Gemütlich bummeln wir am hell erleuchteten Portal der Sapienza-Universität in Rom vorbei. Irgendwo im nächsten Stadtviertel soll es eine kleine Bar geben, in der belgische Biere ausgeschenkt werden. Es ist Ende Oktober, aber noch wunderbar warm und mild, und so lässt sich die Suche nach dieser Bar mit einem ausgedehnten Spaziergang verbinden.
Weit vor uns hören wir laute Stimmen. Gelächter, Gläserklirren. Wir kommen näher und sehen eine Gruppe junger Leute auf dem Bürgersteig stehen. Party. Es ist Donnerstagabend, unter der Woche, aber der Feierlaune tut das wohl keinen Abbruch.
Luppolo 12 (Außenansicht)
Neugierig schauen wir, was hier wohl gefeiert wird, und wir sehen eine kleine Tür. Bunte Aufkleber, abgerissene Plakate daneben, und darüber der Schriftzug Luppolo 12.
Luppolo? Hopfen? Das klingt nicht schlecht. Obwohl wir locker 25 Jahre älter als der Durchschnitt der Gäste hier sind, drängen wir uns vorsichtig bis zur Theke durch. Ein Dutzend Zapfhähne, eine spannende Auswahl von Spezialbieren aus Italien, Deutschland und dem Rest der Welt. Der Entschluss ist schnell gefasst: Hier bleiben wir erstmal. Die belgische Bierbar kann warten.
die Zapfhahn-Batterie ist beeindruckend
Ich lasse meinen Blick an der Zapfhahn-Batterie entlang schweifen. Tolle Auswahl. Weihenstephaner Weizenbock Vitus vom Fass, und das hier, mitten in Rom! Ein paar Sachen von BrewFist und von Toccalmatto, den bekannten Italienern. Und ein simples, aber so leckeres Kellerbier von Hummel aus Merkendorf bei Bamberg!
Draußen in der milden Abendluft ist zwar der Bär los, aber drinnen finden wir doch problemlos ein Plätzchen. Ein paar Biere verkosten wir, Tripel, Stout, India Pale Ale. Bis 21:00 Uhr ist Happy Hour, und es gibt die Biere für 3,50 EUR (statt 5,00 EUR).
Luppolo 12 (Innenansicht)
Leckeres Bier macht Appetit, und mein Magen meldet sich mit deutlich vernehmbarem Knurren. Ob es hier wohl auch etwas zu essen gibt? Klar, ein Tellerchen mit etwas Brot, Prosciutto (Schinken) und Formaggio (Käse) könne er uns anbieten, sagt der Barmann. Ich bestelle zwei Bier und zwei Portionen. Und staune: Gerade mal 1,50 EUR verlangt die Bar pro Essensportion. Ein paar Stücke Brot, ein paar Würfel eines ausgezeichneten Bergkäses mit schwarzer Rinde, zwei Scheiben Schinken, zwei Scheiben Salami, zwei Scheiben Mortadella. Lecker.
Für den Rest des Abends begleitet uns jeweils ein solches Tellerchen zu jedem Bier.
uns völlig unbekannte Label und Etiketten
Das Publikum ist bunt gemischt. Abgerissene Typen und elegant gekleidete Jung-Banker sitzen nebeneinander. Plötzlich teilt sich die Menge vor der Tür. Ein älterer, nein, ein schon wirklich alter Herr kommt herein, die Jugend macht ihm Platz. Ruhig schreitet er bis zur Theke, bestellt sich ein Bier und setzt sich an den Nachbartisch. Mit sichtlichem Genuss trinkt er sein Bier, Schluck für Schluck. Er geht wieder hinauf zur Theke, bestellt sich ein anderes Bier, eine völlig andere Sorte. Wir sehen ihm zu, wie er auch dieses Bier in Ruhe genießt. Freundlich schaut er sich ein letztes Mal um und geht langsam und würdevoll wieder auf die Straße hinaus. Respektvoll teilt sich die Meute der Jugendlichen erneut, bildet eine Gasse, und der Herr schreitet würdevoll davon, verschwindet in der Dunkelheit.
Ob wir das selbst auch einmal im hohen Alter so machen werden? Mutig in einen Pulverschuppen wie diesen hineingehen, um unser Bier zu genießen? Und ob uns die jungen Menschen dann mit dem gleichen Respekt behandeln werden, wie selbstverständlich in der Bar akzeptieren werden? Wir philosophieren beim nächsten Bier. Und beim übernächsten.
ansprechende Wanddekoration
Mittlerweile ist die Happy Hour vorbei, die Bierpreise erhöhen sich, und langsam leert sich die Bierbar. Nur noch einige wenige Raucher stehen vor der Tür, die meisten Gäste haben sich jetzt drinnen versammelt. Wir studieren die Dekoration des Raums. Ein alter Schallplattenspieler hängt an der Wand, viele Bierplakate, einzelne Schallplatten. Originell.
Wir könnten hier noch lange sitzen, aber es ist Donnerstag. Morgen früh ruft die Arbeit, ich muss früh raus aus den Federn. Und so trollen wir uns langsam, spazieren wieder zurück zum Hotel. Glücklich und rundum zufrieden ob unseres Zufallsfunds.
noch ewig hätten wir hier sitzen und trinken können …
Und die belgische Bierbar? Völlig egal, die haben wir heute nicht vermisst.
Und, wie wir am nächsten Tag erfahren haben, wird da derzeit sowieso renoviert, und niemand weiß, ob das, was nach der Renovierung dort eröffnet, wieder eine Bierbar sein wird.
Die Bierbar Luppolo 12 ist täglich von 17:00 Uhr bis 02:00 Uhr morgens geöffnet; kein Ruhetag. Mit den Straßenbahnlinien 3oder 19 (Haltestelle Reti) ist die Bar bequem zu erreichen; gerne auch vom Hauptbahnhof Termini aus in etwa zehn Minuten zu Fuß.
Luppolo 12
Via dei Marrucini 12
00 185 Rom
Italien
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