Probierpaket
von One Pint

[Blick zurück auf April 2024]

Wenn der Paketbote einmal völlig überraschend klingelt …

Morgens um zehn klingelt es. „Kannst Du mal gehen? Ich bin noch im Bad …“, höre ich und dackele brav zur Tür. „Wer weiß, was da wieder für ein Paket kommt“, muffele ich in Gedanken in mich hinein, aber sowie ich auf den Absender sehe, hellt sich mein Blick auf:

One Pint, einer der besten Craftbier-Importeure in Deutschland!

Ein Überraschungspaket mit elf spannenden Bieren (und einem Cider), die es nun zu verkosten gilt.

Ein herzliches Dankeschön geht raus an Jörn, der mit diese Auswahl hat zukommen lassen.

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Verkostungsnotizen

Samuel Adams – Boston Lager; Browar Stu Mostów – Pale Ale; Tennent’s – India Pale Ale; Green Gold Brewing – Povodni Mož – West Coast IPA; Reset Brewery – Blurry – DDH Hazy Pale Ale; Henry Westons – Herefordshire Vintage Cider – Medium Vintage Rosé; Siren Craft Brew – Just Like Paradise – Tropical IPA; Fuller’s – London Porter; Wicklow Wolf – Sugarloaf Juicy IPA; Duvel – Tripel Hop Cashmere – Belgian IPA; Sierra Nevada – Narwhal – Imperial Stout 2023; Enigma – Hopnytized – New England IPA

Samuel Adams – Boston Lager (5,0%)

Das Bier hat eine ansprechende Kupferfarbe und zeigt, wenn man das Glas gegen das Licht hält, einen Hauch Trübe. Der dezent eierschalenfarbene Schaum entwickelt sich zurückhaltend und zeigt dann auch wenig Durchhaltevermögen.

Der Duft zeigt ein paar kräuterige, fast harzig wirkende Hopfenaromen.

Dem weichen Antrunk folgt ein runder, ausgewogener Eindruck auf der Zunge und im Rachen mit einem schönen Malzkörper und einer ebenso schönen Hopfenbittere. Retronasal überwiegen zu diesem Zeitpunkt auch noch die schon orthonasal präsenten Kräuter- und Harzaromen.

Nach dem Schluck ändert sich das ein wenig – ganz sachte entwickelt sich ein leicht dumpfes, an vorzeitige Alterung erinnerndes Aroma. Da das Mindesthaltbarkeitsdatum noch in weiter Ferne liegt, drängt sich mir die Vermutung auf, dass die Flasche vielleicht beim Transport zu warm geworden ist und dadurch der Alterungsprozess beschleunigt worden ist.

Browar Stu Mostów – Pale Ale (5,1%)

Hm, also die Optik spricht mich nicht unmittelbar an. Das Bier ist dunkelgelb und kräftig und gleichmäßig getrübt, aber es hat einen Graustich, der mir nicht wirklich gefällt. Da hilft dann auch der schöne, feinporige und altweiße Schaum nicht, der sich ziemlich lange hält.

Der Duft ist angenehm frisch, aber zurückhaltend. Feine Quittenaromen gefallen gut.

Der Antrunk ist fruchtig-frisch, spritzig und sehr schlank. Auf der Zunge setzt sich dieser schlanke Eindruck fort. Das Bier hat nur wenig Körper, aber schöne Fruchtaromen, die sich spielerisch-leicht präsentieren. Erst nach dem Schluck wird die Bittere stiltypisch prägnant; gleichzeitig zeigen sich die Quitten-Aromen noch einmal in voller Pracht. Sehr gefällig!

Tennent’s – India Pale Ale (6,2%)

Was für ein niedliches kleines Fläschchen, denke ich im ersten Moment, stelle dann aber fest, dass es doch 330 ml sind. Die gedrungene Form und das geringe Gewicht der Einwegflasche haben mich getäuscht …

Das Bier hat eine kräftige, leuchtende Kupferfarbe und ist nur ganz leicht trüb. Der schöne, altweiße Schaum ist zwar nicht sehr üppig, dafür aber lange haltbar und hinterlässt schöne, gleichmäßige Ringe im Glas – jeder Schluck ein Ring. So darf das sein!

Der Duft ist hopfengeprägt und geht in eine kräuterige, dezent harzige Richtung. Sehr ansprechend.

Der Antrunk ist frisch, ohne spritzig zu sein, und auf der Zunge zeigt sich ein angenehmer, runder Malzkörper, der von einer kernigen Bittere begleitet wird. Beides befindet sich in sehr schöner Balance und macht das Trinken zur Freude. Auch retronasal identifiziere ich kräuterige und harzige Aromen, hinzu kommt ein Hauch Biskuit, der vermutlich vom Malz stammt.

Der Schluck ist sehr ausgewogen. Auf eine harmonische Weise verschafft sich die Bittere gegenüber dem eher süßlichen Malzkörper die Oberhand; die Schleimhäute im Rachen werden angenehm trocken und machen Durst auf den nächsten Schluck.

Eine hohe Durchtrinkbarkeit!

Green Gold Brewing – Povodni Mož – West Coast IPA (5,8%)

Was für eine schöne, leuchtende, strohgelbe Farbe! Dazu eine leichte, gleichmäßige Trübung und ein bombenfester und ewig haltbarer, üppiger Schaum, der schöne Trinkränder im Glas hinterlässt. Eine Eins-A-Optik!

Der Duft ist dezent fruchtig (Bitterorangen) und geht dann schon nach kurzer Zeit ins intensiv harzige, ätherische über – Terpene, wie sie in einem Nadelwald zur Sommerzeit zu finden sind. Sehr schön.

Dem frischen und spritzigen Antrunk folgt eine schön ausgewogene Harmonie im Mundraum: Ein nicht zu voller, aber doch schon schön runder Malzkörper wird von einer kräftigen, aber weichen Bittere begleitet, die für meinen persönlichen Geschmack noch einen Hauch kerniger sein könnte, aber auch so schon sehr gut gefällt.

Retronasal überwiegen die Terpen-Aromen, und nach dem Schluck wird die Bittere etwas prägnanter und macht angenehm trockene Schleimhäute.

Erneut eine hohe Durchtrinkbarkeit!

Reset Brewery – Blurry – DDH Hazy Pale Ale (5,4%)

Beim Einschenken entwickelt sich zunächst mal viel Schaum. Zu viel, eigentlich. So viel, dass ich drei, vier Mal nachschenken muss, bis das Glas endlich angemessen gefüllt ist. Aber es ist schöner Schaum. Immerhin! Und er hält sehr lange, wobei er dann beim Trinken auch ansprechende Schaumreste, sogenannte „Brüsseler Spitzen“, im Glas hinterlässt.

Die Farbe ist ein kräftiges Gelb, das Bier ist ebenso kräftig, aber gleichmäßig trüb.

Der Duft ist weich und fruchtig, ich spüre Andeutungen von Maracuja (aber nur ganz dezent), Mango, Papaya und Ananas.

Der Antrunk ist seidenweich, und auf der Zunge entwickelt sich ein Gefühl hervorragender Harmonie. Hopfenbittere und -aromatik sowie Malzsüße halten eine perfekte Balance; keine der beiden Seiten überwiegt oder dominiert gar. Retronasal bleiben die spielerischen Fruchtnoten erhalten, und nach dem Schluck klingt die Bittere in unveränderter Harmonie sanft und gleichmäßig ab.

Henry Westons – Herefordshire Vintage Cider – Medium Vintage Rosé (5,5%)

War zwar in dem Paket mit drin, ist aber kein Bier. Läuft also außer Konkurrenz ohne Bewertung.

Siren Craft Brew – Just Like Paradise – Tropical IPA (4,7%)

Im Glas sieht das Bier zunächst mal ganz toll aus – eine hellgelbe Farbe, eine sehr kräftige, gleichmäßig milchige Trübung und ein schneeweißer, lange haltbarer Schaum. Für ein Milkshake IPA oder Hazy IPA perfekt.

Aber ach, beim ersten Schnuppern am Glas löst sich der gute erste Eindruck in Wohlgefallen auf. Eine kräftige Schwefelnote überdeckt die dahinter gerade noch zu erahnenden Fruchtnoten und lässt mich die Nase rümpfen. Soll ich das jetzt wirklich trinken?

Ich tu’s!

Der Antrunk ist noch so weit in Ordnung. Er ist weich und rund. Aber in dem Moment, wo das Bier sich auf der Zunge verteilt, kommt erstens der Schwefel retronasal sofort und sehr präsent zurück und zeigt sich zweitens das Frucht-Flavour nur noch sehr, sehr flach und eindimensional. Kein großes Trinkvergnügen.

Nach dem Schluck bessert sich da nix. Der Schwefel bleibt präsent und die Fruchtigkeit langweilig, aber wenigstens klingen alle Eindrücke rasch und gleichmäßig ab und hinterlassen weder eine unangenehme Bittere noch einen schwefligen Nachgeschmack aus der Hölle.

Immerhin …

Fuller’s – London Porter (5,4%)

Schon beim Einschenken bereitet dieses Bier Freude – tief dunkel-rubinrot zeigt es sich im Glas, ist klar, und der Schaum bildet sich aus winzigen Bläschen, die nur langsam aufsteigen und eine dicke, kremige und beigefarbene Schicht bilden, die dann ewig lang hält und beim Trinken sehr schöne Trinkränder im Glas hinterlässt. Ein Träumchen.

Der Duft ist dezent röstig mit feinen Mokkaaromen und einer ganz leichten Kakaonote im Hintergrund – sehr schön ausgewogen.

Dem weichen, fast schon samtigen Antrunk folgt ein mindestens genauso samtiges Mundgefühl, das allen Schleimhäuten in Mund- und Rachenraum schmeichelt. Weiche Malzaromen, eine zurückhaltende Süße und eine feine Röstbittere paaren sich in nahezu vollendeter Harmonie.

Retronasal bleiben die Mokka- und Kakao- beziehungsweise Bitterschokoladenaromen erhalten.

Nach dem Schluck klingt die Röstbittere sanft ab, erhält noch für einen Moment die Erinnerung an dieses Bier aufrecht und verblasst dann, ohne auch nur im geringsten kratzig zu wirken. Seidenweich!

Die bei Fuller’s, die können’s halt …

Wicklow Wolf – Sugarloaf Juicy IPA (4,3%)

Die Dose sieht ja witzig aus – einerseits zeigt sie einen Wolf gleich mehrfach als Bestandteil des Logos, andererseits ist sie in kindlich wirkenden türkisen und hellgrünen Farbtönen gehalten. Sowohl die weiße Silhouette eines Wolfs vor türkisem Hintergrund als auch der hellgrüne, stilisierte Wolf vor den hellblauen Anteilen des Farbverlaufs wirken daher etwas eigen.

Das Bier selbst hingegen ist gut. Es hat eine hellgelbe Farbe und eine sehr intensive, gleichmäßige Trübung. Der Schaum entwickelt sich üppig und ist schneeweiß; die Pracht ist aber nicht von Dauer – er zerfällt recht rasch wieder.

Die Nase erfreut sich an kräftigen, herb-fruchtigen Aromen, die an Bitterorangen und gelbe Pampelmusen erinnern.

Der Antrunk ist spritzig und ganz leicht pfeffrig-scharf. Auf der Zunge breitet sich eine angenehme und kernige Bittere aus, eine Restsüße ist nicht zu spüren. Das Bier wirkt knochentrocken. Retronasal sind die herb-fruchtigen Aromen erneut sehr intensiv zu spüren.

Nach dem Schluck bleiben die retronasalen Eindrücke ein ganzes Weilchen erhalten, und auch die Bittere klingt nur langsam ab. Sie bleibt dabei aber stets sauber – kernig, aber nicht kratzig oder breit.

Duvel – Tripel Hop Cashmere – Belgian IPA (9,5%)

Der Wolf im Schafspelz … Das immer wieder wunderbar durchtrinkbare und gleichzeitig hammerstarke Duvel überzeugt auch in der Version des Tripel Hop Cashmere, bei dem in Abweichung vom Standardrezept des Duvel auch Cashmere-Hopfen verwendet wurde.

Im Glas präsentiert sich das Bier hellgelb und schön gleichmäßig trüb. Der Schaum ist üppig, schneeweiß und sehr stabil, und wie es sich für ein belgisches Blond gehört, hinterlässt er auch sehr schöne „Brüsseler Spitzen“ an der Innenseite des Glases.

Der Duft ist dezent fruchtig und erinnert ein wenig an gelbe Stachelbeeren, Honigmelone und Quitten, hat aber auch eine feine Kokosnote ganz im Hintergrund.

Der Antrunk ist angenehm spritzig. Auf der Zunge breitet sich eine knackige Herbe aus, gleichzeitig spüre ich aber auch eine kräftige phenolische Note, wie sie vielen belgischen Bieren, insbesondere den Saison-Bieren, eigen ist. Retronasal ist diese Note ebenfalls sehr präsent, und fast überdeckt sie die fruchtigen Noten, die ich orthonasal schon erspürt habe.

Nach dem Schluck spüre ich den Alkohol intensiv. Zum einen macht er sich jetzt retronasal bemerkbar, ohne dabei jedoch spritig zu werden, zum anderen erzeugt er eine angenehme Wärme im Rachen und im Hals.

Ein sehr schönes Genussbier, das seinen Namen nicht zu Unrecht trägt – wer es nämlich ob seiner hohen Durchtrinkbarkeit unbedacht und unbedarft in großen Schlucken weglenzt und vielleicht sogar noch nach einem zweiten oder gar dritten Glas verlangt, wird die neuneinhalb Volumenprozente mit kurzer Verzögerung sehr deutlich spüren …

Sierra Nevada – Narwhal – Imperial Stout 2023 (10,2%)

Langsam und fast schon ölig fließt das pechschwarze Bier ins Glas. Es scheint ganz leicht trüb zu sein, aber sicher bin ich mir nicht. Mühsam arbeiten sich die Kohlensäurebläschen gegen die Viskosität des Biers nach oben und bilden einen hellbraunen, sehr kremigen Schaum, der auch überraschend lange hält.

Der Duft ist dezent röstig, hat ganz leichte Mokkaaromen und ein paar Süßholznoten, die mir das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen.

Der Antrunk ist weich und sämig, aber durch die Kohlensäure dann doch nicht klebrig.

Auf der Zunge präsentiert sich im ersten Moment eine deutliche Süße, gepaart mit einer feinen Bizzeligkeit und einem Hauch pfeffriger Schärfe. Nur wenige Augenblicke später bricht sich aber eine Brachial-Röstbittere Bahn, die zunächst mal alles dominiert. Das hört sich aber schlimmer an, als es ist, denn die Bittere ist zwar brachial, aber samtig-weich verpackt. Eine eiserne Faust im weichen Wollhandschuh, gewissermaßen.

Retronasal spüre ich ein komplexes Zusammenspiel von brenzligen Röstaromen, lakritzigem Süßholz und herben Mokka- und Kakaoaromen. Gleichzeitig breitet sich nach dem Schluck die Bittere überall im Rachenraum aus, und ganz am Ende kommt noch eine spürbare, aber nicht spritig werdende alkoholische Wärme im Hals dazu.

Ein sehr komplexes Bier, das fast schon von allem zu viel hat.

Enigma – Hopnytized – New England IPA (8,0%)

Die bunten Etiketten von Enigma machen es manchmal etwas schwer, die wichtigen Informationen auf einen Blick zu erfassen, aber sie sehen schon irgendwie geil aus und fallen im Regal auch sofort auf. Insofern weiß ich nicht recht, ob ich sie toll oder doof finden soll …

Das strohgoldene Bier ist nach vorsichtigem Einschenken fast klar im Glas, und es entwickelt einen total üppigen Schaum. Kein Gushing, aber der Schaum steigt wunderbar im Glas auf und lässt sich sogar weit über den Glasrand auftürmen. Und dort bleibt er dann auch stehen. Ich mache das obligatorische Foto, trage das Bierglas zum Rechner, öffne die Datei mit den Verkostungsnotizen, schreibe erstmal die technischen Daten auf und lasse mich über das Etikett aus, und der Schaum steht immer noch. Und steht … Und steht … Und steht …

Wahrscheinlich stünde er heute noch, hätte ich mich nicht irgendwann einmal dazu durchgerungen, das Bier anzutrinken!

Der Duft ist blumig und fruchtig zugleich. Süße Rosendüfte (Geraniol?) wabern über dem Schaum und werden von sehr süßen Tropenfruchtaromen (vorrangig Maracuja und Papaya) begleitet. Im Hintergrund entdecke ich aber auch noch eine dezent phenolische Note, wie sie in so vielen belgischen Bieren zu finden ist.

Der Antrunk ist durchaus spritzig und frisch, auch wenn ich schon die ersten herben und phenolischen Eindrücke zu spüren bekomme. Auf der Zunge zeigt sich eine feine Süße, gleichzeitig aber auch eine kräftige Hopfenbittere und ein etwas harsches, adstringierendes Mundgefühl. Zusammen mit den retronasal jetzt stärker werdenden Phenolen und den sachte abklingenden Rosen- und Fruchtaromen präsentiert das Bier eine beachtliche Komplexität.

Der Schluck bringt Bittere und Phenole weiter nach vorne, und während das leicht raue, adstringierende Mundgefühl nur langsam nachlässt, spüre ich im Hals eine feine, alkoholische Wärme und eine dezente Spritigkeit.

Ein Bier mit Ecken und Kanten, in dem es viel zu entdecken, viel zu lieben, aber auch einiges nicht zu mögen gibt. Spannend!

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