Ich hätte es ja fast ahnen können, dass das mal wieder mit einer großen Überraschung einhergeht. So oft habe ich mich schon mit meinem alten Freund Krzysztof Żurawski getroffen, einem in ganz Polen bekannten Bierkenner, Sammler von Bierwerbemitteln, Buchautor und unermüdlichen Botschafter in Sachen Bier. Und immer war er für eine Überraschung gut.
Spotkanie z Krzysztofem Żurawskim wokół książki „Piwo w Szczecinie do roku 1945”
Heute, am 9. November 2023, geht es in die Książnica Pomorska, in die Pommersche Bibliothek in Szczecin, denn dort wird Krzysztof sein neues Buch Piwo w Szczecinie do Roku 1945 – „Bier in Stettin bis zum Jahr 1945“ vorstellen. Eine riesige Menge an Material und Informationen hat er auf weit über dreihundert Seiten zusammengestellt, und gemeinsam mit seinen Co-Autorinnen und -Autoren wird er zunächst einen kurzen Vortrag halten und dann das Gespräch mit den Gästen suchen. Ich freu‘ mich drauf, auf das Treffen mit Krzysztof Żurawski rund um das Buch „Bier in Stettin bis zum Jahr 1945“ – Spotkanie z Krzysztofem Żurawskim wokół książki „Piwo w Szczecinie do roku 1945”.
Pünktlich um kurz vor fünf habe endlich ich im Labyrinth der Gänge – die Pommersche Bibliothek besteht aus drei riesigen, miteinander verbundenen Gebäudekomplexen mit gefühlt x verschiedenen Ebenen und einem halben Dutzend Treppenhäusern – den Vortragssaal gefunden und suche mir einen Platz möglichst weit vorn.
herumzuirren macht Freude, wenn die Treppenhäuser so schön sind
Krzysztof erspäht mich sofort. „Volker, wie schön, dass Du da bist! Komm mal her, hier nach vorne.“ Er greift meine Hand, führt mich auf die Bühne und drückt mich in einen Sessel, der dort steht. „Meine Co-Autorinnen haben kurzfristig abgesagt, und jetzt kannst Du gleich nach meinem Vortrag mal was über die deutsche Bierkultur und das Deutsche Reinheitsgebot erzählen!“
Und schon habe ich das Mikro in der Hand. Widerrede zwecklos. Es sind ja auch nur rund hundert Gäste, die mich jetzt mit großen Augen neugierig anschauen.
wenn Bierabende völlig anders verlaufen als erwartet
„Im nächsten Leben suche ich mir meine Freunde besser aus …“, denke ich mir und nutze die Zeit von Krzysztofs Vortrag, mir schnell noch ein paar Notizen zu machen, was ich denn wohl sagen könnte. Was heißt eigentlich „Surrogatsverbot“ auf Polnisch? Oder „Handelsverdikt zu Gunsten des königlichen Hofs“? Oh, Mann, da hat er mich ja wieder in eine Situation gebracht. Statt in der zweiten Reihe zu sitzen, entspannt seinem Vortrag zu lauschen und ein paar Bilder zu machen, hocke ich jetzt auf der Bühne und stoppele mir eine spontane Präsentation zusammen. Ich kann weder fotografieren noch dem Vortrag lauschen …
„Tja, also ich bin weder vorbereitet noch habe ich eine Diashow. Ich habe noch nicht einmal einen Beitrag zum Buch geleistet, nicht den geringsten Baustein“, höre ich mich schließlich sagen. „Aber ich weiß, wer oder was ich bin – ein Bierkenner aus Deutschland und vor allem ein Opfer von Krzysztofs Überfall gerade eben.“
Oh, die Gäste lachen, der Gag kommt an, und schon geht es wie von selbst: Das sogenannte „Reinheitsgebot“ und die damit verbundenen Lügenmärchen, das Vorurteil, dass fast alle Brauer im Mittelalter ihre Biere mit psychoaktiven Substanzen aufgepeppt hätten, der Mythos, dass es um „Reinheit“ ginge, der Gültigkeitsbereich („in unsern stetten märckthen un auf dem lannde“, aber eben nicht am königlichen Hof oder beim Klerus, letztere durften demnach auch mit Weizen brauen und sich daran eine goldene Nase verdienen), die bei weitem nicht durchgängige Anwendung über mehr als 500 Jahre, und all diese erstunkenen und erlogenen „alternativen Fakten“, die vom Deutschen, besonders aber vom Bayerischen Brauerbund gebetsmühlenartig wiederholt und in einer Art Gehirnwäsche dem Otto Normalbiertrinker eingetrichtert werden …
Eine gute Viertelstunde rede ich mich in Fahrt, es folgt begeisterter Applaus, und ich stelle fest: Kein einziges Wort zum Buch oder über die Stettiner Bierszene war dabei. Ich grinse Krzysztof an, er grinst zurück.
Hat gepasst!
das Buch mit persönlicher Widmung des Autors
Tja, und was ist jetzt mit dem Buch, liebe Leser meines Blogs? Was gibt’s denn dazu zu sagen? Nun, da müsst Ihr Euch noch ein paar Wochen gedulden. Da ich Krzysztofs Vortrag ja nicht gehört habe, muss ich das Buch nun erst selber lesen. Und dann gibt’s auch eine Rezension. Hier, im Blog.
Für die vielen Bilder, die ich jetzt trotzdem habe, danke ich Lesio Ka sehr herzlich, der die Veranstaltung mit seiner Kamera begleitet und mir die Bilder gerne zur Verfügung gestellt hat.
Książnica Pomorska
ulica Podgórna 16
70-205 Szczecin
Polen
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