Reklame?*
Manche Craftbierbars verlangen ihren Gästen ganz schön was ab. Besonders dann, wenn das Angebot so groß ist, dass man selbst als Stammgast überfordert scheint, alle angebotenen Biere verkosten zu können.
Was soll man denn machen, wenn es sage und schreibe neunundneunzig Zapfhähne gibt, die auch alle angeschlossen sind?
Sisyphus hatte es im Vergleich wohl noch leicht …
Ich habe meine Gedanken dazu in einen kurzen Text einfließen lassen, der im Bier-Brevier Unser täglich Bier gib uns heute, erschienen ist. In diesem wunderbaren Buch, in dem Ihr für jeden Tag des Jahres einen neuen Text, ein Gedicht, einen Aphorismus, eine Parabel oder eine Persiflage zum Thema Bier findet.
99 Stamperl Bier. Ein Text vom 21. November:
unser täglich Bier gib uns heute
99 Stamperl Bier
Es gibt da diese eine Bar mitten im Zentrum Warschaus. 99 Zapfhähne und das Angebot, eine Bierprobe in einem großen Schnapsglas für nur einen Złoty, also rund 25 Cent zu bekommen.
„Geht auch eine Probe von jedem Bier?“
Der Barmann seufzt und schenkt ein. Endlos scheint die Reihe der 99 Schnapsstamperl sich über die lange Bar zu erstrecken. Also, auf geht’s!
Ein paar Alkoholfreie. „Wie Wasser!“, „Wasser!“, „Wasser!“ Hopp, hopp, hopp!
Kaum anders bei den leichten Hellen, den Exportbieren und den Pilsnern. Hopp und weg. Die Schlagzahl ist hoch, die Zeit verrinnt rasch. Bier Nummer 15 ist das erste Pale Ale. Oder war es schon die 18? Ach, egal. Weiter geht’s, nur weiter.
Ein halbes Dutzend einfache Dunkle, ein halbes Dutzend India Pale Ales. Geht doch. Jedes schmeckt irgendwie anders. Oder doch alles gleich? Langsam sinkt die Frequenz. Darf ich mal ein Wasser zwischendurch?
Weiter. Oh, was war das? Ein Stout? Ein Imperial Stout gar? Ein Russian Imperial Stout? Bestimmt acht oder neun Prozent. Oho!
Zwei Drittel des Wegs sind geschafft. Die Konzentration lässt nach. Der Kopf beginnt zu brummen. Die Zunge klebt am Gaumen. Die Biere werden immer stärker. Hopfenbomben, Malzgranaten, kleine Alkoholexplosionen. Bierkrieg! Schweres Gefecht!
Puh, was für ein Nachgeschmack. Bäh! … Ach so, das war was Fassgereiftes? Hm, könnte ich dann nochmal…? Äh, nein, besser nicht. Ein Dutzend Gläser muss ich noch.
Oh, alles dreht sich. Der Kopf wie in Watte gepackt. Wie fernes Meeresrauschen erreichen mich die Stimmen der anderen. Die Lichter über der Theke flackern und beginnen zu tanzen. Ein halb getrunkenes Glas Rauchbock ergießt sich über die Theke. War ich das? Klebrig pappt der Eisbock meine Zunge an den Gaumen.
Ich will schlucken, aber esss geht nicht. Meine Tsssunge kllllebt. Drei, vier Gläser noch. Oder so.
Stehen da noch zwei, oder sehe ich doppelt. Mühsam greife ich ssswischen die beiden Gläser. Oder isses jetsss doch nur eins?
Eine letzte Handbewegung. Geschafft! 99 Biere „fachmännisch verkostet“. Hast Du mitgeschrieben, was ich getrunken habe? Was? Wie es geschmeckt hat? Oh, ich weiß nicht, ist mir auch egal. Ich bin durch… So was von durch…
99 Stamperl Bier
unser täglich Bier gib uns heute
Mehr über dieses wunderbare Buch, aus dem dieser Text stammt, hier und unter den Hashtags #bierbrevier und #unsertaeglichbiergibunsheute in den Social Media.
E.I. und Freunde: Unser täglich Bier gib uns heute
tredition GmbH
Hamburg, 2020
ISBN Paperback: 978-3-347-13125-5
ISBN Hardcover: 978-3-347-13126-2
ISBN E-Book: 978-3-347-13127-9
* Reklame? Es gibt immer wieder Diskussionen, ob die Rezension von Büchern Reklame sei. Im Zweifelsfall sollte ein Blogbeitrag daher entsprechend gekennzeichnet werden. Nun, in diesem Fall ist die Frage leicht zu beantworten:
Reklame? Ja!
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