[Blick zurück auf März 2023]
Fast auf den Tag genau zwölf Jahre ist es her, dass wir in diesen altehrwürdigen Mauern schon einmal eingekehrt sind. Genauer gesagt, eher nebenan, denn hinter dem Haupteingang tobten gerade größere Renovierungsarbeiten. Damals hieß dieser Brauereiausschank noch Braugasthaus „Zum alten Fritz“.
Heute, zwölf Jahre später, ist es das Störtebeker Braugasthaus. Die Renovierungsarbeiten sind lääängst abgeschlossen, vielleicht gab es zwischendrin sogar noch einmal eine zweite Renovierung. Jetzt, hier und heute, empfängt uns ein sehr ansprechendes und gemütlich eingerichtetes Lokal sowie zwei Bedienungen, die vom ersten Moment eine ganz einladende Herzlichkeit ausstrahlen.
das Störtebeker Braugasthaus
Während meine holde Ehefrau sich schon mal einen Platz an der warmen Heizung sichert (heute ist noch einmal der Winter zurückgekommen, und trotz wunderbar blauem Himmel ist es eiskalt), schaue ich mich erstmal um. Klarer Fall: Störtebeker. Der rote Wimpel ist überall zu sehen, und auch die Zapfhahnbatterie lässt keinen Zweifel: Hier kann man die Biere aus Stralsund allesamt verkosten.
So bietet denn auch die Karte eine schier unendliche Auswahl von Fass- und Flaschenbieren der Störtebeker Braumanufaktur. Puh, da müsste ich mindestens drei, vier Mal kommen, wenn ich die wirklich alle verkosten wollen würde.
Ein kleines bisschen leichter wird es mir durch das Probierbrettchen gemacht, das mir schon mal die Auswahl der ersten sechs Biere abnimmt. Vor- und Nachteil zugleich. Vorteil: Ich kann schon mal sechs der angebotenen Biere testen und muss nicht lange überlegen. Nachteil: Mir werden die sechs Sorten vorgegeben, und es bleiben immer noch mehr als noch mal so viele, die ich so nicht werde verkosten können. Aber gut, ich kann ja wohl kaum erwarten, dass Flaschenbiere auch als 100-ml-Pröbchen angeboten werden.
Also: Ich nehme das Probierbrettchen. Und dazu eine Flunder mit Bratkartoffeln. Wir sind hier ja schließlich im hohen Norden in einer Hansestadt, da sollte es wohl Salzwasserfisch sein, oder?
Die junge Dame, die für unseren Tisch zuständig ist, ist überaus freundlich und gut gelaunt, und zwar von dieser von innen heraus kommenden, ansteckenden Sorte – nicht so aufgesetzt und übertrieben. Sie ist einfach gut drauf, und schon bei der Bestellung lachen wir alle zusammen und haben großen Spaß.
Bier und Flunder kommen blitzschnell, ebenso wie der Pfefferminztee für meine Frau, die tagsüber noch keinen Alkohol trinkt, und die Kartoffelpuffer mit Heringsfilet. Und alles, durch die Bank alles, schmeckt hervorragend und ist reichlich.
Schauen wir doch mal genauer auf die Biere:
Bier Nummer 1 ist – man muss ja mit der Mode gehen – ein Helles. Nordisch-Hell nennt es sich, hat 4,6% Alkohol und ist sehr gelungen. Schön harmonisch, und für ein Helles gilt ja: Je weniger dem Verkoster dazu einfällt, was er schreiben könnte, desto besser ist es. Ausgewogen, balanciert, höchst durchtrinkbar. Fein!
Bier Nummer 2 fällt ein bisschen ab, aber nur ein bisschen und auch nur im direkten Vergleich. Ein bisschen zu süßlich wirkt das Keller-Bier 1402 mit seinen 4,8%, vielleicht ist auch die Spundung ein kleines bisschen zu hoch ein Kellerbier. Aber verglichen mit dem, was in vielen Gasthausbrauereien als Kellerbier so angeboten wird, ist es immer noch vorzüglich.
Bier Nummer 3 hebe ich mir für den Schluss auf und mache jetzt erstmal mit Bier Nummer 5 weiter, dem 5,3%igen Bernstein-Weizen. Auch wenn ich damit von der vorgeschlagenen Verkostungsreihenfolge abweiche. Sorry, but I respectfully disagree – Bier Nummer 3 muss unbedingt das letzte sein!
Vollmundig, rund, kräftig, mit feinen Bananen- und Aprikosenaromen und einem Hauch Kümmel im Hintergrund präsentiert sich das Weizen, das doch eigentlich noch gar nicht dran ist. Sehr gelungen. Nicht mein Lieblingsbierstil, aber dafür kann weder der Brauer noch die Brauerei oder die Kellnerin.
Es folgt Bier Nummer 4, das Übersee-Pils. Feine heuartige Hopfenaromen und eine kräftige, ausgeprägte Bittere passen hervorragend zu dem schlanken Körper und lassen mein Herz höher schlagen. Warum nur gibt es in Süddeutschland so wenige gute Pilsner Biere? Vielleicht mal vom Augsburger Herrenpils der Brauerei Riegele abgesehen …
Bier Nummer 6 ist ein Schwarz-Bier mit 5,0%. Sehr stilgerecht mit nur feinen und zurückhaltenden Röstaromen und einem schlanken Körper, der nach dem Schluck rasch abklingt. Stiltypisch, denn das unterscheidet ein Schwarzbier von einem Stout oder Porter. Allerdings auch nicht mein Lieblingsstil.
Und viel zu schnell kommt nun schon das letzte Bier, Bier Nummer 3, das Atlantik-Ale. 5,1% hat es, und als es vor über zehn Jahren auf den Markt gekommen ist, war es mit seinen fruchtigen Hopfennoten eine Sensation. Und unverändert halte ich es für eines der besten Biere seiner Art. Fruchtig, aber nicht zu süßlich und parfümig dabei, sehr schlank und kräftig herb. Eine sehr schöne und vor allem auch sehr durchtrinkbare Kompositon.
Bewusst habe ich mit diesem Bier auch bis nach der Flunder gewartet, denn wie so oft zeigt sich auch diesmal: Viele Hopfensorten harmonieren überhaupt nicht mit Fisch. Schnell ergibt sich ein ranziger und gleichzeitig metallischer Beigeschmack. Aber so, mit einem gewissen Abstand zum Fisch und dem Schwarzbier zwischendurch als „Spülbier“ (diesmal nicht negativ gemeint), passt es gut.
sechs spannende Biere
Hochzufrieden lehne ich mich zurück. Die Brauerei aus dem nicht allzu fernen Stralsund scheint sehr sorgfältig darauf zu achten, wie ihre Biere hier präsentiert und ausgeschenkt werden. Da passt alles bis ins Detail. Sorgfältig gezapft, ansprechend mit einem Lächeln serviert, mit ausführlichen Erläuterungen zu jedem einzelnen Bier. Und in der Speisekarte zu jedem Gericht einen Vorschlag zur Bierbegleitung. Das ist alles eigentlich gar nicht so schwer, gar keine hohe Kunst – aber warum wird es so selten gemacht? Gedankenlosigkeit, Lustlosigkeit allerorten? Hier jedenfalls nicht. Hier passt’s.
Und sollte das ganze jetzt zu sehr nach Loblied klingen … nein, ich habe zu der Störtebeker Braumanufaktur keine Verbindungen, werde von ihr nicht bezahlt, und selbst wenn … meine Meinung ist immer noch meine eigene. Mir gefällt es hier und heute halt.
Das Störtebeker Braugasthaus in Greifswald ist täglich (auch montags!) von 11:00 bis 22:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Es liegt malerisch in einem alten Ziegelgebäude direkt am Marktplatz – wer durch die schöne Altstadt bummelt, kommt automatisch auch hier vorbei.
Störtebeker Braugasthaus
Markt 13
17 489 Greifswald
Mecklenburg-Vorpommern
Deutschland
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