Die Tour de Bier 2018
Weiden in der Oberpfalz – auf den Spuren von Zoigl und Kaolin
31. Mai bis 3. Juni 2018

Fronleichnam – in Süddeutschland die ideale Möglichkeit, mit nur einem Urlaubstag ein langes freies Wochenende zu bekommen. Vier freie Tage. Vier Tage Tour de Bier.

Diesmal in die Oberpfalz, nach Weiden, und zwar auf den Spuren von Zoigl und Kaolin.

Bereits die Anreise am ersten Tag (Donnerstag, 31. Mai 2018) gestaltete sich sehr schön. Bei strahlendem Sonnenschein vergingen die Stunden auf der Autobahn ausnahmsweise einmal staufrei und entspannt, und so konnten wir uns den zeitlichen Luxus leisten, eine ausgiebige Mittagspause zu machen. Wir stellten das Auto am Rande der Altstadt von Plzeň / Pilsen ab und machten einen schönen Spaziergang durch die schmalen Gassen, bis wir bei den Grünanlagen vor dem schönen Kulturzentrum Měšťanská Beseda ein gemütliches Bierlokal fanden, das Restaurace 12. In bester städtischer Tradition genossen wir hier ein Pilsner Urquell frisch aus dem Tank gezapft – der Auftakt zu einer Tour de Bier hätte besser nicht sein können. Dazu deftiges und gutes Essen, und schon waren wir gestärkt für den zweiten Teil der Anreise.

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Pilsner Urquell frisch vom Tank

Überpünktlich erreichten wir unser Ziel, das Hotel Stadtkrug in Weiden, bezogen rasch unser Zimmer, und dann ging es nach fröhlichem Hallo auch schon über zum ersten Programmpunkt, dem Stadtrundgang.

Nun, wirklich viel Bemerkenswertes gibt es über Weiden nicht zu erzählen, aber unser Stadtführer gab sich immerhin Mühe, die wenigen Anekdoten von eher lokaler Bedeutung plastisch wiederzugeben und uns die schönsten Ecken der ansprechend renovierten Altstadt zu zeigen. Das herrliche Frühlingswetter tat das Übrige, so dass wir den Rundgang durchaus genießen konnten.

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Stadtrundgang

Jetzt wurde es allerdings Zeit für die erste Einkehr. Und hatten wir da nicht eben irgendwo in einer der Gassen den großen Schriftzug Bräustüberl gesehen? Ja, dort! Schnell gingen wir hinüber und wurden im ersten Moment enttäuscht. Bräustüberl? Wohl eher nur noch eine Erinnerung. Stattdessen findet sich in den Räumlichkeiten unter diesem Schriftzug eine Burger-Braterei. Auf den zweiten Blick offenbarte sie sich aber als kleines Goldkörnchen. Nicht nur, dass die Burger in Qualität und Auswahl deutlich über das Schnellimbiss-Einerlei hinausgingen, nein, die in einem Glaskasten hängende Speise- und Getränkekarte offerierte auch eine ganze DIN-A-4 Seite voller verschiedener Biere.

Na also, der Entschluss, sich in den Biergarten zu setzen, war schnell gefasst, und hier genossen wir dann eine ganze Reihe von sehr süffigen, teils auch exotischen und kreativen Bieren. Den Namen der Burger-Braterei, MAX+MUH, merkten wir uns, denn wir waren uns einig: Hier kann man durchaus einmal wieder hingehen!

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MAX+MUH

Jetzt wurde es aber Zeit, ins Hotel zurück zu laufen, denn hier fand am frühen Abend in den Bayerischen Stuben unseres Hotels ein Bierverkostungsabend statt. Hans Rolf Linke, der Organisator der diesjährigen Tour de Bier, hatte alles perfekt vorbereitet. An den Tischen standen kleine Verkostungsgläser, dazu gab es Farbkarten, um die Bierfarbe bestimmen zu können, und Biere von drei kleinen Brauereien aus der Umgebung hatte er auch besorgt.

Den Auftakt machte das Leichte Bier vom Ferschl Bräu. Ein Hobbybrauer, der seine kleine Brauerei aber auch als Gewerbe angemeldet hat, um seine Biere problemlos und rechtlich unbeanstandet ausschenken und verkaufen zu dürfen. Die Idee, mit einem leichten Bier mit nur 2,8% Alkohol in die Verkostung zu starten, war prima, allerdings hat das Bier nicht alle Tour-de-Bier’ler in Gänze überzeugt – der eine oder andere schmeckte eine recht deutliche Oxidationsnote heraus, die den ansonsten guten Eindruck ein wenig trübte.

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Ferschl-Bräu

Weiter ging es mit dem Hellen Vollbier vom Malerbräu, ebenfalls einer winzigen Brauerei, die kommerziell zu nennen fast schon Übertreibung gewesen wäre. Im ersten Moment schmeckte das Bier sehr schön. Weich und süffig, mit einer feinen und grasigen Hopfennote. Und hätten wir das 5,2%ige Bier rasch weggezischt, wären auch alle sehr zufrieden gewesen. Da wir uns aber mit der Verkostung viel Zeit ließen, wurde das Bier in den kleinen Gläsern rasch warm und setzte dann einen intensiven Geruch nach Gras und nach Geranienblättern frei, der recht aufdringlich wurde. Ein Bier zum kalt Genießen, also.

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Malerbräu

Das dritte und letzte Bier von heute stammte aus dem Brauhaus Rosenberg Brauvaricum – ein dunkler Weizenbock. Die Besonderheit dieses Biers: Der Brauer, Stephan Kalkbrenner, war selbst gekommen und hatte das Fass mit diesem Bier mitgebracht. Der Bock hatte es in sich. Fruchtige und komplex-estrige Aromen in der Nase, eine runde und weiche Vollmundigkeit auf der Zunge und eine nur leicht alkoholische Note im Abgang. Die 8,5% Alkohol wärmten, die Gesichter röteten sich rasch, und Stephan und seine Partnerin Juliane hatten alle Hände voll zu tun, die Gläser nachzufüllen.

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Weizenbock vom Brauhaus Rosenberg Brauvaricum
gezapft vom Brauer persönlich

Das Team vom Hotel Stadtkrug verwöhnte uns parallel dazu mit einem ausgezeichneten Büffet, so dass zu den abwechslungsreichen Bieren auch eine gute Grundlage vorhanden war.

Der Freitag begann ruhig. Bis zur Mittagszeit war überhaupt kein Programm vorgesehen; viele Tourler nutzten den freien Vormittag für einen schönen Spaziergang, für ein paar Einkäufe oder im Zweifelsfall schon für einen ersten Frühschoppen.

Nach der Mittagspause ging es dann mit der Besichtigung der Kirche St. Josef los. Anderthalb Stunden waren für diesen Programmpunkt vorgesehen, und die Zweifler hielten das für zu viel. Aber weit gefehlt. Diese Kirche ist eine der ganz wenigen in Deutschland, deren Inneres im Jugendstil gehalten ist, und unter fachkundiger Anleitung entdeckten wir in 90 kurzweiligen Minuten eine Fülle von spannenden Details. Deutlich interessanter als erwartet!

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die Jugenstilkirche St. Josef

Doch trotzdem: Nach so viel Sakralem lechzten wir dann doch nach weltlichen Genüssen und kehrten direkt im Anschluss in der Gasthausbrauerei BräuWirt ein. Wir bekamen eine detaillierte Führung durch das kleine Brauhaus, verbunden mit einer kleinen Verkostung. Während das Helle und das Dunkle als Standardbiere nicht so wirklich überzeugen konnten, sondern ein wenig lustlos und langweilig wirkten, war das Weißbier sehr schön fruchtig-aromatisch und vollmundig und gefiel sehr gut. Noch besser allerdings das Jubiläumsbier. Hopfengestopft, fruchtig, süffig – ganz hervorragend. Es geht also doch, aus dem ewigen Allerlei des deutschen Gasthausbrauerei(un)wesens auszubrechen. Prima!

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eine Orgie in Kupfer

Das schmackhafte Essen dazu, das vielleicht ein wenig liebevoller hätte arrangiert oder dekoriert werden können, war nach dieser Verkostung dringend nötig, sonst hätten die vier kleinen Nachmittagsbiere doch den einen oder anderen schon ein wenig angeschlagen.

Während ein Großteil der Tourler nun ganz einfach im BräuWirt sitzen blieb und den Tag hier ausklingen ließ, machte sich eine Handvoll noch einmal auf zum MAX+MUH. Immerhin hatten wir gestern doch schon festgestellt, dass man hier einmal wieder hingehen kann. Und es waren ja auch noch ein paar Biere auf der Karte, die der Verkostung harrten. Das Zwickel aus dem Bad Windsheimer Freilandmuseum kam stilgerecht im Steinkrug und war schön süffig. Ganz anders der Poculator, der Doppelbock aus dem Hause Kloster Scheyern (wenn auch bei Tucher in Nürnberg gebraut). Vollmundig, malzig, fast schon mastig – das war kein Bier für den großen Schluck, sondern für den langsamen Genuss. Der perfekte Abschluss für den Abend.

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Poculator im MAX+MUH

Und zeitlich ebenso perfekt abgestimmt: Unmittelbar vor dem kräftigen Gewitter erreichten wir nach diesem Abschlussbier unser Hotel gerade noch trockenen Fußes.

Am nächsten Morgen, immerhin schon der Sonnabend, waren Regen und Wolken wie weggeblasen. Bei strahlendem Sonnenschein fuhren wir mit dem Bus nach Eslarn und besichtigten das Kommunbrauhaus. Zunächst führte uns der 91jährige immer noch aktive Brauer Georg Zierer senior durch sein Reich, in dem er seit sage und schreibe 1951 braut – immerhin noch rund 800 hl pro Jahr. In allen Details zeigte er uns das Kommunbrauhaus und seine teilweise völlig veraltete, aber immer noch funktionsfähige Technik.

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im Kommunbrauhaus Eslarn

Dann übergab er uns an seinen Sohn, Georg Zierer junior, der im Nachbargebäude im Biererlebnis Kommunbrauhaus, einer kleinen Dauerausstellung, mit einem Fass Rebhuhnzoigl auf uns wartete. Im Gegensatz zum normalen Zoigl (aber was ist an einem echten Zoigl schon normal?) ist der Rebhuhnzoigl mit historischen Getreidesorten gebraut: Dinkel, Emmer und Einkorn. Im Rahmen eines Naturschutzprojekts werden diese Getreidesorten angebaut, um die Ansiedlung des vom Aussterben bedrohten Rebhuhns zu fördern, und das aus diesem Korn extra hergestellte Malz wird zwei Mal im Jahr im Kommunbrauhaus Eslarn zum Rebhuhnzoigl verbraut. Das Resultat ist himmlisch. Ein sämiges, fruchtig-aromatisches, sehr süffiges Bier mit feinem, seidigen Schaum und leuchtend orangener Farbe.

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ohne weitere Worte

Nur wenige hundert Meter weiter wartete nun die Zoiglstub’m Strehern auf uns, wo wir den normalen Eslarner Zoigl auch noch verkosteten und dazu bei der deftigen Brotzeit kräftig zulangten. Die Kombination aus Zoiglbrauer und Metzger, wie sie in der Oberpfalz ab und an anzutreffen ist, erwies sich als ideal, um unsere Bedürfnisse zu befriedigen.

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Zoiglstub’m Strehern

Nach so viel Bier stand nun aber wieder Kultur auf dem Programm. Unter fachkundiger Führung von zwei Georpark-Rangerinnen erkundeten wir das Abbaugebiet des Kaolin, ein Mineral, das zur Herstellung von Porzellan, aber auch in der Farbindustrie genutzt wird. Eine ordentliche und zügige Wanderung von fasst zwei Stunden Dauer durch die Kaolingrube, durch dichte Wälder und über sonnige Felder brachte uns die Geschichte des Minerals und seines Abbaus näher. Ganz nebenbei half sie auch, den Zoigl wieder auszuschwitzen und die kräftige Brotzeit zu verdauen.

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Kaolin und Quarz in allen Farben

Als wir wieder am Hotel ankamen, waren wir denn auch tatsächlich schon wieder hungrig und durstig. Kurz frisch machen, und dann ging es wieder in die Bayerischen Stuben, wo uns das Küchenteam erneut mit hervorragendem Essen verwöhnte. Bei einem, zwei, vielen Hösl-Bieren wurde es dann noch ein fröhlicher und gut gelaunter Abend.

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eins von vielen Hösl-Bieren

Mittlerweile war es schon wieder Sonntag geworden. Drei Tage Tour-de-Bier mit vielen Erlebnissen (nicht nur) rund ums Bier lagen hinter uns. Die Tourler verstreuten sich wieder in alle Himmelsrichtungen; einige davon werden sich Anfang August bei der Städtetour-de-Bier in Wien wiedertreffen.

Für den Chronisten stand nun noch ein langer Heimweg im Kalender, und was noch schlimmer ist: Die Verkehrsprognose sprach von kräftigen Staus unterwegs. Insofern fiel der Entschluss leicht, von Anfang an eine andere Route zu wählen und gemütlich über das Land zu reisen. Nicht nur vermieden wir so den Stau, sondern genossen auch noch eine idyllische Mittagspause in herrlicher Natur in der Nähe von Budweis. Nur wenige Kilometer außerhalb der Stadt findet sich dort zwischen Fischteichen, Wiesen und Wäldern mitten im Grünen eine schöne kleine Brauerei mit einem großen Biergarten, die I. Českobudějovický Minipivovar Kněžínek.

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I. Českobudějovický Minipivovar Kněžínek

Und was soll ich sagen? Natürlich haben sowohl Bier als auch deftige Küche schon wieder geschmeckt. Als hätten wir die letzten drei Tage weder etwas zu Essen noch etwas zu Trinken bekommen…

Ein perfekter Ausklang der Tour de Bier 2018.

Bilder und Impressionen

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