Der Osterhase war da?
Perfektes Timing: Der Paketbote klingelt, bevor die Osterfeiertage beginnen. Meine holde Ehefrau ist zuhause und sogar rechtzeitig an der Tür. Der nette Nachbar von gegenüber ist zufällig im Treppenhaus und kann das schwere Paket tragen helfen. Eins greift ins andere, und als ich am Abend von der Arbeit komme, steht die Bierpost bereits auf meinem Schreibtisch.
zwölf spannende Biere
Zwölf spannende Biere, die meisten aus Österreich, hat mein lieber Freund, der Biersommelier Dominik, für uns zusammengestellt. Vom einfachen und hoch durchtrinkbaren Hellen bis zum alkoholschweren Stout ist für jeden Geschmack etwas dabei.
Das wird ein Fest! Wie schön, dass uns die Osterferien etwas Zeit geben werden, all diese Biere sorgfältig zu verkosten und die Ergebnisse auch festzuhalten und mit Euch zu teilen. Hier, in den …
Verkostungsnotizen
Brauerei Egg – Egger IPA; Brauerei Egg – Wälder Edel Pils; Bitburger – Maibock; Grabhers Sudwerk – Spring Ale – Golden Ale; Loncium Biermanufaktur – Fantasy NEIPA; Brauerei Egg – Wälder Keller
Brauerei Egg – Egger IPA (5,3%)
Oha, ein gefährliches Bier! Es warnt nämlich auf dem Etikett: „Kann bei Gewaltanwendung bersten (Splitterflug)!“ Oder ist das in Österreich mittlerweile vorgeschrieben, die Kunden so zu warnen?
Gaaanz behutsam trage ich die Flasche also zum Balkon, öffne sie, als wäre sie ein rohes Ei, und was passiert?
Nichts!
Glück gehabt.
Nun steht einer Verkostung des Egger IPA nichts mehr im Wege.
Es ist ein noch recht neues Bier, das auf der Website der Brauerei Egg noch ohne Etikett und mit dem Zusatz „kriegen tut man es nur an der Rampe“ gezeigt wird. Etwas Besonderes also!
Das Bier ist dunkelgelb sowie leicht und gleichmäßig trüb; bedeckt wird es von einer recht üppigen Schaumkrone, die zwar lange hält, aber rasch sehr großblasig und ein bisschen unansehnlich wird. Der dezente Geruch versöhnt aber schnell wieder. Ich rieche leichte klassische Hopfennoten, ein bisschen kräuterig sind sie vor allem, dahinter schwebt aber auch ein luftiger Hauch Zitronenmelisse und ein bisschen ätherischer Rosmarin. Der Antrunk ist kohlensäurescharf und leitet über zu einer schönen, intensiven und weichen Bittere, die die ganze Zunge bedeckt. Der Körper ist relativ schlank, ein bisschen Malzsüße ist da, aber vorrangig bleibt doch die Hopfenbittere. Retronasal zeigt sich die Aromatik ähnlich dezent wie im Duft – ein paar Kräuternoten, ein paar ätherische Akzente. Angenehm. Der Schluck ist noch erstaunlich spritzig, ich spüre die Kohlensäure auch im Hals noch etwas bizzeln, bis sie aber rasch einer schönen Hopfenbittere Platz macht. Diese wiederum klingt langsam und gleichmäßig ab, und ich kann mich nicht entscheiden, ob die Spritzigkeit meinen Durst löscht oder ob die Bittere und die leichte Trockenheit im Rachen ihn anfachen.
Brauerei Egg – Wälder Edel Pils (5,1%)
Und gleich noch eins aus der Wälder Brauerei Egg, genauso gefährlich beschriftet. Ein Pils. Kein einfach zu brauender Bierstil, oder? Sogar ein Edel Pils. Was immer „edel“ jetzt auch heißen soll. Sind die anderen Biere der Brauerei Egg nun unedel? Oder profan? Bürgerlich? Bäuerlich? Müsste das Bier, wenn es edel ist, nicht „von Pils“ heißen anstatt einfach nur „Pils“? Ach, Fragen über Fragen, die mir die Werbefritzen bestimmt nicht beantworten wollen. Da muss das Bier schon für sich selbst sprechen:
Im Glas sieht’s schon mal richtig gut aus. Glanzfein, goldgelb, schöner und stabiler, schneeweißer Schaum. Ein guter Auftakt. Der Duft ist klassisch: Würzige, leicht kräuterige Hopfenaromen, ein paar heuartige Akzente. Es folgt ein frischer, durchaus spritziger Antrunk. Auf der Zunge ist das Bier schlank, was die deutliche Bittere noch einmal betont und sehr gut spürbar macht. Die Heuaromen entfalten sich noch ein bisschen deutlicher und gefallen gut. Das Bier bleibt so schön ausgewogen und schlank, der Hopfen benimmt sich artig und haut nicht zu sehr auf den Putz, macht aber deutlich, dass er mit immerhin 38 Bittereinheiten da ist, indem er den Rachen ganz leicht trocken macht und so Lust auf den nächsten Schluck schürt. Schön!
Bitburger – Maibock (6,7%)
Aus der Eifel kommt das nächste Bier, hat also eine schöne Reise nach Österreich und von dort zurück nach Deutschland hinter sich. Wie es sich für Bitburger gehört, ist es mit Bitburger Siegelhopfen gebraut (das ist der Hopfen, der im Auftrag der Bitburger Brauerei direkt in der Eifel angebaut wird), zusätzlich wurde auch Ariana verwendet, ein Hopfen, der für ausgewogen fruchtige Aromen steht.
„Unfiltriert mit natürlicher Trübung“ steht auf dem Etikett, aber die Trübung ist nur dezent. Das Bier wurde also sorgfältig und lange gelagert und dann ebenso sorgfältig abgezogen. So kommt die dunkelgelbe Farbe schön zur Geltung, ebenso wie der schneeweiße Schaum, der allerdings recht rasch zusammenfällt. Der Duft ist zurückhaltend fruchtig, ich glaube, gelbe Stachelbeeren, etwas Birne und weiße Süßkirschen zu riechen. Der Antrunk ist von Beginn an überraschend stark hopfengeprägt, und auch wenn sich das Bier auf der Zunge verteilt, dominieren die Hopfennoten. Allerdings – die angenehme Fruchtigkeit aus dem Bouquet verstetigt sich leider nicht. Stattdessen wird das Bier rasch sehr bitter (was ich nicht schlecht finde), präsentiert diese Bittere aber recht eindimensional (was ich nicht gut finde). Es ist einfach nur kräftig bitter und verzichtet darauf, diese Bittere in angenehme und, wie auf dem Etikett versprochen, fruchtig-frische Aromen einzubetten. Nach dem Schluck macht sich die Bittere überall in Mund und Rachen breit, führt zu leicht trockenen Schleimhäuten, was Durst auf den nächsten Schluck machen soll (und auch macht). Aber immer noch vermisse ich ein harmonisches Aromenspiel. Zwar spüre ich jetzt eine leichte Krautigkeit, die die Bittere begleitet, aber erstens ist das etwas anderes als die versprochene Fruchtigkeit, und zweitens mag sie sich nicht so recht entfalten. Da hatte ich mir vom verwendeten Ariana-Hopfen doch etwas mehr erwartet. Schade.
Grabhers Sudwerk – Spring Ale – Golden Ale (5,0%)
Grabhers Sudwerk, die winzige Brauerei aus Bregenz, hat für den Frühling ein leichtes und lieblich-blumiges Bier herausgebracht: „Für die ersten sonnigen Frühlingstage haben wir ein weiteres obergäriges Bier gebraut. Drei einzigartige Hopfensorten geben diesem Golden Ale in der Kalthopfung sein außergewöhnlich frisches und fruchtiges Aroma.“ Das klingt fein, und noch feiner klänge es, wären die Hopfensorten irgendwo auf dem Etikett auch genannt …
„Oh!“ Ich schaue erstaunt auf das Glas. Die Hefe dieses unfiltrierten Biers hat sich wunderbar und ganz fest am Boden der Flasche abgesetzt, so dass es jetzt, nach vorsichtigem Einschenken, schön golden und relativ klar leuchtet. Der Schaum ist eher zurückhaltend und hält sich auch nicht allzu lange. Der Duft ist geprägt von spielerischen und blumigen Noten, wie ein Strauß frisch gepflückter Frühlingsblumen. Ein Hauch Honig ist noch dabei, aber das passt natürlich sehr gut dazu. Der Antrunk ist leicht malzig und relativ weich, und auf der Zunge halten sich eine leichte Malzsüße und eine spürbare, doch dezente Herbe die Waage. Die Aromen werden retronasal etwas estriger und alkoholischer, verlieren ihren Frühlingsblumencharakter und gewinnen eine leicht phenolische Note, wie sie in belgischen Saisonbieren zu finden ist. Dieser angenehm phenolische Charakter bleibt auch nach dem Schluck erhalten und verleiht dem Bier einen sehr eigenen Charakter.
Loncium Biermanufaktur – Fantasy NEIPA (5,5%)
Loncium ist der altkeltische Name von Mauthen in Kärnten. Und der Name einer Brauerei in diesem Ort, die vor 15 Jahren „in Oma’s Suppentopf“ begonnen hat, wie die Website zu berichten weiß. Die quietschbunte Dose vor mir enthält ein New England India Pale Ale – ein Bierstil, von dem ich oft enttäuscht worden bin, weil der herrliche Duft oft Dinge verspricht, die der Geschmack nicht halten kann. Ob das hier auch so ist?
Das Bier präsentiert sich leuchtend gelb und mit einer kräftigen, gleichmäßigen Trübe. Darüber ein schöner und schneeweißer Schaum, der recht lange hält. Der Duft ist tropisch-fruchtig, wird von Maracuja-Noten dominiert und hält im Hintergrund noch ein paar Mandarinenschalenaromen in petto. Der Antrunk ist für einen kurzen Moment spritzig, dann wechselt der Eindruck aber rasch ins Cremige. Weich und vollmundig fließt das Bier über die Zunge, die Bittere an den Zungenrändern ist mittelstark ausgeprägt, und die retronasalen Aromen gehen stärker in Richtung Mandarinenschale und etwas Pampelmuse, die Maracuja verschwindet in der Wahrnehmung deutlich in Richtung Hintergrund. Gleiches gilt für die Aromatik nach dem Schluck – die eher herben Aromen dominieren, was allerdings sehr gut mit der Hopfenbittere, die sich auf den Schleimhäuten bemerkbar macht, harmoniert.
Brauerei Egg – Wälder Keller (5,6%)
Jetzt geht es noch einmal zurück in den Bregenzer Wald zur Brauerei Egg, die wir nun schon zwei Mal in diesem Verkostungsreigen vertreten hatten. Diesmal mit einem Kellerbier, einem unfiltrierten Spezial.
Das Bier präsentiert sich mit hellgelber Farbe, gleichmäßiger Trübung und einem schönen, weißen Schaum, der zwar zunächst viel hermacht, dann aber rasch in sich zusammenfällt und nur in einer hauchdünnen Schicht die Minuten überdauert. Der Duft ist süßlich und leicht hefig, und er erinnert mit feinen estrigen Noten noch an ein Jungbier. Der milde Antrunk und das vollmundige, deutlich süße, aber gar nicht mal so klebrig malzige Mundgefühl setzen diesen Eindruck harmonisch fort. Eine leichte Bittere ist an den Zungenrändern zu spüren, und eben diese wird nach dem Schluck noch sehr viel deutlicher. Sie wirkt aber weniger hopfig denn hefig, ist aber nicht unangenehm, denn sie setzt dem süßlichen Mundgefühl einen schönen Kontrapunkt entgegen.
Mohrenbräu – Weizen; Brauhaus Gusswerk – Die schwarze Kuh – Bio-Imperial Stout; Mohrenbräu – Helles Lagerbier 2022 – Olympia-Edition; Ottakringer Brauwerk – 12 Donkeys – N° 4 – Sophie-Marie – Guarana-Kiwi-Ale; Ottakringer Brauwerk – Black & Proud – N° 3 – Porter; Ottakringer Brauwerk – 12 Donkeys – N° 6 – Christian – Black IPA
Mohrenbräu – Weizen (5,0%)
Die Mohrenbrauerei in Dornbirn sah sich in den vergangenen Jahren massiver Kritik wegen Rassismus ausgesetzt. Zwar heißt die Gründerfamilie Mohr, und der Name der Brauerei bezieht sich somit auf den Familiennamen, aber die Verwendung eines stilisierten und rassistisch überzeichneten Kopfes eines in früheren Zeiten so genannten „Mohren“, also eines dunkelhäutigen Menschen afrikanischer Abstammung, war unwürdig. Dicke, wulstige Lippen, eine fliehende Stirn, ein flacher Kopf mit krausem Haar – gar nicht gut. Nach langen betriebsinternen Diskussionen hat man sich unlängst dazu entschieden, den Kopf grundsätzlich beizubehalten, die rassistischen Merkmale in der Darstellung jedoch zurückzunehmen. Keine wulstigen Lippen mehr, keine fliehende Stirn. Ein leider nur schwacher Versuch, den Rassismus in der Darstellung zu reduzieren. Sehr schade.
Die vor mir stehende Flasche Weissbier gibt mir die Möglichkeit, beide graphischen Versionen zu vergleichen – der Kronkorken trägt noch die alte Darstellung, das Etikett schon die neue. Der Unterschied ist sichtbar, aber nur gering, und so genügt dieser fast schon nur symbolische Schritt bei weitem nicht, sich dem Vorwurf eines unverändert bestehenden Rassismus zu erwehren.
Das Bier hat eine kräftige gelbe Farbe, die durch die gleichmäßige und schöne Trübung schon einen leichten Stich ins Orangene aufweist. Der weißbiertypisch üppige Schaum ist schneeweiß, vielleicht ein bisschen großblasig, und schön lange haltbar. Der Duft geht dezent ins Phenolische, weist feine Anmutungen von Gewürznelken, Kümmeln und Kräutern auf, während die ebenfalls zu findende Bananennote nur ganz schwach im Hintergrund zu ahnen ist. Der Antrunk ist spritzig frisch, und auf der Zunge wirkt das Bier trotzdem recht vollmundig, fast schon kremig und weich. Die retronasalen Aromen schlagen jetzt endgültig ins würzig-phenolische um; Fruchtaromen sind keine mehr zu spüren, eher schon eine herbe, vielleicht etwas an Wermut erinnernde Note. Der Schluck ändert diesen Eindruck nicht mehr. Eine ganz schwache Hopfenherbe wird noch spürbar, bleibt aber hinter den Kräuteraromen weit, weit zurück. Interessant!
Brauhaus Gusswerk – Die schwarze Kuh – Bio-Imperial Stout (9,2%)
Den Bindestrich im Biernamen empfinde ich als irgendwie irreführend. Was ist denn bio-imperial? Ob das Präfix „bio“ nicht eher vor das Stout gehört hätte? Ich weiß es nicht. Was ich nach Studium des Etiketts aber weiß, ist, dass das Bier in Anlehnung an die Pinzgauer Bio-Rindviecher benannt wurde – diese Rinder sind es nämlich, die allwöchentlich den Bio-Biertreber aus dem Brauhaus Gusswerk fressen.
Das Bier ist schwarz und präsentiert sich im Glas blickdicht, so dass ich nur während des Einschenkens im dünnen Strahl sehen kann, dass das Bier leicht trüb ist. Eine beigefarbene Schaumschicht bildet sich nur äußerst zurückhaltend, und sie zerfällt auch rasch wieder. Der Duft ist angenehm röstig mit ein paar Kakaonoten und etwas Bitterschokolade. Über die Lippen fließt das Bier weich, fast schon viskos, und es erstaunt mich ein bisschen, dass es auf der Zunge dann doch ein wenig kohlensauer bizzelt. Der kräftige Malzkörper übertüncht dieses Bizzeln rasch, und er balanciert auch die durchaus kräftige, wenn auch nicht übermäßige Bittere gut aus. Wenn ich das Bier auf der Zunge hin und her wälze (stärker noch aber nach dem Schluck), spüre ich ganz dezent phenolische Noten im ansonsten weiterhin von Kakao und Bitterschokolade geprägten Aroma. Der Alkoholgehalt ist sorgfältig maskiert; außer einer feinen alkoholischen Wärme, die sich nach ein paar Schlucken herausbildet, ist von den 9,2% Alkohol kaum etwas zu spüren.
Mohrenbräu – Helles Lagerbier 2022 – Olympia-Edition (5,1%)
Auf diese Idee muss man erstmal kommen: Ein ganz „normales“ Bier (Denn welcher Bierstil wäre „normaler“ als ein einfaches helles Lagerbier?) in eine große 0.75er Flasche zu füllen und edel in bedrucktes Papier einzuwickeln! Die Mohrenbräu aus Dornbirn hat’s gemacht und präsentiert ihr helles Lagerbier, als gälte es, zwischen fassgereiften Stouts und belgischen Quadrupels einen Platz auf dem Podium der Edelbiere zu erringen!
Das Bier leuchtet goldgelb und glanzfein im Glas, und gekrönt wird es von einer sehr feinporigen, kremigen und lange haltbaren, schneeweißen Schaumschicht. Der Duft ist weich und malzig, mit Noten, die an Biskuitteig erinnern. Der Antrunk erweist sich ebenfalls als weich, schön harmonisch leitet er zu einer leichten, zurückhaltenden Malzsüße auf der Zunge über, die nur von einem Hauch Hopfenherbe begleitet wird. Retronasal bleibt das Bier ausgewogen, malzig und ein wenig an Biskuit erinnernd, und auch nach dem Schluck ändert sich an diesem Eindruck nicht mehr viel, abgesehen vielleicht von einem leicht viskosen Gefühl auf den Schleimhäuten, das für einen Moment anhält. Balance, Harmonie, Gleichgewicht – dieses Bier möchte nicht provozieren, keinen Eindruck erwecken und sich nicht in den Mittelpunkt stellen. Schon gar nicht erwartet es, dass man sich über es unterhalten muss.
Ottakringer Brauwerk – 12 Donkeys – N° 4 – Sophie-Marie – Guarana-Kiwi-Ale (5,0%)
Das Etikett bietet skurrilen Lesestoff: „Esel auf Reisen N°4: In berauschtem Zustand erschien den Eseln der Kiwi-Gott und schickte sie nach Wien. Wien? Wirkli woahr, sie wurden im schönen Marchfeld fündig. Minikiwi & Wachmacher ins Bier – und weiter geht die Reise! I-aaahh!“ Was sich das Ottakringer Brauwerk dabei bloß gedacht hat?
Die Farbe geht fast schon ins Orangene und leuchtet sehr schön in der Sonne. Das Bier ist leicht trüb, und es schwimmen zahlreiche Flocken darin. Der weiße Schaum entwickelt sich nur zaghaft und fällt auch schnell wieder zusammen. Der spritzige Antrunk leitet über zu einem deutlich bitteren Eindruck auf der Zunge, dem man anmerkt, dass er wohl eher von der Guarana kommt als vom Hopfen. Die Fruchtnoten darüber sind nur sehr zurückhaltend, ich muss bewusst ganz langsam durch die Nase ausatmen, um retronasal wenigstens ein paar fruchtige Akzente aufzuschnappen. Ähnlich dann nach dem Schluck im Abgang: Eine sehr prägnante und eigene Bittere, schwache, auch eher herbe Fruchtaromen und ein sehr trockener Gaumen prägen das Finish dieses durchaus interessanten Biers.
Ottakringer Brauwerk – Black & Proud – N° 3 – Porter (5,6%)
Nachdenklich drehe ich die Flasche in der Hand. Mindesthaltbarkeitsdatum 27. Februar 2022. Das ist schon eine Weile her. Andererseits: Die Flasche hat, abgesehen vom dreitägigen Posttransport von Österreich hierher eigentlich immer dunkel und kalt gestanden. Ach, ich lasse es einfach drauf ankommen.
Fast schwarz und fast blickdicht steht das Bier im Glas, gekrönt von einer reichlichen, beigefarbenen Schaumschicht, die recht lange hält. Der Duft ist intensiv röstig mit vorwiegend Kakaonoten. Der eher milde Antrunk täuscht, den auf der Zunge entwickelt das Bier viel: Eine deutliche Malzsüße, eine feine Röstbittere, jede Menge retronasale Röst- und Kakaoaromen, die aufgrund der Malzsüße auch ein bisschen in Vollmilchschokolade übergehen. Es ist ein recht komplexes Sinnenfeuerwerk, das hier abgebrannt wird. Auch den Abgang ist spannend: Bitterschokolade, Kakao, ein bisschen Vanille, eine kräftige Herbe und eine leichte alkoholisch wirkende Wärme. Letzteres ist angesichts eines Alkoholgehalts von gerade einmal 5,6% überraschend.
Ein gutes Bier, aber mit einer für mich nicht nachvollziehbaren Essensempfehlung auf dem Etikett: „Best to Steak, Würsten, Eintöpfen & Schokolade“. Zu Schokolade, okay, aber zu Steak, Würsten und Eintöpfen? Dazu ist mir das Bier zu milchschokoladig. Ich schmiere ja auch keinen Schokoaufstrich auf mein Steak.
Ottakringer Brauwerk – 12 Donkeys – N° 6 – Christian – Black IPA (6,9%)
Und wieder eine skurrile Geschichte auf dem Etikett: „Esel auf Reisen N°6: Welch Erwachen an Bord der Black Pearl! Captain Jack verweigert den Eseln Rum, die wissen sich aber zu helfen und greifen zu allem Dunklen um sich. Gebraut, gehopft und getrunken auf der langen Reise über den Ozean! Rrrrrr Ihr Landratten! I-aaahh!“
Ganz, ganz dunkelbraun und deutlich trüb steht das Bier im Glas. Der Bodensatz fließt hefig durch den beigefarbenen, üppigen und sehr stabilen Schaum, der sich gleich beim Einschenken gebildet hat. Ich brauche das Glas gar nicht hochzunehmen, um erste deutliche Hopfenaromen zu riechen. Natürlich tue ich es trotzdem – und ich rieche eine Zitrusschalenherbe, die sich mit Aromen von unreifen Ananasfrüchten und von Kiwis paart. Dahinter kommt sogar eine ganz leichte phenolische Rauchnote zum Vorschein, wie am frühen, taufeuchten Morgen am abgebrannten Lagerfeuer. Der Antrunk ist recht spritzig und leicht scharf, fast schon pfeffrig. Auf der Zunge bleibt diese Schärfe ein wenig erhalten, verbündet sich mit einer kräftigen Bittere und einer röstigen Malzigkeit. Retronasal spüre ich die Röstaromen, die orthonasal noch gar keine so dolle Rolle spielten. Dafür sind die Fruchtaromen jetzt aber weg. Interessant, wie sich das verändert. Im Abgang dann deftige Hopfenherbe und eine Viskosität, die sich auf die Schleimhäute legt und sehr lange anhält – begleitet von Röst- und leichten Raucharomen. Ein sehr vielschichtiges Bier, das einen deutlichen Spannungsbogen zwischen den vielen Aromakomponenten zeigt.
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