Es war im Jahr 2010, dass Markus Hoppe seine Marke Hoppebräu gegründet hat, zunächst als Garagen- und Wanderbrauer, der sich bei anderen Brauereien eingemietet hat, und im Frühjahr 2019 hat er dann endlich seine eigene Brauerei eröffnet. Gebaut auf der grünen Wiese direkt am Ortseingang von Waakirchen. Allerdings hat es nun immerhin dreieinhalb Jahre gedauert, bis ich der Brauerei heute endlich einen Besuch „vor Ort“ abgestattet habe.
Zu lang? Nun ja, einerseits schon, wenn man bedenkt, dass ich schon oft auf der Landstraße hier vorbeigefahren bin und die Brauerei schon ewig auf meiner To-do-Liste stehen habe. Andererseits … was die Klosterbrauerei Weltenburg anbelangt, so waren 953 Jahre seit ihrer Gründung vergangen, bis ich sie 2003 endlich besucht hatte. Das ist fast dreihundert Mal so lang!
auf der Terrasse der Zapferei sitzt es sich urgemütlich
Jetzt aber stehe ich vor dem großen Holzbau und blicke auf die sonnige Terrasse der Zapferei. So nennt sich der an der Südseite der Produktionshalle eingerichtete Taproom. Es ist der 29. Oktober, und es ist ungewöhnlich warm für diese Jahreszeit: 25°C. Wäre es aus Klimawandel-Sicht nicht so besorgniserregend, so könnte man einfach meinen: Perfektes Biergartenwetter.
Wir nehmen auf der Terrasse Platz, und es dauert nur Augenblicke, bis eine der beiden jungen Damen vom Service angeflitzt kommt und uns nach unseren Wünschen fragt. „Tja …“, überlege ich für einen Moment. „Ihr habt so viele verschiedene Biere – gibt es da auch ein Probierbrettchen?“
„Na klar, vier verschiedene Biere – die Auswahl steht Dir frei“, lautet die blitzschnelle Antwort. Und genauso schnell erfolgt meine Bestellung. Mit dem Finger die Bierkarte entlang: „Eins, zwei, drei, vier. Ganz einfach!“
Probierbrettchen 1: Wuida Hund, Wudie Hehna, Fuchsteufelswuid, Wuidsau
Auch das Zapfen geht blitzschnell – hej, der Laden scheint ja allerbestens organsiert zu sein. Schon stehen die vier Biere vor mir und leuchten in der Sonne. Von links nach rechts sehe ich den Wuida Hund, ein hopfengestopftes leichtes Lager mit 4,5%, die Wuide Hehna, ein Session India Pale Ale mit 4,1%, das Fuchsteufelswuid, ein Sour IPA mit 6,2%, und die Wuidsau, ein New England Pale Ale mit 5,6%. Durch die Bank schmackhafte und stilsichere Biere.
Das erste, der Wuida Hund, spricht mich mit seinen Holundernoten und seiner extrem hohen Durchtrinkbarkeit am stärksten an. Aber noch ist es zu früh, um einen Sieger zu küren, schließlich stehen noch drei weitere Biere in der Karte.
„Wie mache ich denn jetzt weiter?“, frage ich unsere Bedienung mit gespielter Verzweiflung. „Drei Biere noch, aber die Tester sind auf vier ausgelegt!“
„Passt schon“, lautet die überraschende Antwort. „Ich bringe Dir noch ein Dunkles, das steht nicht in der Karte, und dann sind’s ja wieder vier!“
Probierbrettchen 2: Zwickel, Helles, Weißbier, Dunkles
Und so bekomme ich einen zweiten Tester, diesmal mit vier klassischen deutschen Bierstilen: Ein Zwickel Kellerbier mit 4,9%, ein Helles mit ebenfalls 4,9%, ein Weißbier mit 5,5%, und schließlich das Dunkle mit 5,2%. Ebenfalls durchweg gute bis sehr gute Biere, und es ist ausgerechnet das Weißbier, das mir am besten gefällt. Wo ich doch sonst gar kein Weißbierfan bin.
So, jetzt habe ich einen schönen Überblick über die Biere, die Markus hier braut. Zeit für etwas zum Essen. Biertrinken macht nämlich, wie wir alle wissen, hungrig. Ich entscheide mich für Fish & Chips in Form einer im Bierteig gebackenen Forelle mit Pommes und einem Erbsen-Minz-Püree als Dip. Und dazu ein großes Glas vom Wuida Hund, dem hopfengestopften Lager. Meine Frau wählt stattdessen ein doppeltes Sandwich, das mit seiner Bacon, Salat und Spiegelei-Füllung jeden Burger in den Schatten stellt. Und dazu gibt’s für sie ein alkoholfreies IPA, das Into the Wild von TrueBrew aus München.
in der Zapferei
Ich nutze die Wartezeit und erkunde das Innere der Zapferei. Der Schankraum ist sehr ansprechend eingerichtet. Schlichte Holztische mit ebenso schlichten, aber sehr bequemen Stühlen, und die Wände sind mit alten Fotos in Holzbilderrahmen dekoriert. In der Ecke neben der Treppe in den Keller kann man es sich auf zwei dicken Sofas mit vielen Kissen gemütlich machen, man kann die inzwischen schon beeindruckend große Sammlung von Urkunden und Auszeichnungen für die Hoppebräu-Biere betrachten, und wer will, der kann natürlich auch an der Theke herumhängen.
Das Beste: Durch eine große Glastür hat man einen tollen Blick ins Sudhaus und den Gärkeller – was im Falle der Hoppebräu ein und dasselbe ist. Das Edelstahlsudwerk links und die lange Reihe von Gär- und Lagertanks rechts sind gut einsehbar. Alles ist penibel geputzt und funkelt in der herbstlichen Sonne. Aber nicht nur das – Sauberkeit spielt ja eigentlich in jeder Brauerei die Hauptrolle. Hier kommt aber noch ein Ordnungsfanatismus hinzu, wie ich ihn selten sehe. Kein Schlauch, kein Lappen, keine Klemme, kein Plastikeimer – nicht liegt irgendwo herum. Die Schläuche liegen kerzengerade verlegt am Rand, und der Rest der großen Halle ist so perfekt aufgeräumt und geputzt, dass man ohne Bedenken vom Boden essen könnte. Wow!
Blick ins perfekt geputzte Sudhaus
Ich komme zurück an den Tisch, wo meine Forelle schon auf mich wartet. „Murphy’s Law. Das kam nur Sekunden, nachdem Du weg warst“, grinst meine holde Ehefrau, die ihr Sandwich schon zur Hälfte verputzt hast. „Kommst gerade noch rechtzeitig, sonst hätte ich Deine Pommes auch schon gegessen!“
Der Fisch in Bierteig schmeckt vorzüglich, und sowohl die Erbsen-Minz-Kreme als auch das hopfengestopfte Lager passen perfekt dazu. Die tiefenentspannte Atmosphäre auf der Terrasse und der aufmerksame Service tragen das Ihrige dazu bei, dass wir uns wie in einem Kurzurlaub fühlen.
Urlaubsfeeling muss natürlich auch mit einem entsprechenden Dessert abgerundet werden, und so teilen wir uns noch ein warmes Brownie mit einer großen Kugel Eis, Biersirup und viel Schlagsahne. Wider jegliche Vernunft – da werden wir gleich noch einen längeren Spaziergang machen müssen, um unser schlechtes kalorisches Gewissen zu beruhigen …
purer Genuss …
Zweieinhalb Stunden sind verflogen wie nix, und hochzufrieden brechen wir wieder auf. Durchweg hervorragende Biere, ausgezeichnetes Essen und toller Service – wir sind uns sehr sicher, dass wir, wenn wir das nächste Mal hier vorbeifahren, definitiv anhalten werden. Auch, wenn wir in Eile sein sollten: Für ein kleines Bier und ein Häppchen werden wir uns die Zeit nehmen. Es lohnt sich!
In seiner Brauerei Hoppebräu produziert Markus Hoppe neben seinen regulären Bieren, die ich heute verkostet habe, auch immer wieder besondere Spezialitäten, allen voran das im Whiskyfass ausgebaute Oak Aged Imperial Stout. Die im selben Gebäude befindliche Zapferei ist mittwochs und donnerstags ab 17:00 Uhr, freitags ab 10:00 Uhr und am Wochenende ab 11:00 Uhr geöffnet. Ein bisschen schade ist, dass sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur sehr umständlich zu erreichen ist. Parken ist allerdings direkt vor der Brauerei kostenlos möglich. Immerhin.
Hoppebräu GmbH
Tölzer Straße 37
83 666 Waakirchen
Bayern
Deutschland
Nach dem Bildern zu urteilen ein echtes Wagnis. Amortisiert sich das jemals? Da war ich in Kaufbeuren ja richtig harmlos.
Ja, Gernot, es ist beeindruckend, was dort auf der grünen Wiese entstanden ist.
Wie die Finanzierung aussieht? Das wirtschaftliche Risiko? Ich weiß es nicht. Als Kunde und Gast bin ich zunächst mal begeistert!
Mit bestem Gruß,
VQ