Nachtrag 19. Mai 2023: Mit einer Gruppe Schweizer Bierkenner und -sommeliers sind wir unterwegs und laufen zur Mittagszeit in der BrewDog Bar Berlin Mitte ein.
Der Hype um BrewDog hat in den vergangenen Monaten nachgelassen; das Bild Risse bekommen. Es gab Vorwürfe von sexuellem und Macht-Missbrauch, einige Bars haben geschlossen, aber hier in Berlin läuft das Konzept unverändert recht gut – insbesondere der DogTap im Süden der Stadt, dort, wo Greg Koch mit seiner Biererlebniswelt Stone Brewing World Bistro & Gardens krachend gescheitert ist, läuft und flutet Deutschlands Biermarkt mit immer wieder neuen, kreativen Bieren und innovativen Marketingkonzepten.
Die BrewDog Bar Berlin Mitte überzeugt uns heute aber nicht wirklich. Es ist nicht allzu viel los, was aber das Personal nicht davon abhält, trotzdem lustlos und nur auf nachdrückliches Winken hin die Bestellungen aufzunehmen oder sich anderweitig um uns zu kümmern. Die Biere werden achtlos auf den Tisch gestellt, die Pizzen sind, um es mal vorsichtig auszudrücken, verbesserungsfähig, und insgesamt vermittelt man uns nachhaltig das Gefühl, als Gäste die Ruhe des Personals unwillkommen zu stören.
Den einzigen Lichtblick finde ich auf meinem Teller: Statt Pizza habe ich mir Cajun Chicken bestellt, und damit bin ich außerordentlich zufrieden. Die anderen der Gruppe schauen neidisch …
Ach ja, und dann gab es ja auch noch Bier: Auch da habe ich mit meinem Flanders Phantom, einem 4,4%igen Belgian Ale, durchaus Glück. Ein frisches, hopfiges Bier mit feinen Malznoten, dass durch eine typische belgische Hefe einen feinen Twist bekommt. Abgesehen davon, dass es mit schon zusammengefallenem Schaum serviert wird, passt eigentlich alles. Ein Glücksgriff.
Cajun Chicken & Flanders Phantom
Und auch das Punk AF, das sich meine holde Ehefrau bestellt hat (wobei AF in diesem Falle nicht für „as fuck“, sondern für „alkoholfrei“ steht), erweist sich als gute Wahl.
Glück im Unglück, können wir da nur sagen, denn alle anderen aus unserer Gruppe haben viel auszusetzen.
Und womit?
Mit Recht!
Nee, das war heute nix, und da sich die Erlebnisse mit schlechtem Service bei BrewDog häufen, verfestigt sich der Eindruck heute bei dem einen oder der anderen zu einer klaren Aussage: „Nie wieder BrewDog!“
BrewDog Bar Berlin Mitte
„Kennste eine, kennste alle!“, so könnte man ein bisschen provokativ über die mittlerweile rund 80 BrewDog Bars rund um den Globus schreiben. Es beginnt mit den weißen Neontafeln hinter der Bar, auf denen in Großbuchstaben und recht unübersichtlich das Biermenü bekanntgegeben wird, es setzt sich fort mit den roten Leuchtreklamen, die dem Interieur immer ein leicht puffiges Ambiente verleihen, und endet mit den simplen Holzmöbeln, deren Bequemlichkeit leider manchmal zu wünschen übrig lässt.
Heute also die BrewDog Bar Berlin Mitte. Schon von der gegenüberliegenden Straßenseite als BrewDog Bar deutlich zu erkennen – die türkisfarbenen Lettern im Schaufenster sind nicht zu übersehen.
die türkisfarbenen Lettern machen klar, wo ich bin
Drinnen der erste Schreck: Gar nichts los hier! Höchstens eine Handvoll Gäste verteilt sich im riesigen Schankraum. Ist Berlin bereits saturiert und des Craftbiers überdrüssig?
Nein, natürlich nicht – heute, bei sonnigem, heißem Wetter sitzen die Gäste lieber im kleinen Biergarten hinter dem Gebäude. Man liebt halt die Sommersonne. Obwohl … Zu stark darf sie auch wieder nicht scheinen, man drängelt sich dicht an dicht unter den Sonnenschirm. Ob da nicht vielleicht doch der klimatisierte Innenraum die bessere Idee gewesen wäre?
drinnen dominiert die Farbe Rot
Ach, egal. Ich setze mich auch draußen hin und beginne, in der Bierliste zu blättern. Mehr als zwei Dutzend Fassbiere gibt es zur Auswahl, und wenn man noch einmal umblättert, kommen noch Dutzende von Flaschen- und Dosenbieren dazu. Spannende Sachen sind dabei, voller Geschmack und Alkohol.
Mir steht allerdings heute der Geschmack noch nicht so sehr nach der vollen Alkoholdröhnung, dafür ist es einfach zu heiß. Und ein brutal geschmackintensives Bier ist vielleicht erst etwas für später, wenn der erste Durst schon mal gelöscht ist. Ich blättere also hin und her. Fast alle Biere fallen in eine der beiden Kategorien „zu stark“ und „zu geschmacksintensiv“, die meisten sogar in beide.
die Fassbierauswahl
Die wenigen Biere mit hoher Durchtrinkbarkeit (Drinkability, wie der Mann oder die Frau von Welt sagt) kenne ich bereits, aber vielleicht ist ja doch noch etwas Neues darunter? Ah, dort: Instamatic. Ein White Ale. Gerade mal 4,5% Alkohol, und vom Stil her ein Hybrid zwischen Pale Ale und Weißbier, also so eine Art kräftig und aromatisch gehopftes Weizen.
Ich bin damit zufrieden. Schöne und fruchtige Hopfenaromen, eine kernige Bittere, und das Ganze garniert mit ein paar phenolischen Aromen, wie sie für ein Weizen typisch sind. Schön! Eine gute Erfrischung für einen heißen Sommertag.
Instamatic White Ale
Wer mit dem Berliner Hinterhof, in dem das Biergärtchen sich befindet, nicht so viel anfangen kann, aber trotzdem draußen sitzen möchte, kann das vor der Bar auch tun. Direkt auf dem Bürgersteig stehen ein paar Biertischgarnituren, und man kann als Großstädter den brausenden Straßenverkehr beim Bier genießen …
Je tiefer die Sonne heute Nachmittag sinkt, desto mehr füllt sich nun auch der Innenraum. Erste kleine Gruppen von Bierliebhabern hocken sich in das Rotlichtviertel vor der Theke, und so langsam kommen auch die ersten Essensbestellungen – es gibt eine recht ordentliche und innovative Auswahl an Pizzen und für diejenigen, die Pizza nun so gar nicht mögen, immerhin auch ein paar Salate.
langsam füllt es sich auch drinnen
Das Konzept funktioniert. Wer in eine BrewDog Bar geht, weiß, was dort auf den Gast wartet. Eine gute und sehr abwechslungsreiche Auswahl von BrewDog-Bieren plus eine ebenso große Auswahl von meist regionalen spannenden Kreativbieren. Dazu Essen und Atmosphäre ohne Überraschungen. Gewissermaßen eine McDonaldisierung der Bierwelt.
Die BrewDog Bar Berlin Mitte ist täglich ab 12:00 Uhr durchgehend geöffnet; kein Ruhetag. Zu erreichen ist sie am besten mit der Straßenbahn, die Linien 12 und M8 halten am Pappelplatz, gerade mal eine Minute zu Fuß entfernt.
BrewDog Bar Berlin Mitte
Ackerstraße 29
10 115 Berlin
Berlin
Deutschland
Be the first to comment