Das Craft Bier Fest Wien: Zwei Mal im Jahr fand diese wunderbare Veranstaltung statt, einmal im Mai, einmal im November, und an beiden Terminen bot sie nicht nur die Gelegenheit, bei bester Organisation und in tiefenentspannter Atmosphäre ‘zig, wenn nicht gar hunderte Biere zu probieren (ach, wer hätte nicht gerne wirklich eine dreistellige Zahl geschafft …), sondern auch Brauer und Bierliebhaber aus Europa und der ganzen Welt kennenzulernen.
Corona hat diese Festivalserie zunächst gekillt. Absage des Mai-Termins 2020. Der November-Termin 2020 wurde schon gar nicht mehr richtig kommuniziert, und einen Mai-Termin 2021 gibt es gar nicht mehr.
Wird im Rahmen einer neuen Normalität mit oder nach Corona dieses Bierfestival wieder auferstehen?
Niemand weiß es, aber es gab eine Crowdfunding-Kampagne, um die finanziellen Rücklagen für einen Neustart zu schaffen. Und wer sich an dieser Kampagne beteiligt hat, wurde, je nach Größe seines persönlichen Investments, auch automatisch Mitglied im BierClub Supersud. Einmal im Jahr ein Bierpaket mit sechs interessanten Bieren, eine Clubkarte, die freien Eintritt zum Craft Bier Fest garantieren soll (wenn es wieder stattfindet), Jetons für dieses Festival und ein Abonnement des Österreichischen Biermagazins (früher: 1515 Craft Beer Magazin).
das Supersud Bierpaket
Fast schon hatte ich diese Supersud-Mitgliedschaft vergessen, aber jetzt, da ich das Paket bekommen habe und es auspacke, fällt es mir wieder ein, und neben der Lektüre des Magazins freue ich mich auf die Verkostung von sechs verschiedenen Bieren (die sich allerdings ein bisschen von den auf der Website angekündigten unterscheiden, denn erstens sind dort, im Netz nämlich, sieben Biere als Inhalt des 6er-Pakets angekündigt, und zweitens befindet sich in meinem Paket statt des „Gselchter“ der Rodauner Biermanufaktur das „klaner schwoarza“ – aber immerhin stimmt die Brauerei).
Na, dann trinken wir doch einfach mal los:
„Grieskirchner Landl Bier“
Das „Grieskirchner Landl Bier“ der Brauerei Grieskirchen überrascht mit einer Twist Cap, also mit einem aufdrehbaren Kronkorken. Ein Handumdrehen, und die Flasche ist geöffnet. Eine dunkelgoldgelbe Farbe, ordentlicher Schaum, 5,3% Alkohol. So weit, so gut. Leider aber hat das Bier starke Alterungsaromen, es riecht ein wenig dumpf, nach Dachboden und nach feuchtem Karton, und auch im Geschmack kommen eher erdige, dumpfe Noten hervor. Ob möglicherweise diese Flasche nicht hundertprozentig dicht war und kräftig durchoxidiert ist? An der Haltbarkeit kann es jedenfalls nicht liegen – die reicht noch bis zum 28. Juni 2021. Schade!
„A Stone Cold Slayer – Pale Ale – West Coast Classic“
Aus Schottland kommt das nächste Bier, das „A Stone Cold Slayer – Pale Ale – West Coast Classic“ von BrewDog. Hellgelb und sehr trüb steht es im Glas, ist relativ niedrig gespundet und bildet einen zwar schönen, aber sparsamen, schneeweißen Schaum. Der Geruch wirkt ausgeprägt herb und erinnert sehr deutlich an klassische, gelbe Pampelmusen – die guten alten, nicht die neuen, eher parfümiert wirkenden Züchtungen. Hinzu kommt nach einigen Minuten an der Luft eine würzig-kräuterige Note, die mich an Liebstöckel und Petersilie erinnert. Sehr ungewöhnlich, aber nicht unangenehm. Der Antrunk ist sehr trocken, sehr schlank, und die Pampelmusenaromen retten sich über die Zunge bis an den Gaumen, von wo sie retronasal wieder deutlich auftrumpfen. Es folgt ein trockener Abgang, der recht rasch verklingt und mit einer feinen Bittere Lust auf den nächsten Schluck macht. Das Besondere an diesem 4,2% leichten Bier ist seine Schlankheit, es fehlt jede Vollmundigkeit, und man hat fast das Gefühl, „ins Leere“ zu schlucken.
„Hopfen Auflauf – Pale Ale“
Eine der besten aufstrebenden Kreativbiermarken Österreichs, BrewAge, hat das folgende Bier gebraut, das „Hopfen Auflauf – Pale Ale“. Schön orange leuchtend mit üppigem, weißem Schaum steht es im Glas. Die verwendeten Hopfensorten Chinook, Citra und Centennial versprechen fruchtige Aromen, ebenso wie das Etikett, auf dem von Mango, von Maracuja und ganz allgemein von exotischen Früchten die Rede ist. Um so überraschter bin ich, dass in meiner Nase auch viele kräuterige und harzige Aromen zu spüren sind, sie sogar die Fruchtaromen ein bisschen dominieren. Der Antrunk ist weich und trotzdem frisch, auf der Zunge und retronasal spüre ich erneut viele würzige Kräuter mit zwar vorhandenen, aber nur dezenten Fruchtakzenten. Überraschend. Das 5,4%ige Bier schließt mit einer deutlichen, aber dezent und mit guten Manieren auftretenden Bittere. Sehr fein.
„Rock’n’Roll“
Aufgrund ihrer Form sticht die Flasche der Brauerei Birra Baladin deutlich hervor, die Silhouette ist einzigartig. Das 7,5%ige „Rock’n’Roll“ wird von der Brauerei als American Pale Ale beworben, von der goldgelben und gleichmäßig trüben Erscheinung mit dem schönen, weißen Schaum her passt dies auch gut. Aber schon die Fruchtaromen haben eher einen estrigen als einen hopfigen Charakter und kommen daher recht untypisch (wenn auch sehr angenehm!) rüber. Der Antrunk ist frisch, deutlich, aber nicht übermäßig herb und ein bisschen pfeffrig. Diese würzige Schärfe bleibt auch bis zum Schluck erhalten, gepaart mit einer für ein American Pale Ale ungewöhnlich zuckrigen Süße. Sehr interessant. Der Schluck ist frisch und angenehm herb, retronasal kommt eine fruchtig-pfeffrige Aromenpalette zum Vorschein. Ungewöhnlich und spannend. Gerne wieder!
„klaner schwoarza“
Urwienerisch ist die Rodauner Biermanufaktur, benannt nach dem kleinen Dorf Rodaun, das in den 23. Wiener Bezirk, Liesing, eingegliedert worden ist. Von ihr stammt das „klaner schwoarza“, ein tiefschwarzes Stout mir kremefarbenem Schaum. Kräftig röstige Mokkaaromen dominieren in der Nase, während auf der Zunge eine eher glatte Bittere vorherrscht. Der Abgang ist überraschend schlank, nur eine ganz tief im Rachen sitzende Bittere bleibt etwas hängen. Nur 4,6% Alkohol hat dieses Bier und ist nach der Wiener Bezeichnung für einen kleinen Mokka benannt – der Klane Schwoarze ist ein einfacher Mokka, ohne Sahne, ohne Schuss, und er findet sich in der Aromatik dieses Stouts wieder.
„Hellberry“
Ebenfalls aus Wien, aber aus dem 16. Bezirk, kommt das „Hellberry“ vom Ottakringer Brauwerk, also dem kleinen Ableger der Ottakringer Brauerei. Es ist ein Red IPA, hat 5,9% Alkohol und verdankt seine beerigen Aromen den verwendeten Hopfen, verspricht das Etikett. Im Glas wirkt es eher bräunlich als rötlich, ist sehr trüb und bildet ordentlichen, aber nicht zu viel Schaum. Der Geruch ist ein bisschen beerig, erinnert an schwarze Johannisbeeren und andere dunkle Früchte, ist aber weniger fruchtig und obstig als erwartet, sondern eher ein bisschen erdig. Der Antrunk ist von Beginn an etwas breit, etwas adstringierend auf der Zunge und deutlich vom roten Malz geprägt. Die fruchtigen Noten verlieren sich rasch und kommen auch retronasal nicht wieder. Stattdessen spüre ich im Abgang eine kräftige, deftige Bittere vom Hopfen. In der Summe ein durchaus interessantes, aber nicht so richtig ausgewogenes Bier.
Supersud GmbH
Wohllebengasse 16/6
1040 Wien
Österreich
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