Uih, da war was los in den Social Media, als Mareike Hasenbeck vor einigen Wochen ihr erstes Buch, Bier Unser, vorgestellt hat. Noch bevor sie es in den Händen halten konnten, ergingen sich einige Selbstdarsteller schon in wahren Lobeshymnen.
Vorschusslorbeeren, gewissermaßen.
Mareike Hasenbeck
Bier Unser
Als das Buch dann endlich erhältlich war, setzte sich die Aufmerksamkeitskampagne fort. Klar, in Sachen Social Media und Vermarktung – da ist Mareike eine echte Meisterin. Muss man neidlos anerkennen. Sie ist nicht nur eine hervorragende Sensorikerin, sondern weiß sich auch zu präsentieren.
Mittlerweile besitze ich dieses Buch auch, und ich habe es nicht nur vor mir liegen, sondern es sogar komplett gelesen. Letzteres ist der Grund, warum diese Rezension erst deutlich nach Erscheinen des Buchs veröffentlicht wird, und nicht vorher schon.
Das Buch ist schon auf den ersten Blick beeindruckend. Ein großformatiger Band, fester Kartoneinband, schönes mattglänzendes Papier, viele großformatige Bilder, großzügige Seitengestaltung. Auch die Idee, die erste Seite verkürzt zu gestalten, so dass sich ein Überraschungseffekt beim Aufklappen ergibt, ist nett: Das Bild einer Hopfenranke bleibt quasi unverändert, zusätzlich erscheint aber das Wort „Prost“!
ein netter Überraschungseffekt
Zwanzig kreative Brauereien aus dem deutschsprachigen Raum hat Mareike besucht und in zwanzig Kapiteln beschrieben. Darin kommen die Brauer selbst zu Wort, es gibt ein paar Hintergrundinformationen, nette Geschichten – alles ist sehr angenehm und flüssig lesbar.
Die vielen großformatigen Bilder und die großzügige Seitengestaltung erzwingen trotz des großen Buchformats allerdings eine gewisse Kürze der Texte. Wer also umfangreiche und detaillierte Schilderungen erwartet, vielleicht sogar bis ins Kleinste gehende technische Daten und Fakten, der wird enttäuscht sein. Stattdessen unterhaltsame und kurzweilige Geschichten über und rund um die jeweilige Brauerei.
Die Spannweite geht von der kleinen, blutjungen, eher regional verankerten, dafür aber kreativen und experimentellen Brauerei (Hertl, Schneeeule, …) bis hin zum effizienten mittelständischen Betrieb mit großer Historie (Weihenstephan, Einbecker, …). Große Biere kommen halt aus den unterschiedlichsten Ecken.
Die Auswahl der Brauereien ist subjektiv, bunt und abwechslungsreich. Ein Buch zum Blättern, um sich mal hier und mal da festzulesen, um zu stöbern und in eindrucksvollen Bildern zu schwelgen. Macht was her!
ein Buch zum Blättern und Schwelgen
Zusätzlich gibt es noch ein paar Kapitel zur Biersensorik und zum Verkosten, über das Hobbybrauen, die Zutaten und vieles mehr. Schön, dass sich eine ganze Doppelseite damit befasst, wie stark die Form eines Bierglases die Sensorik beeinflussen kann. Prima, denn das ist ein Aspekt, der häufig viel zu kurz kommt.
Ob aber die gerade mal drei Seiten und acht vereinfachte Schritte umfassende Anleitung zum Bierbrauen ausreicht, um das Versprechen auf der Umschlagsrückseite „Brauen daheim? Mit unserer Anleitung kein Problem mehr“ einlösen zu können? Ich glaube, eher nicht. Das ist dann doch zu dick aufgetragen.
Und wie kommt es, dass eine ausgewiesene Fachfrau ein Thermometer am Braukessel hartnäckig als Barometer bezeichnet und behauptet, dass damit der Druck im Sudkessel gemessen würde? Und das gleich an zwei verschiedenen Stellen im Buch? Ein dicker Hund, der beim Lektorat hätte auffallen müssen.
Ein dicker Hund?
Aber in der Summe ist das Kritik auf hohem Niveau.
Mir hat es Freude gemacht, das Buch zu lesen, und mir gefällt es, dass es auch „etwas hermacht“. Letzteres muss es angesichts des stolzen Verkaufspreises von 45,- EUR aber auch!
Angesichts des Aufwands, mit dem dieses Buch produziert worden ist, hätte ich mir allerdings eine etwas luxuriösere und ansprechendere Gestaltung des Einbands gewünscht. Dunkelbronzefarbene Lettern auf schwarzem Hintergrund, dazu eine düsterdunkelgrüne Hopfenranke – ich hätte es als wesentlich angenehmer empfunden, hier in frischem Hopfengrün stärker zu kontrastieren und vielleicht sogar die Hopfenranke durch Hochglanzdruck und -applikation haptisch erlebbar zu machen. So bedrückend dunkel, wie sich das Buch jetzt gibt, lässt es auf den ersten Blick eher ein Requiem auf den Untergang der deutschen Braukultur erwarten, als eine Hommage an die kreativen Brauereien unserer Zeit …
Mareike Hasenbeck
Bier Unser
Callwey GmbH
München, 2023
ISBN 978-3-7667-2621-6
Eine gekürzte Fassung dieser Rezension ist beim Hobbybrauerversand Hopfen und mehr veröffentlicht worden: Rezension zum Buch „Bier unser“
Rezension zum Buch „Bier unser“
Ah, der Bucheinband hat also alles gesagt.
Uebrigens: Als Schriftfuehrerin der Jagdgenossenschaft sass ich bei unserer Jahresversammlung neben der Gattin des Vorsitzenden. Selbige sprach: „Dein Buch lese ich so gerne. Jeden Tag ein so schoener Biertext!“ Die Lady ist ueber 70 und ich haette nie gedacht, dass sie Buecher liest!
Liebe Gruesse
Esther
Wie schön, liebe Esther, dass unser Buch auch in solchen Kreisen Anerkennung findet. Wie mich das freut!
Liebe Grüße,
VQ
Jedes Mal zu Weihnachten lese ich (mittlerweile 36) aus dem Buch eine Geschichte vor, um Geschenke zu bekommen. So muss ich keine Gedichte mehr auswendig lernen ;)
Das ist ein sehr lobenswerter Ansatz, Jan!
Begonnen hast Du vermutlich mit der Geschichte vom Juleøl?
Mit bestem Gruß,
VQ
Begonnen habe ich mit dem 26.11. ;) Juleøl kommt dieses Weihnachten dran!
Dann musst Du ja 365 Jahre alt werden, um das ganze Buch vorgelesen zu haben …