Wenn ich nach meinen Hobbies gefragt werde, antworte ich manchmal: „Zeitgenössische Musik des ausgehenden 20. Jahrhunderts und die sensorische Verkostung von Gärungsprodukten des Saccharomyces-Pilzes.“
„Hä?“, lautet dann oft die Antwort, und meine Übersetzung, die dann besser verstanden wird, kommt prompt: „Hardrock und Bier, Alter!“
Nicht jeder Hardrock, natürlich. Sondern am liebsten der, der in den späten siebziger Jahren lief. Zu einer Zeit, zu der man noch sorglos das Radio einschalten konnte, ohne Gefahr zu laufen, Ohrenkrebs zu bekommen. „Das Beste aus den 80ern und 90ern und die größten Hits von heute!“ – wenn ich diese Werbung heutzutage im niveaulosen Dudelfunk höre, kriege ich Brechreiz und halte dann auch eine lange Autobahnfahrt lieber ganz ohne Radio aus, als mir diesen Schmonzes anhören zu müssen.
Und nicht jedes Bier, natürlich. Kein Industriebier, kein Eurolager, kein Fernsehbier. Keine geschmacksarmen, blassgelben und überspundeten Massenprodukte, sondern gute Biere, mit viel Aroma, Geschmack und Charakter.
In der Monterey Bar in Berlin kann ich meinen beiden Hobbies parallel frönen. Nun ja, nicht nur dort, aber irgendwie passt dort das Bild am besten zusammen.
die Bar ist blutrot erleuchtet
Die Bar ist blutrot erleuchtet, die Gitarrenriffe schneiden durch die etwas zu warme, leicht schwüle Luft, und ich erwarte, dass sich jeden Moment Ozzie Osbourne mit einer angebissenen Fledermaus in der Hand neben mich setzt. Seine Musik läuft jedenfalls schon.
Ein Blick auf die Kreidetafel über der Tür: Zehn Fassbiere. Viele aus Berlin. Aromastark, hopfig-bitter die meisten. Und mit verhältnismäßig hohem Alkoholgehalt. Die Rocker unter den Bieren.
ein Blick auf die Kreidetafel über der Tür
Etwas für harte Männer wie mich.
„Bitte?“
Naja, jetzt wollen wir mal nicht unglaubwürdig werden. Etwas für Junggebliebene, die sich nach der „guten alten Zeit“ sehnen, nach Black Sabbath, Led Zeppelin, Deep Purple. Gerne auch ein wenig aufgelockert von Iron Maiden, Guns ’n‘ Roses oder ZZ Top.
Wie ein harter Mann fühle ich mich heute auch gar nicht. Eher müde, und ich habe Sorge, dass ich das tolle Konzept einer Rockerbar mit leckerer Musik und harten Bieren heute gar nicht so recht zu würdigen weiß. Die Woche war lang und erschöpfend, und eben habe ich schon viel zu lange mit viel zu viel verkosteten Bieren in einer anderen Bar direkt um die Ecke, im Birra, gesessen.
Es kann, es wird, es muss bei einem letzten Bier für heute bleiben, sei die Auswahl auch noch so lecker, die Begleitmusik auch noch so einladend. Ich bestelle mir ein Californian American Ale von Tiny Rebel, und füge hinzu: „Ein kleines aber, bitte!“ Der mitleidige Blick der ansonsten netten Bardame schmerzt. „Ein Kleines! Bitte sehr.“ Ich kann ahnen, wie sie innerlich den Kopf schüttelt. Harte Männer in einer Rocker-Bar? Muss wohl lange her sein …
Das Bier ist aber lecker. Feine, nur dezent fruchtige Hopfenaromen, ein leichter, runder Malzkörper machen das Bier schön süffig, ohne dass es sich gleich anbiedern muss. Fein! „Hätte also doch ein großes sein können“, denke ich resigniert, aber für heute ist es zu spät, ich trolle mich in Richtung Hotel. Morgen früh liegt die lange Heimreise vor mir …
ein hübscher, verschnörkelter Schriftzug
Beim Hinausgehen drehe ich mich noch einmal um. Monterey steht hübsch verschnörkelt über der Tür. Leider aber auch fritz-kola – Werbung der Kola-Fritzen, die mit ihrem angeblichen Underground-Getränk, aber einem unangenehmen global-player-gleichen Geschäftsgebaren die Berliner Bars erobern und seinerzeit Fritz Wülfing aus Bonn gezwungen haben, seine Bier Marke von Fritz Ale in Ale*Mania umbenennen zu müssen. Eigentlich wollte ich ja keine Bars mehr betreten, die mit diesen Fritzen werben … Für heute zu spät …
Die Monterey Bar ist täglich ab 17:00 Uhr geöffnet – wie es sich für eine Rockbar gehört, bis in die Morgenstunden. Kein Ruhetag. Zu erreichen ist sie komfortabel mit der Straßenbahn, Linien M2 und M10, Haltestelle Prenzlauer Allee / Danziger Straße direkt „umme Ecke“.
Monterey Bar
Danziger Straße 61
10 435 Berlin
Berlin
Deutschland
Nun ja, die Geschäftsgebaren von fritz sind vieleicht a weng unglücklich, aber Namensrechte und derlei juristisches Gedöns ist einerseits kompliziert, anderseits aber auch streng. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie reagieren mussten.
Und das mit der Werbung: die hat Esther auch noch draußen an der FAssade hängen, also nicht zuuu streng urteilen! ;)
Hallo, Gerrit,
reagieren zu müssen ist eine Sache, sich in der Reaktion angemessen zeigen zu können, eine andere. Es gibt ausreichend Beispiele, wie etablierte Namen, die gleich lauten, aber für verschiedene Produkte stehen, Wege der Koexistenz gefunden haben – bis hin zu richtig großen Firmen wie Apple Records und Apple Datenverarbeitung.
Komplexität und Strenge einer juristischen Ausgangslage sind kein Grund für unangenehmes Geschäftsgebaren – wie ich in meinem Brotberuf auch schon manchem Firmenvertreter beibringen musste!
Mit bestem Gruß,
Volker