Gut elf Jahre ist es her, dass ich das letzte Mal im Brauhaus der weltberühmten Weißbierbrauerei Schneider im Tal eingekehrt war. Viel hat sich seitdem verändert, und doch ist alles gleichgeblieben.
Wie das?
Ach, wie immer kommt es natürlich auf den Blickwinkel und auf die jeweilige Betrachtungsweise an.
Aber beginnen wir zunächst damit, in meine alten Aufzeichnungen vom 22. März 2008 hineinzuschauen:
Wird hier überhaupt noch gebraut? Wohl nicht. Aber als Brauereiausschank der Schneider Weißbierbrauerei aus Kelheim zählt das Weiße Brauhaus im Tal allemal.
Insbesondere, da es hier eine Bierspezialität gibt, von der sich Kenner (fälschlicherweise, allerdings) mit verschwörerischer Miene zuraunen, es gäbe sie nur hier und im Mutterhaus in Kelheim. Und auch nicht das ganze Jahr über. Und selbst, wenn es sie gäbe, rücke das Personal sie nur äußerst ungern heraus…
Wovon die Rede ist? Vom Schneider Aventinus Weizen Eisbock. 28 % Stammwürze und 12 % Alkoholgehalt sind die Eckdaten. Jede Flasche einzeln durchnummeriert. Ein Traum.
Ein Traum, den ich am 22. März 2008 vor Ort zu verkosten die Gelegenheit hatte.
Und ich schließe mich in vollem Umfang der schwärmerischen Beschreibung dieses Kronjuwels unter den Weizenböcken an – wörtlich so, wie es in der Getränkekarte verzeichnet steht:
„Mahagonifarben, fast schwarz, erinnert der Eisbock im Geruch an würzige Pflaumen mit einem Hauch von Bittermandel und Marzipan. Das Geschmackerlebnis beginnt mit einer ausgewogenen, cremigen Süße, die in ein Feuerwerk aus Bananen, Nelkenaroma und getrockneten Feigen übergeht und mit einem feinen Schokoladeneindruck ausklingt. Die komplexe Geschmacksvielfalt hinterlässt ein angenehm mildes und erwärmendes Gefühl auf dem Gaumen.“
Und so führen wir das urige, typisch münchnerische, rustikale Weiße Brauhaus hier in der Rubrik Bier vor Ort mal so auf, als sei es eine „echte“ Brauerei. Wert ist es das allemal.
Seinerzeit habe ich unter dem Thema Bier vor Ort eigentlich nur Brauereien gesammelt. Es gab noch keine spannenden Bierbars mit einem Dutzend oder mehr Zapfhähnen; die Bierszene in Deutschland war noch geprägt von einer nach innen gekehrten Nabelschau und betrachtete eine Gasthausbrauerei, die Helles, Dunkles und Weizen gleichzeitig anbot, schon als revolutionär. Da war dann ein Bier wie der Aventinus Weizen Eisbock wirklich schon eine Sensation und motivierte mich, das Prinzip „nur Brauereien“ erstmalig aufzuweichen.
Inzwischen sind elf Jahre vergangen, es ist der 27. Januar 2019, und bevor am frühen Nachmittag mein Zug wieder in Richtung Provinz fährt, bleibt noch Zeit für einen schönen Sonntagsfrühschoppen. Einmal wieder ins Tal also, und schauen, was sich verändert hat.
Viel hat sich verändert, und doch ist alles gleichgeblieben.
Verändert hat sich der Name des Lokals, und irgendwie wirkt es jetzt ein wenig konfus. Weißes Brauhaus hieß es seinerzeit eigentlich, aber um Verwechslungsgefahr mit anderen weißen Brauhäusern zu vermeiden, sprach man immer schon vom Weißen Brauhaus im Tal. Draußen an der Fassade stand allerdings immer schon Weißes Bräuhaus, also mit Umlaut. 2015 entschloss sich die Schneiderbrauerei, den Namen eindeutiger zu gestalten, und so heißt die Wirtschaft nun Schneider Bräuhaus. Ebenfalls, je nach Gusto, mit kleinem Zusatz, also Schneider Bräuhaus im Tal oder gar Schneider Bräuhaus München im Tal. So liest man es mittlerweile auch auf der Website, während an der Fassade unverändert der geschwungene Schriftzug Weißes Bräuhaus prangt. Ach, und am Fuße der Website steht ein Copyright-Vermerk, der dann wieder auf den Umlaut verzichtet. Schneider Brauhaus im Tal heißt es dort, um das Durcheinander vollständig zu machen. Vielleicht ist es doch am besten, sich einfach unter der Adresse Tal 7 zu treffen und die Nennung des Namens ganz zu vermeiden. Dann gibt es auch keine Diskussionen.
Verändert hat sich auch das Bierangebot. Ein wenig, zumindest. 2009 hat der Brauerei-Inhaber, Georg VI. Schneider, die gesamte Produktpalette durchnummeriert. Aus der klassischen Schneider Weiße wurde TAP7 Unser Original, aus dem Kristallweizen TAP2 Mein Kristall und aus dem Aventinus Weizenbock TAP6 Unser Aventinus. Lediglich der Aventinus Weizen Eisbock bekam keine Nummer. Zusätzlich zu den neuen Produktbezeichnungen wurden auch ein paar neue Biere auf den Markt gebracht. TAP4 Mein Grünes, ein sehr hopfenbetontes Weißbier, beispielsweise, oder TAP5 Meine Hopfenweiße, ein sehr stark gehopftes Weißbier mit sage und schreibe 8,2% Alkohol. Geschmacklich und in der Wirkung eine Wucht. Das Tap11 Meine leichte Weiße kam ebenfalls hinzu, und unter der Bezeichnung TAPX eine ganze Reihe von Experimentalbieren mit Holzfassreifung, speziellen Hopfensorten und dergleichen.
Und doch ist alles gleichgeblieben. Im vorderen wie im hinteren Schankbereich herrscht nach wie vor eine rustikale und freundliche Stimmung. Touristen wie Einheimische drängen sich eng auf den vollbesetzten Bierbänken zusammen. Musikanten schieben sich zwischen den Tischen durch und sorgen für Stimmung, und bereits am frühen Sonntagmorgen ab 08:00 Uhr schmeckt das Weißbier schon ganz vorzüglich.
Gleich geblieben ist auch die traditionelle Kronfleisch-Küche. Als eines der letzten Wirtshäuser in München überhaupt (oder ist es mittlerweile gar das allerletzte?) bietet das Schneider Bra(ä)haus (München) im Tal noch eine umfangreiche Liste von Innereien auf der Speisekarte, insbesondere eben auch Kronfleisch, also das Zwerchfell von Rind, Kalb oder Schwein. Ziemlich festes, aber auch sehr aromatisches Fleisch. Es wird in einem Gemüsesud gekocht und mit viel Kren (Meerrettich) und Petersilienkartoffeln serviert. Entweder man liebt es, oder man hasst es. Ähnlich, wie all die anderen Innereien – Nieren, Leber, Milzwurst, Lunge, Kutteln, Bries …
In der vollen Schankstube lösche ich heute meinen allerersten Durst auf nüchternen Magen mit einem TAP3 Mein Alkoholfrei, bevor ich mich dann über die Kombination Kronfleisch mit TAP5 Meine Hopfenweiße hermache. Das aromatische und feste Fleisch braucht ein ebenso robustes und aromatisches Bier dazu – die Hopfenweiße kann mit ihrem gewaltigen Malzkörper und ihren dominanten Hopfenaromen wunderbar mithalten. Beide gemeinsam, Kronfleisch und Hopfenweiße, bilden eine solide Grundlage, um am Nachmittag die Heimreise im überfüllten Zug zu überstehen.
Ein klassisch-münchnerisches Biererlebnis.
Das Schneider Brauhaus im Tal (einigen wir uns mal auf diese Schreibweise) ist täglich von 08:00 bis 00:30 Uhr geöffnet; kein Ruhetag. Mit dem Bus 132 kommt man bis auf wenige Schritte an das Brauhaus heran (Haltestelle „Tal“).
Schneider Brauhaus im Tal
(Weißes Brauhaus im Tal)
Tal 7
80 331 München
Bayern
Deutschland
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