Die Brautradition der Familie Götz reicht – laut Angaben der Adler Brauerei Götz – zurück bis ins Jahr 1684, als sie in Ehingen, Zwiefalten und Scheer Bier braute. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts kam Karl Götz nach Geislingen und übernahm dort die Adlerbrauerei. Die Adlerbrauerei entwickelte sich zu einem soliden mittelständischen Unternehmen, und im Jahr 1970 wurde ein schönes, kupfernes Sudwerk der Firma Ziemann in den neuen Anbau der Brauerei gesetzt. Von der Straße aus konnte man fortan die Kupferkessel sehen – ein schönes Aushängeschild der Brauerei.
2008 wurde jedoch zu einem schwarzen Jahr für die Brauerei. Offensichtlich war der Betrieb nicht in der Lage gewesen, sich an das veränderte wirtschaftliche Umfeld anzupassen, und es musste Insolvenz angemeldet werden. Im gleichen Jahr verstarb auch Karl Götz im Alter von 82 Jahren, und das Ende der Brauerei schien besiegelt.
Durch einen externen Investor unterstützt, wurde die Brauerei zum 1. Dezember 2008 noch einmal ins Leben zurück gerufen, und so hatte ich das Glück, sie noch einmal besuchen zu können, wenn auch zufällig.
Es war der 21. Februar 2009 – das Karnevalswochenende – und am Aichelberg waren über 30 km stockender Verkehr und Stau angesagt. Geduldig versuchten wir, uns durch die kleinen Nebensträßchen vorzuarbeiten, um bei gleichem Zeitverlust wenigstens ein bisschen Abwechslung zu haben…
Am Ortseingang von Geislingen sahen wir plötzlich ein riesiges Gebäude mit einem großen Wappen darauf – die Adlerbrauerei! Zwar dauerte es noch fast eine halbe Stunde, bis wir uns im Stau bis dorthin durchgekämpft hatten, aber die Vorfreude machte den Stau leichter erträglich.
Die Ernüchterung folgte prompt: Wir hatten 14:02 Uhr, und an der Tür des Brauerei-Gasthofes prangte ein Schild: „Geschlossen von 14:00 bis 17:00 Uhr!“ Vorsichtig drückten wir die Tür trotzdem auf, fragten freundlich und: Ein Stein fiel uns vom Herzen – wir durften tatsächlich noch hinein und etwas zu essen bestellen. Und natürlich ein paar frisch gezapfte Biere!
Das Essen war einfach, mit viel vorgefertigten Zutaten zubereitet, aber preiswert und recht lecker. Die Biere hingegen waren deutlich besser. Das Märzen ausgezeichnet, rund, vollmundig, kräftig, so wie man sich ein Mustermärzen vorstellen kann. Das Pils und das Export demgegenüber ein wenig abfallend, aber in erster Linie nur wegen eines leicht käsigen Hopfenaromas, das mir persönlich nicht so zusagt, das aber viele andere Bierkenner sehr schätzen. Die ältere Dame, die uns bediente, war freundlich und unaufdringlich zuvorkommend und sah es mit Geduld, dass wir bis fast drei Uhr brauchten, um aufzuessen und auszutrinken – das war schon deutlich in ihrer Mittagspause.
Insgesamt war es nichts Mitreißendes, das eine eigene Reise wert wäre, aber doch eine schöne, entspannende Mittagsrast mit leckerem Bier. Und in uns keimte die Hoffnung, dass die Brauerei, die doch erst seit wenigen Monaten wieder aus der Insolvenz heraus war, sich weiter am Markt würde behaupten können.
Nachtrag 12. Mai 2010: Leider, die Hoffnung war trügerisch. Am 12. Mai 2010 musste die Adler Brauerei Götz zum zweiten Mal Insolvenz anmelden – diesmal endgültig und ohne Zukunft.
Adler Brauerei Götz – Adlerbrauerei Altenstadt GmbH
Stuttgarter Straße 214
73 312 Geislingen
Baden Württemberg
Deutschland
Mensch, jetzt ist das Jahr 2022 und ich lese wehmütig diesen Artikel aus 2009 / 2010. Die Götz-Brauerei war in unserer Region früher stark vertreten (ich komme aus dem Oberen Filstal).
Danke für die kleine Zeitreise und für die interessanten Hintergrundinformationen.
*Wenn ihr mal wieder in der Region seid, kann ich euch einen Besuch in der Kaiser-Brauerei in Geislingen empfehlen. :-)
Hallo, Alex,
ja, es erzeugt immer Wehmut, wenn man solche Geschichten liest, und ich persönlich finde es um jede einzelne Brauerei schade, egal, ob ich eine persönliche Beziehung zu ihr hatte oder nicht.
Ich danke Dir für Deinen Tipp mit der Kaiser-Brauerei – wenn ich mal wieder in der Gegend bin, dann werde ich ihn gerne berücksichtigen.
Mit bestem Gruß,
VQ