Der Tauschhandel blüht (52)
Sonthofen
DEU

[Blick zurück auf Januar 2024]

Es geht nichts über gute Kollegen am Arbeitsplatz!

Müde von einem ganzen Tag in der Bahn, mit x Mal umsteigen und am Ende noch einem langen Fußweg vom Bahnhof bis nachhause stolpern wir die Treppe hoch und …

… staunen: Da steht vor der Wohnungstür eine kleine Einkaufstasche, gefüllt mit acht Flaschen feiner Bierspezialitäten aus Baden Württemberg und Südtirol!

Mir schwant schon, wer der edle Spender ist, und ein Blick auf die beiliegende Grußkarte mit herzlichen Neujahrswünschen für das Jahr 2024 bestätigt meinen Verdacht: Der liebe Herr G., mit dem ich so viele Jahre so gut zusammengearbeitet habe, dass wir Freunde geworden sind.

Wie schön!

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Verkostungsnotizen

Forst – Weihnachtsbier / Birra di Natale; Urlauer Genuss-Brauerei – Unser Erntetrank; Zwiefalter Klosterbräu – Benedictus – Eisbock; Urlauer Genuss-Brauerei – Allgäuer Winterbock; Zwiefalter Klosterbräu – Festbier – Herbstbier; Zwiefalter Klosterbräu – 1521 – Fuffzehnoisazwanzg; Labi Beer – La Nera – Imperial Stout

Forst – Weihnachtsbier / Birra di Natale (5,2%)

Das Bier hat eine kräftige Kupferfarbe, ist blank filtriert und trägt einen festen, kremigen und leicht altweißen Schaum, der sich lange hält.

Die Nase ist malzig mit leichten Brotkrustenanklängen.

Der Antrunk ist überraschend frisch, für diesen Bierstil ein bisschen zu hoch gespundet und fast schon ein bisschen pfeffrig. Auf der Zunge zeigt sich eine runde und malzige Vollmundigkeit, die retronasal auch wieder die Brotkrusten präsentiert. Eine feine Herbe ist zunächst an den Zungenrändern spürbar; nach dem Schluck wird sie intensiver und hält eine Weile auf angenehme Art an.

Ein solides Bier, das mit niedrigerer Spundung noch deutlich gewinnen würde.

Urlauer Genuss-Brauerei – Unser Erntetrank (5,6%)

„Hopfig-aromatischer Märzen – Das Bier zum Erntedank – Alles neu macht der Bräu – hopfig & süffig“, weiß das Etikett zu vermelden. Märzen als Maskulinum. Also strenggenommen der Monat, nicht das Bier … Aber egal.

Viel schlimmer ist, dass auf der Halskrause ein Mindesthaltbarkeitsdatum 1. Februar 2024 steht – und heute ist schon der 4. März. Da habe ich wohl im Kühlschrank nicht genügend Ordnung gehalten …

Egal. Wie schmeckt’s denn?

Das Bier hat eine dunkelgelbe, dezent ins Orangene changierende Farbe – gewissermaßen „cognacmäßig“. Der schneeweiße Schaum erweist sich als wenig ausgeprägt und noch weniger haltbar.

Der Duft ist dezent hopfig mit feinen Heunoten, weist allerdings auch schon (und das darf ich der Brauerei angesichts des MHD jetzt nicht vorwerfen) eine feine Säure auf.

Der Antrunk ist frisch, fein säuerlich erfrischend und recht schlank. Auf der Zunge zeigt sich das Bier süßlicher und milder als es der Antrunk zunächst erwarten lässt. Retronasal spüre ich noch ein wenig die Heunoten vom Hopfen, sie bleiben aber sehr dezent.

Der Abgang ist mild, und selbst hier bleibt der Hopfen zurückhaltend.

Insgesamt also ein Bier, das sich zwar sehr sympathisch und leichtfüßig präsentiert, aber angesichts der auf dem Etikett geschürten Erwartungshaltung („hopfig“) überraschend mild und wenig herb ist.

Zwiefalter Klosterbräu – Benedictus – Eisbock (8,0%)

Also, ich habe schon deutlich alkoholstärkere Eisböcke getrunken als diesen Benedictus der Zwiefalter Klosterbräu, und dazu musste ich noch nicht einmal auf die Extrem- und Weltrekordbiere vom Schorschbräu zurückgreifen … Aber vielleicht ist das auch gut so, denn ein Eisbock in einer Halbliterflasche – das ist schon eine Ansage!

Das Bier ist sehr dunkelbraun mit einem rubinroten Schimmer, und ich glaube, es ist dezent trüb, denn in der Flasche bleibt ein feiner Bodensatz zurück. Aber im Glas kann ich das nicht erkennen – das Bier ist zu dunkel, und ich habe vielleicht zu vorsichtig eingeschenkt.

Der Schaum ist leicht beigefarben, hält sich aber im Volumen und der Standfestigkeit zurück.

What else? Die Nase identifiziert kräftige und kremige, leicht estrig-fruchtige Aromen, wie sie einem Weizen-Doppelbock gut zu Gesichte stehen würden. Ein kurzer Kontrollblick auf die Flasche: Während das Vorderetikett nichts dazu aussagt, findet sich auf dem Rückenetikett eine klare Feststellung – Weizen-Doppelbock. Aha! Passt also.

Hinter den vollen und an überreife Bananen erinnernden Fruchtaromen findet sich aber auch eine dezent röstig-rauchige Note. Nur ein Hauch, aber doch spürbar.

Der Antrunk ist einerseits spritzig, kohlensäuregeprägt, andererseits aber auch rund und fast schon kremig in der Textur. Bizzelnde Kohlensäurebläschen in eher viskoser Flüssigkeit – eine nicht unangenehme, aber ungewöhnliche Kombination.

Auf der Zunge zeigt das Bier eine vollmundige Süße, die mit einer gut spürbaren, aber noch nicht dominanten, röstigen Bittere einhergeht. Retronasal kommen die überreifen Bananen noch einmal sehr kräftig zur Geltung, während beim Schluck eine dezent viskose, man könnte mit etwas negativerer Konnotation auch „schleimige“ sagen, Textur die Zunge, den Gaumen und den Rachen belegt, während gleichzeitig die röstige Bittere etwas präsenter wird.

In der Summe ein Bier, das mit der Kombination aus fruchtig-estrigen Aromen und dem Röstmalzcharakter fast an ein belgisches Dubbel erinnert. Schön!

Urlauer Genuss-Brauerei – Allgäuer Winterbock (7,0%)

Auf der Zutatenliste steht „Röstmalzbier“, also Färbebier, und ich finde auf dem Halsetikett den Hinweis „mild & süffig“. Hm …

Die Farbe ist hellbraun mit einem kleinen Graustich; das Bier ist trüb; die Schaumdecke ist recht üppig, beigefarben, sehr kremig und ewig lange haltbar. Sie hinterlässt auch leichte Brüsseler Spitzen im Glas.

Der Duft ist geprägt von einer aromatischen, heuartigen Note, bei der es mir schwerfällt, sie zu identifizieren. Am ehesten schießen mir noch Assoziationen an frisch gepflückte Gänseblümchen und an Kamillenblüten durch den Kopf.

Der Antrunk ist recht mild und weich, die Textur fast schon kremig. Die Kamillearomen werden retronasal sehr deutlich, harmonieren aber nicht allzu gut mit den sich hinten auf der Zunge breit machenden, eher karamelligen Aromen. Da ist schon ein gewisser Spannungsbogen drin …

Die kremige Textur bleibt über den Schluck hinweg erhalten und wird fast schon ein wenig viskos.

Ein hochinteressantes, aber nicht unbedingt sofort auf Gegenliebe stoßendes Bier.

Zwiefalter Klosterbräu – Festbier – Herbstbier (5,6%)

Das Bier ist blank und hat eine schöne rotgoldene Farbe. Der Schaum ist altweiß und angenehm stabil.

Der Duft geht in die typisch malzige Richtung eines klassischen Märzen mit viel Münchner Malz – dezente Brotnoten sind erkennbar.

Der Antrunk ist nicht ganz so rund und voll, wie angesichts des Dufts erwartet, aber trotzdem angenehm. Auf der Zunge dominiert der Malzcharakter, verbunden mit einer schönen Vollmundigkeit, die aber nicht überhandnimmt. Das Bier wird daher nicht zu mastig oder saturierend.

Nach dem Schluck werden die retronasalen Aromen noch einmal von dem malzig-brotigen Charakter dominiert. Kurz scheint eine feine Hopfenherbe auf, bleibt aber zurückhaltend.

Ein schönes, nicht zu sättigendes Trinkbier.

Zwiefalter Klosterbräu – 1521 – Fuffzehnoisazwanzg (5,1%)

Goldgelb ist es, wunderbar klar, und über dem Bier bildet sich eine dicke, geradezu opulente Schaumschicht aus, die auch sehr lange haltbar ist.

Der leicht malzige Geruch ist blitzsauber; nicht die geringste Spur eines Schwefelaromas, das doch sonst bei klassischen Hellen so weit verbreitet ist, kann ich feststellen.

Der Antrunk ist frisch, und auf der Zunge spüre ich, dass dieses Bier herrlich ausbalanciert, aber trotzdem nicht zu dünn daherkommt. Ein feiner Malzkörper, eine ganz dezente Restsüße, eine zurückhaltende Hopfung.

Hohe Durchtrinkbarkeit.

Labi Beer – La Nera – Imperial Stout (7,5%)

Schwarz. Tiefschwarz. Auch gegen das Licht. Nur bei ganz vorsichtigem, tropfenweisen Einschenken kann ich sehen, dass es wohl filtriert und damit blank ist. Der Schaum ist hellbraun, kremig, recht üppig und verhältnismäßig lange haltbar.

Der Duft ist kräftig und komplex mit intensiven, röstigen und in Richtung Mokka gehenden Kaffeenoten und einer feinen, metallischen Säure im Hintergrund.

Der Antrunk ist einerseits sehr rund und vollmundig, man hat fast das Gefühl, vom Bier abbeißen zu können. Andererseits weist er aber auch eine feine, spitze Schärfe an der Zungenspitze auf.

Auf der Zunge erscheint das Bier leicht viskos, ich glaube fast, eine gewisse Süße zu spüren, aber die begleitende röstige Bittere gleicht dies sofort wieder aus. Retronasal dominieren Mokka- und Kaffeearomen mit etwas Bitterschokolade.

Der Schluck bringt die Bittere etwas nach vorn, begleitet von einer feinen, harmonisch dazu passenden Säure und einem metallischen Hauch.

Mit steigender Temperatur verliert das Bier ein wenig an Körper, präsentiert dafür aber seine Röstnoten etwas intensiver.

Ein schönes und komplexes Bier.

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Weitere Berichte über den Tauschhandel am Arbeitsplatz sind von hier aus erreichbar.

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