Grimsehls Handwerk
Hameln
DEU

„Wo kann man in Hameln eigentlich gutes Bier trinken? Also, ich meine jenseits von Warsteiner, Krombacher oder Einbecker?“

„Och, in der Kleinen Straße. Da gibt’s ’ne Kneipe, die hat KöPi!“

„Blödmann!“

Aber es ist in der Tat nicht einfach. So schön die Hamelner Altstadt mit ihren kleinen Gässchen ist, so bunt, wie die Restaurant- und Kneipenszene sich darstellt … Aber überall gibt es nur Großbrauereibier. Qualitativ sicherlich nicht immer so schlecht, wie es in Diskussionen oft dargestellt wird, aber eben: Gähnend langweilig!

das Grimsehl-Haus in der Bäckerstraße

Erst nach langem Suchen rückt Google mit einer Adresse raus, an der es anders sein könnte. Die Bäckerstraße 46. Das alte Grimsehl-Haus. Hier lebte einst der Kaufmann Grimsehl, der aus der Hamelner Sage mit dem Zwergengold bekannt ist. Jetzt beherbergt das Haus Grimsehls Handwerk, ein kleines Restaurant im derzeit gerade angesagten Stil: Offene Küche direkt hinter dem Eingang. Helle Architektur mit viel natürlichen Materialien. Interessante Gerichte aus regionalen Zutaten, liebevoll in Handarbeit zubereitet und schön arrangiert. Oft in überraschenden Kombinationen.

Ja, auch vielleicht mal etwas überstylt, aber es gilt doch: Das Auge isst mit. Lieblos auf den Teller geklatschtes Essen kann noch so schmackhaft zubereitet worden sein – es ist nur der halbe Spaß.

Dass die Portionen dann etwas kleiner sind, mehr der Genuss als die Völlerei im Vordergrund steht, das kann doch nur in unserem Sinne sein. Die Deutschen sind eh viel zu fett.

Aber: Warum bin ich eigentlich hier?

Weil Google mir auch verraten hat, dass es hier ein paar besondere Biere gibt. Kreative Biere aus kreativen Brauereien, gebraut von kreativen Brauern. Und mittendrin Biere von CraftKult. Gebraut vom Wahl-Hamelner Kay Schulze in Zusammenarbeit mit der Robens Biermanufaktur aus Springe.

ohne Reservierung bleiben nur die Hochtische

Ich habe auch ohne Reservierung einen Platz gefunden, allerdings nur an den kleinen Hochtischen direkt gegenüber der Küchentheke. Der gesamte hintere Raum ist ausreserviert. Gutes Zeichen!

„Darf ich auch einfach nur ein Bier trinken? Ohne was zu essen?“, frage ich den zwar schon etwas älteren, aber dennoch in die Szene passenden, coolen Kellner. „Klar, kein Problem.“

Er beginnt gleich, mir von den CraftKult-Bieren zu erzählen. „Das Pils vom Fass haben wir leider im Moment nicht – Du musst wissen, das ist so ein kleiner Nebenerwerbsbetrieb, und er ist jetzt mit dem Brauen einfach nicht hinterhergekommen. Aber ich kann Dir aus der Flasche das Rotbier und das mit Meerwasser gebraute Pils anbieten. Willste die?“

Ich nicke.

„Dann in der Reihenfolge, oder? Wenn Du das salzige Pils zuerst trinkst, schmeckt Dir das Rotbier nicht mehr.“

Tradition – Hamelns Rotbier

Augenblicke später steht das Rotbier vor mir. „Tradition – Hamelns Rotbier“ nennt es sich, hat 4,7% Alkohol und gefällt mir recht gut. Ein mehr als üppiger Schaum lässt mich zunächst eine ganze Weile auf den Genuss warten, aber als das Glas dann endlich gut eingeschenkt ist, rieche ich schöne brotkrustige Malzaromen, genieße einen runden und vollen, malzigen und leicht würzigen Geschmack, und dann … kommt die Überraschung: Der Abgang ist überhaupt nicht mehr malzig und erst recht nicht so feist, wie ich befürchtet habe. Stattdessen ein schlanker Ausklang mit einem schönen, mineralischen Charakter. Ein Rotbier, von dem ich auch gerne mal mehr als nur eine Flasche trinken könnte. Prädikat: Gute Durchtrinkbarkeit!

Während ich mein Bier genieße, beobachte ich das ruhige, unaufgeregte und trotzdem effiziente Arbeiten in der Küche. All die Gerichte, die an mir vorbeigetragen werden, sehen außerordentlich appetitlich aus, ganz besonders die Desserts. Man gibt sich Mühe und hat Spaß an der Zubereitung, das sieht man.

Fast schon bereue ich es, mich vorhin im Familienkreis bis oben hin mit Grünkohl, Bauchspeck, Kassler, Bregenwurst und Kartoffeln vollgestopft zu haben.

Aber nur fast …

Bleibe ich also beim Bier.

Küst’n-Pils

Da kommt auch schon das andere Bier, ebenfalls von CraftKult: Küst’n-Pils nennt es sich und ist mit Meerestiefwasser gebraut. Klingt interessant, und ist es auch:

5,0% Alkohol, eine kräftige, gelbe Farbe, eine gleichmäßige Trübung und ein sich zurückhaltend entwickelnder Schaum. Der Duft? Ein bisschen mineralisch, ein bisschen hopfig-würzig (Heu und Kräuter), aber leider auch etwas angesengter Gummi.

Der Geschmack setzt den Eindruck von angebranntem Gummi leider fort – irgendwas stimmt da nicht ganz. Hinter diesen Gummiaromen kann ich die Pilsherbe und die salzige Mineralität des Wassers spüren und mir vorstellen, wie es wohl ohne den Aromafehler geschmeckt hätte.

Nun ja.

Für heute muss es bei diesen beiden Bieren bleiben, aber sollte ich erneut nach Hameln kommen, weiß ich, dass hier immer mal wieder neue Kreationen von CraftKult angeboten werden. Und darüber hinaus auch Biere von Crew Republic, Steam Works, BRŁO, Welde und Wolfscraft. Und ganz besonders hätte mich heute wohl der Chardonnay-Hopfen-Doppelbock aus der Detmolder Brauerei Strate interessiert, aber eine 0,75er Flasche wäre mir dann zu viel gewesen.

Ein Andermal, also. Ich freue mich schon drauf.

Das Szene-Restaurant mit dem guten Kreativbierangebot Grimsehls Handwerk ist dienstags bis sonnabends von 18:00 bis 22:00 Uhr geöffnet, mittwochs bis sonnabends auch mittags von 12:00 bis 14:00 Uhr. Sonntags und montags ist zu. Es liegt mitten in der Fußgängerzone; von der Rattenfängerhalle, wo am Europaplatz auch die Linienbusse halten, läuft man drei, vier Minuten die Bäckerstraße entlang in Richtung Norden.

Bilder

Grimsehls Handwerk
Bäckerstraße 46
31 785 Hameln
Niedersachsen
Deutschland

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