen

Nieheimer Bürgerbrauzunft – Bürgerbier dunkel; Böllberger – Kellerbier Dunkel; Rothaus – Tannenzäpfle Pils; Hasseröder – Premium Pils; Familienbrauerei Schwarzbräu – Marie Hausbrendel Hell; Kössel Bräu – Schwarze Madonna – Mariahilfer Stout

Nieheimer Bürgerbrauzunft – Bürgerbier dunkel (4,8%)

Wer in Deutschland was auf sich hält, trinkt Bier aus der lokalen Gasthausbrauerei oder einen kleinen Dorfbrauerei, die von einer Gruppe bierbegeisterter Bürger aus Spaß am Brauen betrieben wird. Um eine solche Vereinsbrauerei handelt es sich bei der Nieheimer Bürgerbrauzunft, die 2009 gegründet worden ist und über hundert Mitglieder zählt.

Üblicherweise wird in solchen Brauereien – Gasthaus- oder Vereins- – das klassisch deutsche Biertriplett gebraut: Hell, Dunkel und Weizen. Insofern passt die Flasche vor mir ins Bild – eine 1-Liter-Bügelflasche mit dunklem Bürgerbier.

Dunkelkupferfarben steht das Bier im Glas, fast schon braun, und überraschenderweise sieht es blitzblank aus. Das Etikett behauptet zwar „kellertrüb“, aber von der Trübe ist wahrscheinlich schon beim händischen Abfüllen der Flasche aus dem Tank oder Fass nichts übriggeblieben, und der winzige Rest haftet nach einigen Tagen aufrecht im Kühlschrank wohl am Boden der Flasche. Ist ja auch gut so: Um so schöner sieht das Bier mit seiner feinen, beigefarbenen Schaumkrone dann aus. Der Duft ist malzig, leicht brotig und präsentiert ein paar dezente Röstaromen.

Der spritzige Antrunk gefällt, und auf der Zunge breiten sich rasch die klassischen Aromen von reichlich verwendetem Wiener oder Münchner Malz aus. Kräftig, aromatisch, brotig, ein bisschen frische Brotkruste, und das Ganze leider so intensiv, dass es ein wenig mastig gerät. Ein Hauch weniger hätte der Durchtrinkbarkeit dieses Biers gut getan. Es schmeckt zwar auch so recht gut, aber es sättigt sehr schnell – und da ist eine 1-Liter-Flasche eine echte Herausforderung.

Auch nach dem Schluck dominieren die Malzaromen. Eine ordentliche Süße, noch nicht zuckrig oder gar klebrig, ist auch im Rachen noch spürbar; die erwartete Hopfenbittere bleibt sehr, sehr dezent. Ganz zum Schluss wird noch eine etwas röstig verbrämte Pappkartonnote spürbar. Vielleicht ein kleines Zugeständnis an einen nicht fachgerechten Transport quer durch die Republik. Wer weiß? Richtiger Alterungs- oder Oxidationsgeschmack ist es noch nicht, aber es geht ein wenig in diese Richtung.

Böllberger – Kellerbier Dunkel (5,2%)

Böllberger – eine Biermarke der Lebenshilfe Halle, die mit Unterstützung der Reichenbrand-Brauerei Bergt aus Chemnitz mehrere Biere braut. Wie alle Lebenshilfevereine versucht auch die Lebenshilfe Halle, Menschen mit Einschränkungen in ein normales, auch produktives Leben zu integrieren und sie in die Mitte der Gesellschaft zu bringen. Während viele Lebenshilfe-Werkstätten mit Holz, Stoffen, Stein oder Metall arbeiten, wird in Halle mit Hopfen und Malz gewerkt. Und so entstehen hier mehrere Sorten Bier. Neben dem vor mit stehenden Kellerbier Dunkel auch noch Pils, Kellerbier Hell, Bock, Märzen und Pale Ale. Gute Sache!

Die dunkelbraune, an Kastanien erinnernde Farbe des nur leicht trüben Biers gefällt mir ebenso gut wie der kremige und ewig lang haltbare, beigefarbener Schaum. Eine sehr ansprechende Optik. Der Duft ist dezent röstig mit einer leichten Kakaonote. Der Antrunk ist für ein Bier dieses Stils überraschend spritzig, auf der Zunge gibt sich das Bier dann aber rasch wieder zahm. Intensive Malzaromen, eine feine Brotigkeit und ein kleines bisschen Karamell ergänzen die eben schon erschnupperten Kakaonoten, und auch eine feine Bittere macht sich bemerkbar, bleibt aber höflich und zurückhaltend. Der Schluck ist deutlich geschmeidiger als der Antrunk, und offeriert den Kakao in sehr großzügiger Manier.

Rothaus – Tannenzäpfle Pils (5,1%)

Goldgelb und blank filtriert strahlt das Bier im Glas. Der optische Eindruck wird ein bisschen getrübt, weil der Schaum untypisch für ein Pils zu zurückhaltend und dann auch noch nicht einmal lange haltbar ist. Der Duft ist leicht malzig mit schönen Honignoten; der Hopfen hält sich eher zurück und gibt höchstens noch ein paar ganz feine Heuaromen hinzu.

Der Antrunk ist angenehm spritzig, nicht zu viel und nicht zu wenig. Auf der Zunge dominiert wieder der Malzcharakter, während sich die Hopfenbittere im Hintergrund hält. Retronasal spüre ich malzige Keksaromen und eine – nun etwas schwächere – Honignote. Auch im Abgang ist das Bier eher malzbetont, zeigt eine gewisse Fülle und lässt eine pilstypische Hopfenbittere fast ganz vermissen.

Ein sehr schönes und durchtrinkbares Bier, aber nicht wirklich stiltypisch für ein Pilsner – es geht eher in Richtung Export. Finde ich.

Hasseröder – Premium Pils (4,9%)

Die Farbe ist ein schönes Goldgelb, aber wenn ich das Bier gegen das Licht halte, sehe ich einen ganz feinen Schleier. Noch lange keine Trübung, aber das Bier glänzt nicht mehr. Sollte bei einem blank filtrierten Industriebier eigentlich nicht passieren – zumal das Mindesthaltbarkeitsdatum noch fast vier Wochen entfernt ist und das Bier durchgängig gekühlt gelagert war. Aber egal, es ist ganz leicht opalisierend. Der Schaum ist eher zurückhaltend und fällt recht rasch zusammen.

Der Duft ist nur schwach ausgeprägt, ein Hauch Hopfen ist zu spüren, daneben aber auch eine leicht metallische Note und ein klitzekleines Bisschen nasser Karton. Also doch schon gealtert?

Der spritzige Antrunk ist in Ordnung, aber auf der Zunge bestätigt sich der Alterungsverdacht erneut: Ganz dezent spüre ich die etwas dumpfe Kartonnote. Noch nicht wirklich störend, aber schon vorhanden. Das nimmt dem Bier erheblich die Frische. Auch die Bittere, die mittelstark ausgeprägt ist, wirkt nicht mehr 100%ig sauber, was insbesondere nach dem Schluck auffällt. Schade.

Jetzt wird es bestimmt wieder Stimmen geben, die mir vorwerfen, ein altes Bier getrunken zu haben. Mag sein, aber es war, abgesehen vom Transport hierher, durchgehend kühl und dunkel gelagert, und das MHD ist noch nicht erreicht – letzteres heißt, die Brauerei garantiert unveränderte Qualität und sensorische Stabilität bis zu diesem Datum. Das ist hier nicht der Fall. Und dass „die armen Brauereien“ gezwungen seien, übermäßig lange Mindesthaltbarkeitsdaten anzugeben, weil das der Handel so will, kann keine Ausrede sein. In diese Haltbarkeitsspirale haben sich die großen Brauereien ganz allein hineinmanövriert!

Ach, und übrigens: Bin ich der einzige, der diese plumpe, fast halslose Flasche hässlich findet?

Familienbrauerei Schwarzbräu – Marie Hausbrendel Hell (4,8%)

Das Bier hat eine goldgelbe Farbe und ist blankfiltriert; der Schaum ist schneeweiß und baut sich schön auf. Das gefällt. Der Duft ist dezent malzig und erinnert ein wenig an Keksteig, insgesamt bleibt er aber sehr zurückhaltend.

Der Antrunk ist angenehm frisch und relativ neutral. Auf der Zunge zeigt sich das Bier weich und ausgewogen, der Malzcharakter ist deutlich, während der Hopfen sich stark zurückhält und nur eine ganz, ganz feine Bittere zeigt, die nur bei bewusstem Hinschmecken spürbar wird. Auch retronasal bleibt die Sensorik dezent und vorwiegend malzig-keksartig. Der unauffällige Abgang klingt rasch und neutral ab.

Kössel Bräu – Schwarze Madonna – Mariahilfer Stout (5,5%)

Hm, um so richtig in der Stout-Liga mitspielen zu können, da fehlen diesem Bier noch ein paar Farbwerte. Ganz dunkelbraun statt richtig schwarz ist es. So „hell“ sogar, dass ich problemlos erkennen kann, dass es relativ trüb ist. Leider bildet sich auch kein richtiger Schaum. Ein paar beigefarbene Bläschen, und das ist es dann. Ich meine, ich erwarte ja keine steifgeschlagene Sahne wie bei einem mit Nitro-Mischgas gezapften Stout, aber ein bisschen mehr hätte es schon sein dürfen.

Der Duft hingegen ist sehr angenehm. Frische Röstaromen mit einer feinen Karamellnote unterlegt – das gefällt mir sehr gut.

Auch der Antrunk und der erste Eindruck auf der Zunge gefallen mir – die schönen Röstnoten bleiben erhalten, und nur eine recht weiche, wenn auch durchaus prägnante Bittere gibt dem Bier ein paar Ecken und Kanten. Retronasal erneut die Röst- und Karamellaromen, und im Abgang eine recht samtig wirkende Bittere. Fein!

Aber es bleibt nach dem Schluck eine gewisse Ratlosigkeit: Auf der Zutatenliste steht Röstgerste neben Gerstenmalz. Und das, obwohl Eisenberg im Bayern liegt, das unverändert von den Reinheitsgebots-Taliban regiert wird. Wie das?

Der Hirschbräu – Doppel-Hirsch – Allgäuer Doppelbock; Gräflich zu Stolberg’sche Brauerei Westheim – Westheimer Premium Pilsener; Soproni – Klasszikus – Világos Sör; Röhrlbräu Straubing – Straubinger Weisse Original; Der Hirschbräu – Allgäuer Hüttenbier; Engelbräu – Feierobed-Bier

Der Hirschbräu – Doppel-Hirsch – Allgäuer Doppelbock (7,2%)

Die Farbe ist wunderschön: Ein tiefes Dunkelbraun mit einem leuchtend roten Schimmer. Rubinrot. Dabei klar und mit einer dünnen Schicht beigefarbenen Schaums bedeckt. Der Duft ist intensiv malzig, mit feinen Röstakzenten, die sich aber nicht in den Vordergrund spielen, sondern dem Aroma nur etwas Komplexität verleihen.

Der Antrunk ist weich, rund und voll, und ebenso verhält sich das Bier auch auf der Zunge. Es ist intensiv malzig, spürbar karamellig und zeigt erneut ganz leichte Röstakzente. Sehr nahrhaft wirkt es, fast schon ein bisschen feist, aber überraschenderweise bleibt es trotzdem aufgrund einer schön ausgeprägten Herbe gut durchtrinkbar. Nach dem Schluck bleibt die Malzigkeit noch ein wenig im Rachen haften, und die schönen Karamell- und Dunkelmalzaromen klingen noch sehr harmonisch nach. Wie schön!

Gräflich zu Stolberg’sche Brauerei Westheim – Westheimer Premium Pilsener (4,8%)

Das Bier ist goldgelb, blitzblank filtriert und entwickelt reichlich schneeweißen und lange haltbaren Schaum, der beim Trinken auch schöne Trinkränder hinterlässt. Der Duft ist hopfig, leicht metallisch und hat ein paar heuartige Noten.

Der frische, spritzige Antrunk ist angenehm und pilstypisch, ebenso der schlanke und hopfig-herbe Eindruck auf der Zunge. Retronasal sind erneut die feinen Heuaromen zu spüren. Der Abgang ist ebenfalls angenehm schlank und dezent hopfig, auch wenn für mich persönlich die Bittere durchaus etwas prägnanter sein könnte.

Soproni – Klasszikus – Világos Sör (4,5%)

Dunkelgoldgelb, fast schon rotgolden, und blank filtriert präsentiert sich dieses Bier. Der schöne, schneeweiße Schaum hat nur mittlere Haltbarkeit, hinterlässt aber schöne „Brüsseler Spitzen“ im Glas. Der Duft ist ganz leicht süßlich und geht ganz dezent in Richtung reifer, roter Äpfel.

Der Antrunk ist spritzig und frisch. Auf der Zunge zeigt sich das Bier recht schlank mit einer ganz leicht adstringierenden Bittere; letzteres ein Eindruck, der sich nach dem Schluck noch ein wenig in den Vordergrund schiebt. Aber, wie gesagt: Ganz leicht nur. Retronasal spüre ich feine, biskuitartige Malzaromen, während die Rote-Apfel-Noten fast ganz verschwinden.

Ein ausgewogenes und schlankes Bier für den unachtsamen Genuss nebenbei, wenn es eher darum geht, den Durst zu stillen, anstatt sich mit dem Bier eine Weile lang zu beschäftigen.

Röhrlbräu Straubing – Straubinger Weisse Original (5,3%)

In Bierbeschreibungen und Verkostungsnotizen findet man häufig die Kennzeichnung „bernsteinfarben“. Das lässt mich immer ratlos zurück, denn nach vielen Jahren in Polen und in der Nähe der Ostseeküste habe ich eins gelernt: Bernstein gibt es von fast gläsern-farblos bis zu fast schwarz in allen möglichen Schattierungen. Wie sonst hätte das verschollene Bernsteinzimmer denn seine Faszination bekommen?

Vor mir steht nun ein Glas mit „traditionell bernsteinfarbenem Hefeweizen“, wie es das Etikett festzustellen weiß. Ich finde, das Bier hat eine kräftig braune Farbe und umgehe die Vieldeutigkeit der Bernsteinfarbe in großem Bogen. Selbstredens ist es auch kräftig trüb und entwickelt einen schönen Schaum. Der Duft ist fruchtig, warm und weich, und er erinnert an reife Aprikosen, an Zwetschgen und an dunkle Stachelbeeren. Sehr schön und in seiner Fülle sehr harmonisch.

Dem spritzigen Antrunk folgt ein rundes und fülliges Mundgefühl, das gleichzeitig retronasal erneut mit den vielfältigen Aromen zumeist dunkler Früchte zu erfreuen weiß. Sehr schön komplex, und dennoch in sich stimmig und sorgfältig aufeinander abgestimmt. Hopfenaromen sind gar nicht, Hopfenbittere kaum zu spüren. Nach dem Schluck, der insgesamt recht rasch und sauber abklingt, sinniere ich noch für einen Moment den letzten Aromen hinterher – die Zwetschge hält am längsten durch und wird ganz am Ende noch mit feinen Aromen überreifer Bananen kombiniert.

Gelungen!

Der Hirschbräu – Allgäuer Hüttenbier (5,2%)

Schön goldgelb und blank filtriert leuchtet das Bier im Glas; der schneeweiße Schaum bildet eine schöne Krone. Der Duft ist malzig und weich und weist ein paar feine Honignoten auf.

Im Antrunk schon spüre ich eine malzige Restsüße, die auf der Zunge dann sehr in den Vordergrund tritt. Sehr rund, sehr mild, sehr süßlich. Retronasal spüre ich wieder die Malzaromen und die Honignoten, die dem Bier seinen runden Charakter verleihen. Die Hopfenherbe ist nur schwach spürbar, und eigentlich auch erst nach dem Schluck. Ein Bier, wie es im Oberallgäu geliebt wird: Süßlich und weich, sehr gefällig.

Engelbräu – Feierobed-Bier (5,2%)

Das Bier zum Feierabend. Sehr passend. Ich komme gerade müde von der Arbeit und freue mich auf das Bier, das den Feierabend einläutet.

Kräftig gelb steht das Bier im Glas und weist eine leichte Kältetrübung auf. Es stand wohl zu weit hinten im Kühlschrank, direkt an der eiskalten Rückwand. Der Schaum ist weiß, allerdings nicht sehr üppig und hält auch nicht allzu lang. Der Duft ist malzig und ganz leicht brotig.

Der recht weiche Antrunk ist rund, und auf der Zunge nimmt das Bier sofort die brotigen Noten aus dem Duft auf. Hopfenbittere ist nur ganz dezent zu spüren; vorwiegend sind es eine leichte Malzsüße, die brotige Fülle (auch retronasal) und eine ordentliche Vollmundigkeit. Ein Feierabendbier, das in Teilen auch das Abendbrot ersetzen möchte?

Nach dem Schluck wird die Malzsüße noch ein bisschen deutlicher und die Brotaromen werden durch eine paar schöne, runde Honignoten ergänzt.

Schinner – Urstoff – Helles Vollbier; Brauwerk Allgäu – Helles; Bayreuther Bierbrauerei – Aktien Landbier Fränkisch Dunkel; Brauwerk Allgäu – Kellerbier; Brauerei Clemens Härle – Von Hier – Helles Bier; Miller – High Life

Schinner – Urstoff – Helles Vollbier (4,9%)

Goldgelbe Farbe, blanker Glanz, weißer Schaum – das Bier schaut gut aus, die Optik stimmt. Und was ist mit der Olfaktorik, dem Duft? Ich schnuppere kurz am Glas … nichts! Hm, wirklich nichts? Ich schnuppere länger, schwenke das Glas ein wenig, schnuppere noch mal. Ja, doch, ein kleines bisschen Duft ist schon da, wenn auch nicht viel. Feine Malznoten, ein kleines bisschen Keksteig, eine dezente Süße. Alles aber ganz, ganz schwach.

Der Antrunk ist frisch, leicht spritzig, und auf der Zunge gibt sich das Bier erstmal ähnlich zurückhaltend wie beim Duft. Ich muss schon genau hinschmecken. Eine leichte Malzsüße ist da, ein Hauch von retronasalen Kuchenteigaromen, eine ganz entfernte Ahnung von Hopfenherbe – aber auch das alles nur ganz schwach. Nicht, dass das Bier wässrig wirken würde, das nicht, aber doch sehr, sehr zurückhaltend. Und so bleibt es auch über den Schluck hinweg. Erst ganz am Schluss kommt ein bisschen Würze, die ein bisschen brotig wirkt und dann, endlich, endlich, auch noch ein paar Malzaromen hervorzaubert. In der Summe also ein sich recht unauffällig gebendes Zischbier.

Brauwerk Allgäu – Helles (4,9%)

Die Farbe ist schon fast blassgelb; die Trübung ist fein und gleichmäßig; der Schaum hält sich sehr zurück. Der Duft ist malzig mit feinen Teigaromen und einem leichten Honigakzent.

Der spritzige und pfeffrig-scharfe Antrunk gefällt zunächst. Auf der Zunge wirkt die Malzsüße dann allerdings ein wenig dumpf und lässt es an Frische vermissen. Leichte Honigaromen, erdige Akzente und ein Hauch von Säure erinnern an gealtertes Bier, obwohl das Mindesthaltbarkeitsdatum noch deutlich (einen ganzen Monat) in der Zukunft liegt. Retronasale Aromen und der Abgang fügen sich nahtlos in den Gesamteindruck ein: Ein respektables Bier, das aber trotz durchgängiger Kühlung vorzeitig gealtert ist.

Bayreuther Bierbrauerei – Aktien Landbier Fränkisch Dunkel (5,3%)

Kräftig braun, ganz leicht trüb und mit einem dezent beigefarbenen Schaum präsentiert sich das Bier. Der Geruch geht leicht in Richtung Röstmalz, bleibt aber dezent. Der weiche Antrunk und der malzige Eindruck auf der Zunge lassen das Bier weich und fast schon samtig erscheinen; nur eine leicht Röst- und Hopfenbittere balanciert den Malzeindruck ein wenig aus. Der Abgang bleibt weich und rund. Retronasal bleibt ein wenig Röstmalzcharakter, und mit der angenehmen, nicht mastig wirkenden Vollmundigkeit ergibt sich ein schön harmonischer Gesamteindruck.

Brauwerk Allgäu – Kellerbier (5,0%)

Das Bier ist hell kupferfarben und überrascht damit, dass es fast klar ist. Immerhin ist es ein unfiltriertes Kellerbier, aber offensichtlich hat sich der Bodensatz so fest in der Flasche abgesetzt, dass das Bier im Glas jetzt wirklich nur leicht opalisiert. Der feinporige, kremig wirkende und etwas beigefarbene Schaum hält sich zurück – ein bisschen mehr wäre schon schön gewesen. Der Duft ist würzig und malzig, und er weist ein paar harzig wirkende Honigaromen auf.

Der Antrunk ist frisch und spritzig, fast schon ein bisschen scharf, und auf der Zunge dominiert zunächst mal der kräftige, würzige Malzkörper, der die Noten aus dem Geruch aufnimmt und weiterentwickelt. Auch der harzige Waldhonig wird hier noch deutlich. Gleichzeitig spüre ich aber auch eine robuste Herbe, die sowohl hopfige als auch leicht ins Hefige gehende Noten aufweist.

Dies setzt sich auch nach dem Schluck im Abgang fort. Ein kerniges, durchaus deftiges Bier.

Brauerei Clemens Härle – Von Hier – Helles Bier (5,0%)

Das Bier hat eine kräftig gelbe Farbe, ist deutlich und gleichmäßig trüb, und es trägt eine schöne, kremige und schneeweiße Schaumkrone, die auch recht lange hält. Der Duft ist dezent malzig und weist ein paar spielerische Blütenhonig-Noten auf.

Der Antrunk ist spritzig und frisch, und auf der Zunge zeigen sich sowohl Malz- als auch Blütenhonig-Charakter in ähnlicher Weise wie im Duft. Eine dezente Herbe (die vielleicht auch ein wenig von der Hefe kommt) balanciert die Malzsüße aus. Der Abgang ist zunächst weich und malzaromatisch, dann aber produziert das Bier eine (alkoholische?) Wärme im Hals, die für ein lediglich fünfprozentiges Bier sehr ungewöhnlich ist.

Miller – High Life (4,7%)

Ein Bier für den schnellen Zisch, wenn man echten (!) Durst hat und das Bier eiskalt ist. Dann geht’s. Sonst nicht. Der Claim „The Champagne of Beers.“ ruft bei mir höchstens Lachsalven hervor.

Goldgelb und blitzblank gefiltert steht das Bier im Glas, gekrönt von einem schneeweißen, flockigen und ewig lange haltbaren Schaum, der sehr künstlich aussieht. Der Duft ist dezent malzig mit einer leicht erdigen Note (vom Mais?).

Der frische und spritzige Antrunk leitet über zu einem ebenso frischen, leicht süßlichen und kaum herben Eindruck auf der Zunge. Retronasal tut sich nicht viel, höchstens ein paar dezente Malznoten, aber auch die nur beim genauen Hinriechen. Der Schluck ist dementsprechend ebenfalls unauffällig. Zisch und weg. Selbst ein ganzer Liter ist so in Windeseile verschwunden.

Brauerei Clemens Härle – Clemens ohne Filter; Brauerei Clemens Härle – #bierforfuture; Brouwerij van Steenberge – Gulden Draak – Classic – das authentische dunkelrote Tripel; Brauwerk Allgäu – Sommerpils; BernardiBräu – Grüntengurglar – Kellerbier; Einbecker Brauhaus – Brauherren Pils

Brauerei Clemens Härle – Clemens ohne Filter (5,4%)

Das Etikett behauptet, die Farbe sei dunkelblond – ich empfinde sie schon als helles braun. Das Bier ist schön gleichmäßig trüb und trägt eine dezente, haltbare und leicht beigefarbene Schaumkrone. Der Duft ist malzig, leicht süßlich und geht in die Richtung von Malzbonbons.

Der Antrunk ist angenehm weich und rund. Auf der Zunge ist das Bier malzbetont, leicht süßlich und recht vollmundig; die niedrige Spundung unterstreicht diesen Eindruck. Ein paar Karamellnoten sind spürbar und ergänzen den Gesamteindruck sehr harmonisch. Auch nach dem Schluck bleiben die karamelligen Akzente weitgehend erhalten, und nur eine sehr geringe Herbe ist im Abgang spürbar. Ein warm und voll wirkendes Bier, das trotzdem nicht mastig wirkt.

Brauerei Clemens Härle – #bierforfuture (4,7%)

Das Bier hat eine hellgelbe Farbe, ist kräftig und gleichmäßig trüb und trägt eine feste, schneeweiße Schaumkrone, die schöne Trinkränder hinterlässt. Der Duft ist malzig mit ein paar feinen, süßlichen und ganz leicht getreidig wirkenden Noten.

Der Antrunk ist frisch, leicht kohlensäurescharf, und auf der Zunge wirkt das Bier durchaus ausgewogen – eine leichte Malzsüße paart sich mit einer feinen Hopfenherbe, was das Bier gut trinkbar macht. Retronasal spüre ich neben der Malzsüße und den Getreidenoten einen Hauch von Kaugummiaroma, der fast ein bisschen an Gletschereisbonbon erinnert. Der Abgang ist dann mild, kaum herb und leicht süß.

Brouwerij van Steenberge – Gulden Draak – Classic – das authentische dunkelrote Tripel (10,5%)

Das Bier ist in der Tat dunkelrot. Mit einem leichten Braunstich und einer feinen, gleichmäßigen Trübung. Der leicht beigefarbene Schaum entwickelt sich sehr üppig, ist zunächst schön anzusehen, wird dann aber rasch großblasig. Er hält sich aber trotzdem weiter sehr lang und hinterlässt beim Trinken auch feine „Brüsseler Spitzen“ im Glas. Der Duft ist malzig, ein bisschen melanoidinig und hat ein paar fruchtige Akzente, die ein wenig an dunkle Früchte, insbesondere an Datteln erinnern.

Der Antrunk ist ein bisschen zu bizzelig, und auch auf der Zunge schäumt das Bier etwas zu stark auf – die Kohlensäure ist leider nicht so schön gebunden. Dann aber wird es auf der Zunge malzig-süß, weich und rund. Volle und warme Malzaromen paaren sich mit den retronasalen Aromen dunkler Früchte, und eine feine Bittere untermalt das Ganze. Die Bittere ist es auch, die nach dem Schluck sachte in den Vordergrund drängt und verhindert, dass das Bier zu mastig oder gar klebrig wirkt. Ein paar dunkle Fruchtaromen, nun eher an überreife Pflaumen erinnernd, bleiben noch eine ganze Zeitlang spürbar.

Brauwerk Allgäu – Sommerpils (4,8%)

Das Bier hat eine ganz helle, fast schon blass wirkende gelbe Farbe und ist leicht und gleichmäßig trüb. Der Schaum ist schneeweiß, entwickelt sich aber nur zurückhaltend und mag auch nicht allzu lange halten. Das Bier entwickelt einen leichten Hopfenduft mit klassischen Heuaromen und einem Hauch Zitrus.

Der Duft ist spritzig und leicht pfeffrig-scharf; auf der Zunge ist das Bier frisch, dezidiert herb, aber nicht bitter, und eine leichte Restsüße balanciert die Hopfenherbe schön aus. Retronasal spüre ich vorrangig wieder die Heu- und Zitrusnoten und dahinter einen leichten Hauch blumigen Honigs. Letzterer könnte vielleicht schon deshalb entstanden sein, weil das Bier hart an der Grenze des Mindesthaltbarkeitsdatums ist – Sommerpils sollte man nicht im November trinken, auch wenn das Wetter noch dazu einlädt … Der Abgang bringt die Hopfenherbe ein bisschen nach vorn und macht die Schleimhäute ganz leicht rau, so dass Verlangen nach dem nächsten Schluck entsteht. Fein!

BernardiBräu – Grüntengurglar – Kellerbier (4,7%)

Das hellgelbe Bier ist, wie es sich für ein Kellerbier geziemt, leicht und gleichmäßig trüb, und es entwickelt einen schönen, schneeweißen Schaum. Der Duft ist leicht malzig, und darüber legt sich ein Hauch floraler Hopfenaromen, der, wenn das Bier sich langsam erwärmt, fast schon parfümig-duftig wird.

Der Antrunk ist weich, die Spundung nicht allzu hoch. Auf der Zunge dominiert eine weiche Vollmundigkeit; rund und fast schon leicht sämig fließt das Bier über die Zunge. Eine dezente, aber doch präsente Hopfenherbe und heuartige, leicht florale Hopfenaromen begleiten das Aromenspiel. Im Abgang tritt die Bittere ein wenig stärker hervor, ohne jedoch zu kernig oder gar dominant zu werden. Ein rundes, durchtrinkbares und im klassischen Sinne „süffiges“ Bier.

Einbecker Brauhaus – Brauherren Pils (4,9%)

Das Bier hat eine leuchtend gelbe Farbe, ist blitzblank filtriert und trägt eine schöne und schneeweiße Schaumkrone. Der Duft zeugt mit einem schnell verfliegenden Hauch Lichtgeschmack von der grünen Flasche, wird dann aber hopfig-herb mit einer feinen metallischen Note.

Der Antrunk ist frisch und spritzig, auf der Zunge ist das Bier sehr schlank und mit einer durchaus prägnanten Hopfenbittere, die ich aber von früher her irgendwie intensiver in Erinnerung habe. Trotzdem angenehm. Der Abgang ist sauber, frisch und hopfig-bitter, ohne dass die Bittere nachhängen oder adstringierend die Schleimhäute aufrauen würde.

Ein schönes norddeutsches Zischbier für den Sommer.


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