Gute vier Jahre ist es mittlerweile schon her, dass ich in Hamburg im Museum für Hamburgische Geschichte die Ausstellung Kein Bier ohne Alster. Hamburg – Brauhaus der Hanse besucht habe. Eindrucksvoll war es, und auch der dazugehörige Ausstellungskatalog war nicht zu verachten – ein gewaltiges Nachschlagewerk zur Biergeschichte Hamburgs.
Sowohl in der Ausstellung als auch im Katalog war der Hamburger Senatsbock erwähnt worden – ein Bockbier, das alljährlich zu Beginn des Jahres von den Hamburger Brauereien gemeinsam eingebraut und, wie vor vielen Jahrzehnten üblich, in feierlichem Rahmen mit den in Frack und Zylinder gekleideten Senatoren der Hansestadt angestochen wurde. Rasch wurde aus dem eher steifen, feierlichen Rahmen ein fröhlicher, und mit jedem Humpen des Senatsbocks, der geleert wurde, wurden die Senatoren und ihre prominenten Gäste ausgelassener und ungezwungener. Eine schöne Tradition, auch im hohen Norden den Beginn einer fünften Jahreszeit zu feiern.
Aber so schön die Tradition auch war, sie ging irgendwann verloren. Der Zeitgeist ging über sie hinweg, man amüsierte sich anders. Schade.
ein gutes Motto
Es dauerte bis 2015, bis bedingt durch die Renaissance der Kleinbrauereien und die Kreativbierrevolution (oder Craftbier-Revolution, wenn man es denn so bezeichnen möchte) wieder genügend Hamburger Brauereien entstanden waren, um die Tradition eines solchen Gemeinschaftssuds wieder zum Leben zu erwecken. Zunächst fünf, später bis zu acht Hamburger Brauereien fanden sich wieder zusammen, brauten einen Senatsbock ein und feierten ein großes Fest. Letztmalig ist das 2020 noch gelungen, ganz knapp, bevor die CoViD-19-Pandemie das gesellige Leben schlagartig zum Stillstand brachte.
Zu Jahresbeginn 2021 steht immer noch alles im Zeichen der Pandemie. Keine großen Feiern, keine Bockbieranstiche, keine kollektiven Besäufnisse. Aber mit Sicherheit kein Grund, nur Trübsal zu blasen, und erneut haben sich die Hamburger Brauereien zusammengefunden, einen Senatsbock zu brauen. Allerdings mit geänderten Vorzeichen: Jede Brauerei nahm ihr eigenes Rezept, und entstanden sind sechs unterschiedliche Senatsböcke. Und sie sind nicht im Festsaal angestochen, sondern gut verpackt den Biertrinkern in ganz Deutschland und darüber hinaus zugeschickt worden (die Hamburger konnten sich die Sixpacks natürlich auch vor Ort kaufen) und wurden anschließend in gemeinsamen Online-Veranstaltungen verkostet.
Weit weg in Kabul mit der Verteidigung der Sicherheit Deutschlands am Hindukusch beschäftigt, habe ich davon leider nur die Hälfte mitbekommen, und so war es dann auch fast schon zu spät, noch einen Sixpack zu ordern und zuhause im Kühlschrank einlagern zu lassen. Fast, denn bei Beyond Beer bin ich gerade noch fündig geworden.
sechs verschiedene Senatsböcke
So sehe ich denn am Abend des 18. Februar 2021 auf dem Bildschirm meines Smartphones die Fotos: Ein Paket aus Hamburg ist im Allgäu angekommen. Sechs Flaschen Senatsbock von sechs verschiedenen Brauern sind drin, und mit viel Vorfreude verstaut meine holde Ehefrau die Flaschen bis zu meiner Rückkehr in einem unserer Bierkühlschränke.
Von der Landgang Brauerei stammt die erste Flasche. Die Beschreibung des Craftbeer-Shop liest sich spannend: „Dunkel und mit Cascadian gebraut, das ist die köstliche Interpretation des Senatsbock der Landgang Brauerei. Mit einem Alkoholgehalt 7,8% vol. katapultiert diese Variante Aromen von Schokolade, roten Beeren und Zitrusfrüchten in die Nase.“
Die zweite Flasche stammt aus der Kehrwieder Kreativbrauerei: „Dunkel wie Zartbitterschokolade. Und genau dieses Aroma entfaltet sich in der Nase. Dazu noch gesalzenes Karamell. Einfach unbeschreiblich. Der Alkoholgehalt liegt hier bei 8,0 % vol.“
Flasche Nummer Drei ist eine Gemeinschaftsproduktion von Block-Bräu, dem Brauhaus Joh. Albrecht und der Gröninger Privatbrauerei: „Dieses Dreiergespann wirft, wie auch in den vergangenen Jahren, ihr umfangreiches Brauwissen zusammen. Heraus kommt ein Senatsbock mit Röstaromen von Zartbitterschokolade und Espresso, feiner Säure und angenehmer Bitterkeit. Der Alkoholgehalt liegt bei 7,7% vol.“
Senatsböcke 1 bis 3
Flasche vier enthält auch Bier, und zwar von der Ratsherrn-Brauerei: „Ein Cuvée mit einem Alkoholgehalt von 7,7% vol. aus dem frisch eingebrauten Senatsbock (Hallertauer Mittelfrüh und Amarillo Hopfen) und den holzfassgereiften Senatsböcken aus den letzten Jahren. Schwarz und kräftig-hanseatisch.“
Flasche #5 kommt vom Wildwuchs Brauwerk: „Hamburgs erste Biobrauerei steuert einen aromatischen Bio-Bock dazu. Mit einem Alkoholgehalt von 5,5% vol. dürft Ihr Euch auf eine Geschmackskomposition von zarter Vanille, schwarze Schokolade und Pumpernickel freuen.“
Und schließlich die sechste und letzte Flasche aus St. Pauli aus der Brauerei ÜberQuell: „Schokoladig-scharf wird es beim Senatsbock der ÜberQuell Brauerei. Hinter den heißen Mischung aus feinen Kakaonibs aus Südamerika und feuriger Habaneros-Chili, versteckt sich ein Alkoholgehalt von 8,0 % vol. Gebraut wurde mit Tradition und East Kent Golding Hopfen.“
Senatsböcke 4 bis 6
Die Reihenfolge ist zufällig – so, wie meine holde Ehefrau die Flaschen aus dem Karton gezogen hat. Und die Beschreibungen sind Zitate von der Website des Craftbeer-Shop in Parchim. Meine eigenen Verkostungsnotizen nebst schönen Fotos der eingeschenkten Biere folgen im Sommer, wenn ich wieder daheim bin. Bis dahin haben es die Flaschen kühl und dunkel.
Bleibt also bis zum Sommer dran!
Hier ist der Link in die Zukunft: Verkostungsnotizen
Senatsbock
Lagerstraße 30
20 357 Hamburg
Hamburg
Deutschland
Hm, da es bis zum Sommer noch elend lang hin ist, verkürze ich mir (und Euch) die Wartezeit mit den Bildern und Verkostungsnotizen, die Frank Di Marco, Frank der Sommelier, zu jedem einzelnen dieser sechs Biere erstellt und mir dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat:
Senatsbock Landgang Brauerei
Senatsbock Kehrwieder Kreativbrauerei
Senatsbock Block-Bräu, Brauhaus Joh. Albrecht, Gröninger Privatbrauerei
Senatsbock Ratsherrn-Brauerei
Senatsbock Wildwuchs Brauwerk
Senatsbock ÜberQuell Brauerei
Formulierungen, die man auch nicht alle Tage liest: „in _einem_ unserer Bierkühlschränke“. Respekt! :D
Naja, Gerrit, der Plural fängt doch bei „zwei“ schon an … ;-)
Obwohl: Wenn ich aus Afghanistan zurück bin, dann wird ein dritter, ein Profikühlschrank, gekauft! :-)
Mit bestem Gruß,
VQ