Schloßbrauerei Au-Hallertau
Au in der Hallertau
DEU

„Wia is as Bier vo de Chinesen?“, lautet der erste Kommentar, als ich ein Bild vom Auer Schloßbräu ins Netz hochlade: „Wie schmeckt das Bier von den Chinesen?“

Ich stutze.

Bei herrlichem Sonnenschein war ich von der Autobahn abgefahren und wollte eine kleine Mittagsrast machen, habe das Auto abgestellt und bin erst durch den schönen, aber noch etwas kühlen Biergarten gegangen, dann die Treppe hinunter in den Schloßbräukeller der Schloßbrauerei Au-Hallertau, und dort habe ich mir ein naturtrübes Helles bestellt.

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„Wia is as Bier vo de Chinesen?“

Leuchtend gelb steht es jetzt vor mir. Die Trübung ist schön gleichmäßig, der Schaum schön dick und weiß. Chinesisch sieht an diesem Bier erstmal nichts aus. Ich nehme einen großen Schluck. Ein bisschen süßlich schmeckt es, nur wenig Bittere, und es ist recht vollmundig. Ein schönes Helles, ohne Ecken und Kanten, aber auch keines, das mich jetzt aufspringen und vor Begeisterung in die Hände klatschen lässt. Ehrliche Handwerkskunst.

Was habe ich erwartet?

Die Schloßbrauerei Au-Hallertau blickt auf über 400 Jahre Tradition zurück und ist seit 1846 in adligem Besitz – in den Händen der Familie Beck von Peccoz. Das Sudhaus habe ich mir eben schon kurz angeschaut – wenn man auf den Parkplatz rollt, kommt man direkt daran vorbei. Durch große Fenster kann man auf die Sudkessel und Tanks schauen. Die Frühlingssonne wirft Reflexe und Schatten hinein, zeigt aber auch gnadenlos jedes kleine Stäubchen auf den modernen Installationen. Keine Kupferhaubenromantik; stattdessen zweckmäßige Edelstahltechnik.

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zweckmäßige Edelstahltechnik

Hinter dem Sudhaus kommt der schöne Biergarten mit der großen Holzhütte, in der sommers der Ausschank stattfindet. Von hier hat man einen schönen Blick auf das alte Schloss, unter dem sich der Schloßbräukeller mit dem großen Restaurantbereich befindet. Genau hier sitze ich gerade und kämpfe mit einem gewaltigen Strammen Max. Sind es zwei Eier mit jeweils einem Doppeldotter, oder sind es gar vier Eier, die der wohlmeinende Koch auf die Schinkenbrote gehäuft hat? Ich weiß es nicht, bin aber froh, dass ich ab und an mit einem kleinen Schluck Bier nachspülen kann.

Mich überrascht bei diesem Bier, dass es keinen ausdrücklichen Hopfencharakter aufweist. Die Brauerei liegt mitten in der Hallertau, einem riesigen Hopfenanbaugebiet, aber das Bier kommt mild und dezent daher. Fein und ausgewogen, aber es lässt sich nicht unbedingt anmerken, dass es inmitten von Hopfenpflanzen gebraut wird.

Ob die anderen Sorten da mehr Hopfenaroma, Bittere und Charakter aufweisen? Ich werde es, da ich mit dem Auto unterwegs bin, nicht prüfen können – es muss bei einem kleinen Bier bleiben. Und bei einem Blick auf die Werbung für das Hallertauer Mandarina, ein untergäriges Lagerbier, das mit einem speziellen Aromahopfen, dem Mandarina Bavaria, gebraut wird. In diesem wird sich die Seele dieses Landstrichs wohl widerspiegeln und der Hopfencharakter zum Vorschein kommen.

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Biergartenidyll

Während die zwei fleißigen Kellnerinnen hin und her flitzen und die Gäste im Biergarten versorgen, sinniere ich über die Chinesenfrage nach. Das Bier von den Chinesen? Ich kann die Frage nicht einordnen, und so nehme ich Onkel Google zu Hilfe.

Schnell wird mir einiges klar, und ich wundere mich, dass ich diese Nachricht in den Medien überlesen habe: Vor gerade einmal vier Wochen wurde bekannt, dass ein chinesischer Investor, die FCAA Castle Brewery Company, bei der Schloßbrauerei Au-Hallertau eingestiegen ist. „Aha“, denke ich, „daher also die Kommentare und Fragen…“

Die Brauerei hatte schon seit längerer Zeit enge Bande in Richtung Asien: Viele Biere aus Au wurden nach China verkauft, und das Singha-Bier der thailändischen Boon Rawd Brewery wurde hier in Lizenz für den deutschen Markt gebraut. Und nun der Einstieg der Chinesen.

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der Schloßbräukeller

Wie groß die Anteile sind, die übernommen werden, wie die Investitionen der Chinesen im Detail aussehen und wie die Arbeitsplätze in Au gesichert werden sollen, ist vorerst noch unbekannt, aber in den Medienberichten wird Michael Beck von Peccoz immer dahingehend zitiert, dass er als bisheriger Geschäftsführer „den Prozess begleiten“ werde und dass es „der Eigentümerfamilie gelungen sei, die Weichen für die weitere erfolgreiche Zukunft des Brauereibetriebes zu stellen“.

Wachsweiche Formulierungen, die sowohl ausdrücken können, dass das Investment der Chinesen der Rettungsanker sei, eine von der Insolvenz bedrohte Brauerei am Leben zu erhalten, als auch, dass man größere Pläne zur Modernisierung und Ausweitung des Absatzes habe.

Angesichts der über 400jährigen Geschichte der Brauerei und des Traditionsbewusstseins der Menschen in der Region ist der Aufschrei natürlich groß, und rasch macht die Formulierung „Bier von den Chinesen“ die Runde. Auch wenn sich noch nichts geändert hat, noch gar nichts geändert haben kann, betrachtet der Bierdimpfl sein Bier kritisch, schnuppert und schmeckt und prüft, ob er vielleicht schon einen Qualitätsverlust erkennen kann. Schließlich genießt die chinesische Brauereikultur in Bayern keinen guten Ruf.

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vom chinesischen Engagement ist noch nichts zu sehen oder zu spüren

Hier und heute, an einem sonnigen Sonnabend im März, kurz nach dem Frühlingsanfang ist aber vom chinesischen Engagement weder etwas zu sehen noch zu spüren. Die Menschen im Biergarten sitzen und trinken wie eh und je, genießen die Sonne und das Leben, deftiges Essen und frisches Bier, und noch deutet nichts darauf hin, dass die bayerische Lebensart hier gefährdet sein könnte.

Der Schloßbräukeller als Ausschank und Restaurant der Schloßbrauerei Au-Hallertau ist mittwochs und donnerstags ab 16:00 Uhr, freitags, sonnabends und sonntags ab 11:00 Uhr durchgehend geöffnet; montags und dienstags ist Ruhetag. Bei gutem Wetter ist Biergartenbetrieb. Autofahrer können direkt neben dem Biergarten oder auf dem Brauereigelände kostenfrei parken; mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist es schwierig, hier zu kommen – da bleibt nur der recht selten fahrende Bus der Linie 602 von Freising.

Bilder

Schloßbrauerei Au-Hallertau
Willibald Freiherr Beck v. Peccoz GmbH & Co. KG
Schlossbräugasse 2
84 072 Au in der Hallertau
Bayern
Deutschland

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