Eigentlich steht mir die Lust nicht mehr nach Amerika. Beziehungsweise nach den Vereinigten Staaten von Amerika. Das Land der Verschwender und Waffennarren. Das Land, das nach dem 9. September 2001 viele Ideale aufgegeben hat und sich eigentlich nicht mehr als „Land of the Free“ bezeichnen sollte. In dem ich seinerzeit mit 41 Jahren noch meinen Ausweis vorzeigen musste, als ich ein Bier bestellte, um mein Legal Drinking Age zu beweisen, weil der Barmann von seinem Boss dazu verpflichtet war, das bei allen Gästen zu tun. Das Land, das also seine Mitbürger oftmals wie kleine Kinder behandelt, die Nanny States of America. Und das Land, das vor wenigen Tagen erst einen Menschen zum zukünftigen Präsidenten gewählt hat, der psychopatische Züge trägt, Fakten leugnet, sich sprunghaft, rassistisch und frauenfeindlich äußert.
Nein, wirklich nicht. Zwar kenne ich einige wirklich nette US-Amerikaner, aber ich bin leider auch schon vielen begegnet, die alle Vorurteile bestätigt haben, die man nur haben kann. Und von letzteren werden es mehr und mehr.
Und trotzdem stehe ich in Salzburg vor Goodman’s American Diner und gehe da jetzt rein!
Weil es hier nämlich gutes Bier gibt. Wie ich aus zuverlässiger Quelle erfahren habe, dem Bier Guide von Conrad Seidl, nämlich. „Salzburgs Bierlokal des Jahres 2016“ heißt es dort nämlich, und zwar nicht nur der Stadt Salzburg, sondern des Bundeslandes Salzburg.
Viel Zeit habe ich nicht, ich kann nur die verhältnismäßig kurze Pause zwischen zwei Zügen nutzen, muss heute noch weiter, aber für ein leckeres Bier soll es wohl reichen.
Von außen hat es nach nix ausgesehen – man sieht nur die Bauzäune der großen Baustelle; die Straße ist aufgerissen. Aber drinnen macht man blitzschnell eine Reise in das Amerika der sechziger Jahre, als es noch zu Recht als „Land of the Free“ bezeichnet wurde. Bunt blinken die Neonröhren an der Juke-Box. Der Münzfernsprecher hängt an der Wand, jeden Moment wird Cary Grant hereinkommen und dort nach Einwurf eines Quarters einen wichtigen, ach was, DEN wichtigen Telefonanruf des Tages machen.
Dieses Amerika, dass ich vor zwanzig, dreißig Jahren auf Reisen noch selber erlebt habe, lasse ich mir gerne gefallen.
Nette Deko allenthalben, man sitzt auf bequemen (Kunst-?) Lederbänken, und auf den Tischen liegen halbe Footballs, die sich bei näherem Hinsehen als Bierkarten entpuppen. Und zwar als ziemlich umfangreiche. Ich blättere nur mal schnell mit dem Daumen durch die Flaschenbiere, bin beeindruckt, und wende mich dann den Fassbieren zu. Hoegaarden, Guinness, irgendein Lager. Hm, nicht wirklich exotisch…
Aber dann sehe ich das Pale Ale von Steamworks aus Kanada, und die Entscheidung ist getroffen. Blitzschnell steht das Bier vor mir. Serviert von Marco Gutmann persönlich, Eigner und Geschäftsführer von Goodman’s. Amerika-Fan, natürlich. Sonst hätte er sich nicht für eine Bar im Diners-Stil entschieden.
Ob ich nicht zum Bier auch etwas Leckeres essen wolle, fragt er, aber ich habe gerade Mittag gehabt, muss ihn enttäuschen. Und auch ein zweites Bier muss ich mit Blick auf den rasch eilenden Zeiger auf der Uhr ablehnen. Nur noch wenige Minuten, dann fährt mein Zug. Es reicht leider nur noch für ein paar freundliche Worte. Ein White Stout würde er bald anbieten, erzählt Marco, er habe es gerade erst auf dem Craftbier-Fest in Wien am vergangenen Wochenende verkostet.
White Stout? Klingt spannend. Interessant. Ein kräftiger, kremiger Körper? Mit Kakao- und Schoko-Noten vielleicht gar? Es gibt ja auch weiße Schokolade! Und eventuell sogar mit Nitro gezapft, für den sahnigen Schaum? Die Zeit reicht nicht, all diese Details in Erfahrung zu bringen. Wir tauschen nur noch schnell die Visitenkarten, ich zahle, und weg bin ich wieder.
Aber eins weiß ich: Wenn ich das nächste Mal in Salzburg bin, hier wird mich mein Weg wieder herführen. Und dann hoffentlich mit ein wenig mehr Zeit!
Goodman’s American Diner ist täglich ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet, sonntags erst ab 14:00 Uhr. Kein Ruhetag. Neben zahlreichen (Craft-) Bieren von Flasche und Fass werden typische amerikanische Gerichte angeboten und – natürlich! – alle uramerikanischen Feiertage und Feste begangen, Halloween, Thanksgiving oder der Superbowl. Zu erreichen ist das Diners bequem in etwa zehn Minuten zu Fuß vom Hauptbahnhof.
Goodman’s American Diner
Schallmooser Hauptstraße 8
5020 Salzburg
Österreich
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