Der Tauschhandel blüht (48), Rettenberg, DEU

[Blick zurück auf August 2023]

Es geht nichts über gute Kollegen am Arbeitsplatz!

Gerade erst bin ich mit dem Nachtzug angekommen. Eine schnelle Dusche, um wieder frisch zu werden. Und dann geht’s gleich los zum Weißwurstfrühstück auf der BierAlp.

Wir treffen uns dort mit ehemaligen Arbeitskollegen, dem Ehepaar H., die mittlerweile liebe Freunde geworden sind.

„Herzlichen Glückwunsch nachträglich zum Geburtstag“, heißt es, und ich werde geherzt. „Und schau mal, wir haben eine Kleinigkeit für Dich!“

ein Überraschungs-Sixpack

Wie von Zauberhand steht plötzlich ein Sixpack auf dem Tisch. „Fremdbier mit in die Brauerei bringen, na, das ist ja ein Ding!“ Wir albern herum.

Aber ganz ohne Albernheit: Das ist eine wunderbare Überraschung, weil es sechs vorzügliche und edle Biere sind. Was für eine Vorfreude, die mich da befällt.

Verkostungsnotizen

Riegele BierManufaktur – Amaris 50 – Imperial Pilsener; Riegele BierManufaktur – Ator 20; Riegele BierManufaktur – IPA Liberis 2+3; Riegele BierManufaktur – Noctus 100 – Imperial Stout; Riegele BierManufaktur – Auris 19; Schneider Weisse – Aventinus Eisbock

Riegele BierManufaktur – Amaris 50 – Imperial Pilsener (5,0%)

Das Bier ist hellgelb und gleichmäßig trüb, und es erfreut mit einer schönen, schneeweißen und auch lange haltbaren Schaumschicht.

Der Duft ist kräftig hopfig mit klassischen Kräuter-, Heu- und ganz leichten Zitrusaromen.

Der Antrunk ist frisch, aber nicht zu spritzig-bizzelig, und er lässt schon die Bittere erahnen, die sich gleich im Mund entfalten wird.

Kaum kommt das Bier an Zunge und Gaumen, macht sich eine intensive, aber sehr ausgewogene und niemals raue oder gar kratzige Bittere breit. Retronasal kommen die Kräuteraromen sehr schön zur Geltung, während die Schleimhäute ganz sachte trocken werden. Restsüße? Fehlanzeige. Das Bier ist schlank und sehr trocken.

Im Abgang wird die Hopfenbittere endgültig zum Star des Schauspiels. Kräftig und muskulös macht sie sich breit, bleibt dabei aber immer höflich. Nach dem Schluck zieht sie sich langsam und dezent zurück, Schritt für Schritt verlässt sie rückwärts die Bühne.

Was bleibt, sind die trockenen Schleimhäute und die Lust auf den nächsten Schluck.

Wenn ich auch nicht weiß, was ein Imperial Pilsener sein soll, aber das hier ist großes Pils-Kino!

Riegele BierManufaktur – Ator 20 (7,5%)

Das Bier ist tief dunkelbraun mit einem leicht rubinroten Stich. Es ist klar und trägt eine dezent beigefarbene Schaumkrone, die allerdings nicht allzu lange hält.

Der Duft ist intensiv kräuterig und malzig und erinnert an Schweizer Blockmalz.

Der Antrunk ist weich, ein bisschen viskos und zuckrig süß. Auf der Zunge macht sich die dezent röstige Malzsüße dick und fett und betört geradezu mit ihren vollen, malzigen Aromen, die retronasal durch die Nase strömen. Wer jetzt immer noch nicht an Blockmalz denkt und in seine Kindheit zurücksinniert, als es eine Freude war, die Malzstücke bei Oma und Opa lutschen zu dürfen, dem ist nicht zu helfen.

Die feine Kräuterschicht, die darüber schwebt, ist gerade ausreichend, zu verhindern, dass alles zu klebrig und süß wird – gleiches gilt für den Hauch Röstigkeit.

Nach dem Schluck wird der Röstakzent ein bisschen kräftiger. Zwar drängt er sich noch lange nicht in den Vordergrund, aber er wird auch nicht mehr übersehen. Beziehungsweise überrochen oder überschmeckt. Jetzt wird auch erstmalig eine angenehme Bittere spürbar, die gar nicht so schwach ist, hinter der Malzsüße aber gar nicht zur Geltung kam.

Nach dem letzten Schluck offenbart sich dann noch eine feine alkoholische Wärme, und mir kommt der Gedanke, dass ich lange nicht einen so mächtigen und dennoch ausgewogenen dunklen Doppelbock getrunken habe.

Hier stimmt alles.

Riegele BierManufaktur – IPA Liberis 2+3 (0,4%)

Das Bier ist goldgelb und klar, und es entwickelt einen schönen, weißen und stabilen Schaum.

Der Duft ist dezent getreidig mit feinen zitronigen Hopfennoten.

Dem frischen und leicht süßlichen Antrunk folgt ein malzsüßer, fast etwas zuckriger Eindruck auf der Zunge, gepaart mit einer angenehmen, fruchtigen Hopfenherbe. Retronasal werden die dezent zitronenfrischen Hopfenaromen von getreidigen Noten dominiert – der hopfige Akzent sorgt aber dafür, dass das Bier nicht in die nur mit Überwindung trinkbaren Regionen klassischer Alkoholfreier absinkt.

Der Abgang unterstreicht das getreidige Aroma noch einmal, und nach dem Schluck wird auch der zuckrig-süße Malzeindruck noch ein wenig erhalten.

Gehört zwar zu den besseren Alkoholfreien auf dem deutschen Markt, aber ein wenig mehr Kernigkeit und weniger Getreide könnte es schon noch vertragen.

Riegele BierManufaktur – Noctus 100 – Imperial Stout (10,0%)

Das Bier ist blickdicht schwarz und trägt eine Schaumschicht, die in Farbe und Konsistenz an Mousse au Chocolat erinnert.

Der Duft ist intensiv malzig, leicht röstig und wird ergänzt durch ein paar fruchtig-weinige Noten – Pflaumen in Madeira kommen mir da als erstes in den Sinn. Erst nach einem Moment an der Luft, nach einem gewissen „Atmen“ kommen leichte Kaffee- und Bitterschokoladearomen hinzu.

Der Antrunk ist zwar viskos und zäh, aber die Kohlensäure bizzelt trotzdem ein bisschen hervor. Auf der Zunge macht sich das Bier sämig breit und erfüllt den Mund erstmal mit einer intensiven Malzsüße, die aber gleich von einer feinen Röst- und Hopfenbittere ausbalanciert wird. Retronasal kommen die Röstaromen als erstes hervor, einen Moment später trauen sich auch die Schoko- und Kaffeenoten auf die Bühne. Die weinigen Fruchtnoten halten sich verschreckt zurück.

Der Abgang ist trotz der leichten Röstbittere eher seidig, unterstreicht noch einmal die Malzaromatik und klingt dann mit einer feinen alkoholischen Wärme ab.

Riegele BierManufaktur – Auris 19 (9,0%)

Das Bier ist knapp über seinem Mindesthaltbarkeitsdatum und rächt sich dafür, indem es nach dem Öffnen des Kronkorkens langsam aus der Flasche kriecht. Zum Glück so langsam, dass ich problemlos das Glas nehmen und einschenken kann, ohne dass auch nur ein Tropfen daneben geht.

Die Farbe ist goldgelb, das Bier nach vorsichtigem Einschenken klar, und der Schaum entwickelt sich sehr schön.

Der Duft betört mit blumigen Noten und einem intensiven Akzent von Sommerblütenhonig.

Der Antrunk ist weich und sämig, und auf der Zunge wirkt das Bier sehr malzig mit intensiven Biskuitnoten und einer etwas seifigen Textur. Die Sommerblütenhonigaromen kommen retronasal gut zur Geltung, ebenso wie die Biskuitnoten – wobei letztere im Verlauf (mit dem langsam wärmer werdenden Bier) immer intensiver und gegen Ende fast aufdringlich werden.

Der Schluck ist weich, lässt die Bittere nur dezent spüren und klingt sachte und samtig ab. Die etwas auf den Schleimhäuten haftende, seifige Textur bleibt noch einen Moment länger erhalten.

Schneider Weisse – Aventinus Eisbock (12,0%)

Eines meiner Lieblingsbiere – ich habe immer ein paar Flaschen davon im Kühlschrank, um sie länger einzulagern, denn dieses Bier wird mit jedem Jahr besser, weiniger, runder … Heute aber knallfrisch – gerade erst vor ein paar Monaten abgefüllt.

Das Bier ist dunkelbraun, und wenn ich es vorsichtig einschenke, kommt es fast klar aus der Flasche. Ich kann mir also das Vergnügen gönnen, erst das dekantierte Bier zu verkosten und dann erst den Hefebodensatz hinzuzugeben. Der kremige, leicht beigefarbene Schaum ist weizenbiertypisch recht üppig und, für diesen hohen Alkoholgehalt eher untypisch, ewig lange haltbar.

Der Duft ist ganz leicht röstig und schokoladig mit feinen Fruchtestern, die darüber schweben. Die sonst immer so dominanten Trockenpflaumenaromen entwickeln sich wohl erst noch mit weiterer Reifung. Trotzdem wunderschön.

Der weiche Antrunk lässt die Kraft erahnen, die in diesem Bier steckt, und auf der Zunge breitet sich rasch eine fruchtige und ganz dezent schokoladige Aromenwelt aus, getragen von einer angenehmen Süße und sehr fein moussierender Kohlensäure. Es dauert ein paar Sekunden, und dann wird der Alkohol auch spürbar – aber nicht durch Spritigkeit, sondern durch weiche Wärme, die er auf den Schleimhäuten und – nach dem Schluck – auch in der Speiseröhre erzeugt.

Der Schluck ist es auch, der die Aromen retronasal noch mal richtig kräftig zur Geltung bringt. Es wird fruchtiger, ein kleines bisschen dunkles Steinobst kommt hervor, und auch ein wenig bitterer Kakao nebst feinen Röstnoten.

Jedes winzige Schlückchen ein Genuss.


Weitere Berichte über den Tauschhandel am Arbeitsplatz sind von hier aus erreichbar.

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