Sünje Nicolaysen, Jörg Iversen
Der ultimative Brau Guide – Zum Profi in 111 Grafiken

Reklame?*

Nach ihrem sehr eingängig geschriebenen Buch Der ultimative Bier Guide – Zum Kenner in 222 Grafiken von 2018 legt Sünje Nicolaysen mit dem Ultimativen Brau Guide nun nach. Wer sich also mithilfe ihres ersten Buchs die Welt der Biere mehr oder weniger systematisch, aber auf alle Fälle unterhaltsam erarbeitet hat und dann vielleicht auf den Gedanken gekommen ist, sich selbst einmal in der Kunst des Bierbrauens zu versuchen, bekommt mit diesem neuen Buch eine hervorragende Hilfestellung.

Sünje Nicolaysen, Jörg Iversen
Der ultimative Brau Guide – Zum Profi in 111 Grafiken

Brauanleitungen für angehende Hobbybrauer gibt es viele.

Manche dieser Bücher kommen arg altbacken daher. In holpriger Diktion, konfusem Layout und zweifelhafter Qualität der unscharfen Fotos des zum Teil selbst gebauten Equipments spiegelt sich schon der Charakter des eigenbrötlerischen Exzentrikers wieder, der, von Verwandtschaft und Freundeskreis belächelt, im Keller vor sich hin murkst und Biere produziert, die, weil man dem seltsamen Vogel nichts Böses möchte, nachsichtig lobend als „Hm, sehr interessant!“ bewertet werden, in Wirklichkeit aber aufgrund von grauslichen Fehlaromen und -geschmäckern oft an der Grenze zur Untrinkbarkeit liegen.

Andere wiederum greifen das Thema umfassend und geradezu wissenschaftlich an. Im Resultat liegen dann hervorragend recherchierte und mehrere Kilogramm schwere Bände vor, die jeden noch so exotischen Seitenaspekt des Bräu- und Gärvorgangs beleuchten, hervorragend als Begleitskriptum für ein Diplom-Studium ausreichen würden, dem Autor oder der Autorin zum Ruhme gereichen, aber den Brauanfänger erschlagen – entweder im übertragenen Sinne, wenn er ob der Informationsfülle das für die ersten Schritte notwendige Basiswissen nicht herauszufiltern vermag, oder im Wortsinne, wenn ihm der Band aus dem obersten Fach seines Bücherregals auf den Kopf fällt.

mit Widmung der Autorin

Sünjes Buch hingegen ist durchaus anders. In frischer und klarer Sprache, reduziert auf das Wesentliche, stellt sie nicht nur die wichtigen ersten Schritte dar, sondern diese auch in einen unterhaltsamen Kontext. Viele Hobbybraubuchautoren haben schon auf Jean Pütz hingewiesen, der vor 38 Jahren in der Fernsehsendung Hobbythek aufzeigte, wie man mit einfachen Mitteln zuhause Bier brauen kann und damit nicht nur viele Menschen für dieses Hobby begeisterte, sondern auch Gesetzgeber und Behörden dazu nötigte, das Hobbybrauen zu legalisieren. Aber wer von denen hat sich die Mühe gemacht, mit Jean Pütz auch einmal persönlich zu sprechen, ihn zu kontaktieren und zu befragen? Sünje und Jörg haben!

Nach diesem schönen und persönlich wirkenden Einstieg wird der Brauprozess dargestellt, in einem weiteren Schritt folgt eine klare Beschreibung der benötigten Rohstoffe. Hopfen, Malz, Hefe und Wasser. Zuerst in prosaischer Form, dann aber gefolgt von durchaus ausführlichen Tabellen, die auch dem Anfänger eine gute Hilfestellung bei der Auswahl der richtigen Hopfensorte, der passenden Malzmischung und des angemessenen Hefestamms sind. Übersichtlich und ansprechend aufbereitet.

ausführliche und trotzdem sehr übersichtliche Tabellen

Das längste und ausführlichste Kapitel im Buch enthält eine Reihe von Braurezepten, beginnt aber mit einer sehr hilfreichen Beschreibung eines Brautags, das heißt, des Brauvorgangs in richtiger zeitlicher Reihenfolge.

Aber mit diesen Rezepten nicht genug. Sünje hat auch sechs professionelle Brauer aus in Fachkreisen und darüber hinaus sehr bekannten Kreativbrauereien nach Rezeptvorschlägen gefragt – und so stellen Hanok Fentie von Omnipollo, Ulrike Genz von Schneeeule, Ralph Hertrich von VETO, Ian Pyle von Ratsherrn, Thorsten Schoppe von Schoppebräu und Oliver Wesseloh von Kehrwieder nicht nur sich selbst und ihre Brauereien, sondern je auch ein eigenes Rezept vor.

zahlreiche Rezepte

Das letzte Kapitel schließlich blickt ein wenig über den Routine-Brautag hinaus, zeigt auf, welche weiteren Möglichkeiten es gibt, das Hobby weiter auszubauen, gibt aber auch Tipps für die korrekte Steueranmeldung.

FAQ (Frequently Asked Questions), ein Glossar, ein umfangreiches Register und ein paar Buchtipps und Weblinks beschließen das Buch.

Eine sehr eingängige Lektüre und unter den vielen Hobbybraubüchern für Anfänger aus meiner Sicht eines der besseren.

Leseempfehlung!

nette Idee: eine Checkliste für die Küchenbrauerei

Und die Tatsache, dass dem Buch ein Lesezeichen beiliegt, auf dem eine Checkliste des notwendigen Zubehörs für den allerersten Brautag gedruckt ist, sollte auch nicht übersehen werden.

mehr Bilder (Unboxing)

Sünje Nicolaysen, Jörg Iversen
Der ultimative Brau Guide – Zum Profi in 111 Grafiken
Wilhelm Heyne Verlag
München, 2020
ISBN 978-3-453-60550-3

* Reklame? Es gibt immer wieder Diskussionen, ob die Beschreibung von Büchern, die ich zu Rezensionszwecken kostenfrei bekommen habe, Reklame sei. Im Zweifelsfall sollte ein Blogbeitrag daher entsprechend gekennzeichnet werden. Nun denn: Ich habe das Buch vom Wilhelm Heyne Verlag kostenfrei zugeschickt bekommen in der Erwartung, dass ich es dann rezensiere. Mehr noch: Ich kenne die Autorin persönlich und habe mir von ihr sogar eine kleine Widmung in das Buch schreiben lassen. Aber habe ich mich bei der Rezension beeinflussen lassen? Nee, ich glaube nicht. Ich finde das Buch wirklich gut. Aber wer’s trotzdem als Reklame ansehen möchte – bitte sehr: Reklame!