Verkostungspaket
von Liquid Story

Eine tolle Geste der Brauerei!

Da habe ich wohl Glück im Unglück gehabt, nachdem sich folgende Geschichte zugetragen hat:

In einem Verkostungspaket aus Hannover befindet sich eine Dose „The Best Part of Waking up are the Hops in my Cup – Coffee IPA“ von Liquid Story aus Braunschweig.

Vorsichtig nehme ich die Dose in die Hand, und sofort habe ich so ein Gefühl. Mensch, was ist die merkwürdig fest. Richtig stramm. Ob da zu viel Druck drauf ist? Sicherheitshalber nehme ich die Dose mit ins Bad und öffne sie im Waschbecken. Und tatsächlich: Es spritzt ein wenig beim Öffnen, und anschließend steigt das Bier aus der Dose und fließt ins Becken. So schnell kann ich gar nicht ins Glas einschenken, wie das wegschäumt, und so fließt eine erkleckliche Menge Bier direkt in den Ausguss. Gushing!

Wie meistens dokumentiere ich meine Verkostungsnotizen in den Social Media, und obwohl das Bier geschmacklich einwandfrei ist, entwickelt sich natürlich ob der übermäßigen Spundung eine lebhafte Diskussion über Qualitätssicherung und -kontrolle in Kleinbrauereien, über Infektionen, Überspundung, Hop Creep und alle möglichen und unmöglichen Ursachen für ein solches Gushing. Fast schon tut mir die Brauerei Liquid Story leid, denn unbewusst neigt man als Leser natürlich dazu, solche Diskussionen immer der Brauerei zuzuordnen, unter deren Bierbild sie sich entwickeln. Was in diesem Fall sicherlich nicht gerechtfertigt wäre, denn ich habe von Liquid Story schon ein paar richtig gute Biere genossen. Da wäre es ungerecht, diese eine wohl etwas misslungene Dose verallgemeinernd für die ganze Brauerei zu sehen.

Parallel zur offenen Diskussion im Netz entspinnt sich aber auch ein sehr konstruktiver Austausch mit Lukas Arndt von Liquid Story, der sich ernsthaft Gedanken macht, warum diese eine Dose bei mir so überschäumt.

Gemeinsam begeben wir uns systematisch auf Ursachenforschung, und es scheint, als könnten wir die Ursache ein bisschen eingrenzen: Es ist wohl zu viel Trub in diese eine Dose hineingeraten, und das hat nach der Abfüllung noch zu einem enzymatischen Umsetzungsprozess geführt. Ein einmaliges Problem.

Zeitsprung:

Zehn Tage später erreicht mich ein Paket mit drei verschiedenen Bieren, insbesondere dem, das im Hotelwaschbecken so eine Schaumorgie veranstaltete. Und ein schönes Verkostungsglas von Liquid Story ist auch noch dabei.

Was für eine Freude!

eine schöne Aufmerksamkeit

Es wäre nicht nötig gewesen, mir als quasi „Wiedergutmachung“ dieses Verkostungspaket zu schicken – denn es war nur eine einzige Dose, die nicht in Ordnung war. Aber es ist eine tolle Geste! Zwei Biere von Liquid Story und ein drittes von der Wittorfer Brauerei, bei der die meisten Liquid-Story-Biere entstehen.

Bildergalerie

Ein herzliches Dankeschön geht also nach Braunschweig an Liquid Story, an Lukas Arndt, und selbstverständlich gibt es nun eine detaillierte Rückkopplung in Form von …

Verkostungsnotizen

Liquid Story – The Best Part of Waking up are the Hops in my Cup – Coffee IPA; Liquid Story – Imperial Stout – P.I.V.O. – Pink Pepper, Imperial Stout, Vanilla, Orange; Wittorfer Brauerei – Hinselegger – Palo Santo Wood Aged Belgian Style Dark Ale

Liquid Story – The Best Part of Waking up are the Hops in my Cup – Coffee IPA (6,5%)

Tja, statt des ausgeprägten Gushings diesmal ein eher schwach gespundetes Bier. Und genau so soll es laut Aussage der Braunschweiger Brauer auch sein.

Nur eine ganz dünne Schaumschicht also, und ansonsten ein gelborangefarbenes Bier, milchig trüb, fast wie Maracujasaft aussehend.

Und der Rest meiner seinerzeitigen Verkostungsnotizen? Fast unverändert – es sind eigentlich nur Schaum und Spundung, die unterschiedlich sind. Der Duft ist harzig und fruchtig. Kräftige Pampelmusenaromen, feine Maracujanoten, und das Ganze garniert mit einer interessanten, ein bisschen an Kiefernadeln erinnernden Harzigkeit. Einladend.

Der weiche und milde Antrunk leitet über zu einer interessanten Kombination aus Restsüße, fruchtig-harziger Bittere und einem feinen Kaffeearoma, das angesichts der hellen Farbe des Biers fast wie ein Fremdkörper wirkt. Schließe ich jedoch die Augen, dann rückt sich alles wie von selbst wieder ins Lot.

Nach dem Schluck bleibt die Bittere diesmal aber recht ausgewogen. Zwar treten wieder Aromen der Röstkaffeebittere in den Vordergrund, aber die Pampelmusenaromen halten sich etwas mehr zurück. Die Hopfenbittere wird nicht so dominant, und so ist auch mehr Harmonie gegeben. Da scheint wohl (aber das ist nur eine Vermutung) bei der letzten verkosteten Dose in der Tat zu viel Hopfentrub in mit reingerutscht zu sein und eine enzymatische Nachgärung ausgelöst zu haben.

Liquid Story – Imperial Stout – P.I.V.O. – Pink Pepper, Imperial Stout, Vanilla, Orange (10,0%)

Ist ja ‘ne nette Abkürzung, oder? Da bin ich ja mal neugierig, ob ich die drei Aromen P, V und O aus dem I herausschmecke …

Das Bier läuft leicht viskos und dunkelrubinrot bis schwarz in das Glas. Der Schaum baut sich ob der Dickflüssigkeit nur langsam auf – ich kann zusehen, wie sich die Kohlensäurebläschen mühsam durch das zähe Bier nach oben kämpfen, um dort dann eine schöne, stabile, kremige und sehr lange haltbare, beigefarbene Schaumschicht zu bilden. Eine Schaumschicht, die aber so kremig bleibt, dass sie keine Trinkränder hinterlässt, sondern sachte am Glas herunterrutscht.

Der Duft ist leicht schokoladig mit einer feinen Vanillenote. Hinter dem V kann ich also schon mal einen Haken machen.

Der Antrunk ist recht weich und viskos, aber er zeigt auch eine ganz feine Schärfe, die ich jetzt mal dem rosa Pfeffer zuschreibe. Ohne zu wissen, wofür das P steht, hätte ich den Pfeffer nicht identifiziert und lange sinniert, woher die feine Schärfe kommt – so aber weiß ich es und kann schon mal das zweite Häkchen setzen.

Auf der Zunge ist das Bier süß, fast schon ein bisschen klebrig. Die Schärfe wird noch ein bisschen deutlicher, dazu gesellen sich Schokoladen- und Mokkaaromen, beide aber durchaus dezent und nicht so wuchtig, wie in manchen anderen Imperial Stouts. Und retronasal kommt jetzt ein fruchtiger Hauch! Ja, da ist es, das O. Für Orange. Passt also.

Im Abgang erfreut mich das Bier damit, dass die süße Klebrigkeit zwar erhalten bleibt, aber nicht so extrem, dass alles im Gaumen und Rachen verpappt, sondern so, dass ich noch lange den süßen Genuss, die Vanille, die Schokolade, den Mokka und den feinen Fruchthauch genießen kann. Und in der Speiseröhre spüre ich eine feine alkoholische Wärme mit einer dezenten Schärfe. Angenehm!

Wittorfer Brauerei – Hinselegger – Palo Santo Wood Aged Belgian Style Dark Ale (5,8%)

Die Beschreibung auf der Dose liest sich spannend: „Noch ein kleines Experiment aus unserer Versuchsküche. Wir haben einen Sud von unserem dunklen Arbeiterbier mit belgischem Kandiszucker verfeinert und mit einer belgischen Abteihefe vergoren. Das fertige Bier haben wir dann noch mehrere Wochen auf Palo Santo Holz Chips gelagert. Klingt wild, schmeckt aber wirklich spannend und lecker! Also, wer traut sich? Gezondheit!“

Klingt wirklich spannend – abgesehen von dem unspezifischen „lecker“, bei dem ich nie weiß, was das heißen soll. Zu oft höre ich bei grillenden Prolls ein „lecker“, wenn doch eigentlich nur gemeint ist „billigstes Mastfleisch in riesigen Lappen für wenig Geld“.

Das Bier ist ganz dunkelbraun und fast klar, und der üppige Schaum, der sich entwickelt, ist beigefarben und wunderbar kremig. Ein optischer Genuss.

Der Duft ist … komplex. Was rieche ich da alles? Etwas Dunkelmalz, ein bisschen phenolische Aromen, wie sie in belgischen Bieren oft zu finden sind. Ein Hauch Melasse, ein bisschen was Holziges, aber auch einen Hauch Walnuss. Oder doch eher Pekannuss? Spannend, wie sich diese Aromen entwickeln und miteinander in Wechselwirkung treten. Gegen Ende tritt sogar noch ein feines Süßholz- und Lakritz-Aroma hinzu!

Der Antrunk ist überraschend spritzig, ganz dezent säuerlich und nicht frei von einer feinen Schärfe. Auf der Zunge ist das Bier weniger viskos, als es der Geruch hätte erwarten lassen. Im Vordergrund steht der Malzcharakter, aber auch die Pekannuss-Aromen sind jetzt sehr deutlich. Das Holzige und die Melasse sind nicht mehr ganz so ausgeprägt, aber immer noch spürbar, und eine nur dezente Herbe verhindert, dass das Ganze zu süßlich oder gar klebrig wird.

Am Zungenrand spüre ich eine feine adstringierende Textur. Das wird nach dem Schluck noch ein wenig stärker. Die Schleimhäute werden ganz leicht rau und trocken und ermuntern zum nächsten Schluck. Kommt vermutlich von der Lagerung auf den Holzchips, denn es wirkt wie von Gerbstoffen verursacht.

Ein hochinteressantes, wenn auch nicht sehr durchtrinkbares Bier. Etwas für den Genuss in kleinen Schlucken, von dem ob der sensorischen Intensität 330 ml aber auch ausreichen.

Bildergalerie

Liquid Story Brewing UG
Calvördestraße 11
38 118 Braunschweig
Niedersachsen
Deutschland

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