Es geht nichts über gute Kollegen am Arbeitsplatz!
Ein neuer Mitarbeiter ist in unser Team gekommen, und ich führe natürlich ein umfassendes Einführungsgespräch mit ihm. Ich erzähle ihm von meinen Erwartungen, und ich höre aufmerksam, wie er von seinem Woher und beabsichtigtem Wohin berichtet.
„Und dann möchte ich Ihnen noch sagen, dass ich von Ihrem Hobby gehört habe und schon fünf Flaschen Bier aus Rumänien besorgt habe. Die bringe ich Ihnen in den nächsten Tagen mit“, höre ich seine Stimme und kann es fast nicht glauben. Da hat doch das eingeschworene Team hier in Stargard offensichtlich gepetzt und dem Herrn K. gesteckt, dass es bestimmt einen guten Eindruck machen könnte, dem Chef gleich bei der Vorstellung ein paar interessante Biere zu kredenzen.
Banausen sind das. Aber liebe!
Und so gibt es ein paar Tage später fünf Mal ausführliche …
Verkostungsnotizen

Heineken Rumänien – Neumarkt; Ursus – Timișoreana; Ursus – Cuicaș; Bergenbier – Premium Pils; Ursus – Premium
Bergenbier – Premium Pils (5,0%)
Bereits beim Öffnen der Flasche schlägt mir eine deutliche Wolke „Lichtaroma“ entgegen – gewisse Inhaltsstoffe des Hopfens reagieren mit dem Ultraviolett-Anteil des Tageslichts und bilden Stoffe, die den Merkaptanen in den Drüsen der Stinktiere angeblich ähnlich sind. Und die wiederum erzeugen einen Geruch, der nicht von allen als angenehm empfunden wird. Üblicherweise findet man diesen Geruch, dieses „Lichtaroma“ in Bieren aus grünen Flaschen, da grünes Glas den Inhalt weniger gut vor Ultraviolett-Licht schützt als braunes.
Im Glas steht das Bier dann goldgelb, kristallklar gefiltert und mit einer feinen, weißen Schaumschicht, die aber verhältnismäßig rasch zusammenfällt.
Der Antrunk ist spritzig, sehr spritzig sogar und nicht frei von einer Kohlensäureschärfe. Ein Bier, das wohl eher für heiße Sommertage gedacht ist, an denen es einfach nur zischen soll.
Auf der Zunge spüre ich eine dezente Süße sowie einen recht schlanken Malzkörper, und retronasal macht sich wieder das „Lichtaroma“ deutlich bemerkbar.
Der Schluck offenbart noch eine leicht erdigere Note, die in deutlichem Kontrast zur Kohlensäurespritzigkeit steht.
In der Summe ein nicht übermäßig begeisterndes, bizzeliges Sommerbier, das man eiskalt in der Sonne ganz gut wegzischen kann, das aber überall sonst fehl am Platz ist.
Ursus – Premium (5,0%)
Auch dieses Bier hat ein ausgeprägtes „Lichtaroma“. Es ist etwas heller als das vorherige, ansonsten aber sehr ähnlich: Blank gefiltert, wenig und nicht sehr lange haltbarer, weißer Schaum.
Auch hier ein sehr spritziger, eigentlich schon zu spritziger Antrunk, aber auf der Zunge etwas runder, etwas malziger. Ein bisschen vollmundiger, aber nur im Sinne des Komparativs. Von echter Vollmundigkeit noch weit entfernt. Retronasal ist das „Lichtaroma“ nicht ganz so stark ausgeprägt.
Ebenfalls also ein Zischbier für heiße Sommertage, das ansonsten keiner weiteren Erwähnung bedarf.
Ursus – Timișoreana (5,0%)
Braune Flasche – und schon ist das „Lichtaroma“ weg … Das kräftig goldfarbene Bier ist blank gefiltert und bildet nur sehr wenig Schaum aus.
Der Geruch ist malzig-süßlich mit einem Hauch von Honig – ein Aroma, das häufig auf Oxidation oder Alterung des Biers hinweist.
Der Antrunk ist sehr mild und weich, auf der Zunge wirkt das Bier dann süßlich. Die Spundung ist kaum zu bemerken, auch eine Hopfenbittere suche ich nahezu vergeblich.
Im Abgang zeigt sich eine dezent viskose Textur auf den Schleimhäuten, und ansonsten verschwindet das Bier ohne viel Federlesens im Rachen.
Heineken Rumänien – Neumarkt (5,2%)
Zurück zur grünen Flasche, zurück zum „Lichtaroma“. Goldgelbe Farbe, blank filtriert, wenig weißer Schaum, der nicht sehr lange hält.
Neben dem „Lichtaroma“ glaube ich, einen Hauch kräuterigen Hopfenaromas zu riechen – immerhin. Das hatten die anderen Biere bisher noch nicht.
Auf der Zunge wirkt das Bier dann auch tatsächlich ein bisschen herber, wenn auch noch lange nicht hopfig oder gar bitter. Aber wenigstens ein bisschen Herbe ist zu spüren. Hurra!
Der Abgang ist dann ebenfalls von diesem Hauch Herbe „geprägt“, soll heißen, man kann die Herbe auch nach dem Schluck noch erahnen.
Ursus – Cuicaș (4,6%)
Und erneut der Wechsel zur braunen Flasche, weg vom „Lichtaroma“. Ein sehr zurückhaltender Malzduft entströmt dem goldgelben, blank gefilterten Bier, das fast keinen Schaum entwickelt.
Der Antrunk ist nicht unangenehm – eine feine Frische mit nicht zu viel Bizzeligkeit.
Auf der Zunge dominiert dann eine dezente Malzsüße mit nur zurückhaltenden Bitternoten tiefer im Rachen.
Für einen kurzen Moment halten die Bitternoten auch nach dem Schluck an und klingen dann langsam und gleichmäßig ab.
Von den fünf Bieren das beste – was aber noch nicht heißt, das es mich überzeugt hätte.
Trotzdem interessant, sich einmal durch die Welt der rumänischen Industriebiere zu trinken.
Weitere Berichte über den Tauschhandel am Arbeitsplatz sind von hier aus erreichbar.
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